Studio Diary - Iris Andraschek

Iris Andraschek, Atelier © by the artist

Iris Andraschek arbeitet sowohl in Wien in ihrem Atelier im Apostelhof, das sie gemeinsam mit ihrem Partner dem Künstler Hubert Lobnig nützt als auch im Waldviertel in der Nähe von Horn, wo die Künstlerin geboren und aufgewachsen ist. Ebendorthin hat sich Iris Andraschek derzeit zurückgezogen und uns ein paar Einblicke in ihr Atelier gegeben.


In einer Art Vakuum - Roh und rauh und kalt

"Ich lebe momentan im Waldviertel, sehr zurückgezogen. Das hatte ich schon vor der „Krise“ geplant, den Absprung aber nicht geschafft. Ich arbeite mit den Farben meiner Umgebung und Strukturen und Materialien, die ich um mich herum vorfinde und experimentiere damit und mache das sehr konzentriert. Gerade in dieser begrenzten Situation finde ich mich in einer Arbeitsweise wieder, in der ich viel zulasse, wie zum Beispiel auch Kälte und kaputte oder zerbröselnde Materien. Das hätte ich im letzten Jahr nicht in dieser Art zugelassen. Teile meiner Arbeit bestehen ja aus dem direkten Agieren und Kommunizieren mit Menschen, die ich in Zeichnungen und Fotografien übertrage, nun ist das gar nicht möglich. Es ist gerade ein Ausnahmezustand, eine Art Schwebezustand in einem gefühlten Vakuum, in dem ich nicht genau weiß in welche Richtung es weitergehen könnte. Einerseits suggeriert einem dieser eine Art Hoffnung auf Zeit und neue Freiräume um dann auf eine sehr unangenehme Weise an das Drama der Krise und seine Folgen zu erinnern."

Die Natur als sozialer Raum oder alternative Lebensentwürfe sind wiederkehrende Themen im Werk von Iris Andraschek.

Silvie Aigner

Iris Andraschek hat mich gebeten noch ein paar allgemeine Zeilen zu ihrer Arbeit zu schreiben, dem ich hier gerne nachkomme. Die Natur als sozialer Raum oder alternative Lebensentwürfe, Gesellschafts- und Ordnungssysteme sind wiederkehrende Themen im Werk von Iris Andraschek. Übergänge von Privatheit und Öffentlichkeit, Alltag und Inszenierung charakterisieren ihrer Fotoserien, in denen sie gekonnt vorgefundene Situationen mit konstruierten Bildkonzeptionen verbindet. Seit vielen Jahren arbeitet die Künstlerin (*1963 Horn) mit den Medien Fotografie und Zeichnung und realisierte zahlreiche ortsbezogene Projekte und Installationen im öffentlichen Raum. In Wien realisierte sie unter anderem "Der Muse reicht´s" im Arkadenhof der Universität Wien oder für KÖR die dreiteilige Arbeit "Tell these people who I am" auf Gehsteigen im 7. Bezirk. Dazu fräste sie Teppichmuster in die Gehsteige, die Informationen über drei Frauenpersönlichkeiten wiedergeben. Vally Wieselthier, Olly Scharz und Gisela von Camesina de San Vittore. Iris Andrascheks Teppiche heben die Frauen aus der Anonymität heraus, benennen sie und stellen deren Geschichten anhand ihrer ehemaligen Wirkungsstätten dar. Der Titel ist einen Zitat, entnommen aus einem Telegramm von von Vally Wieselthier an Franklin D. Roosevelt gewählt: "Tell these people who I am." Natur ist in ihren Werken eine immer wiederkehrende Konstante, ob in der Ausstellung in der Garage im KUNST HAUS WIEN oder in der steten Auseinandersetzung mit Landwirtschaft und unserem Umgang mit Natur. Der alte Bienenwagen aus Holz, den sie in den Hof des KUNST HAUS WIEN stellte wurde zum metaphorischen Zitat für unseren Umgang mit der Natur.

Iris Andraschek, Atelier © by the artist

Iris Andraschek, Atelier © by the artist

Hinweisen möchte ich vielleicht noch auf zwei Serien, die mich sehr berührt haben. Beide sind – charakteristisch für Iris Andraschek – recherchebasiert und basieren auf einer persönlichen Erfahrung mit den Menschen vor Ort.

Die eine ist die Fotoarbeit, die in ihrem von der Edition Fotohof herausgegeben Buch "Wait until the night is silent", eine zusammengefasste Serie von halb inszenierter Fotografie. Sie entstanden im Rahmen einer Artist Residency in Grey County/Durham, Ontario (Kanada) in den Jahren 2002 und 2010, in einer umgebauten Mühle am Ufer des Saugeen Rivers. Fasziniert fvom alternativen Lebenskonzept der dort lebenden Community, die vom Schulprojekt, Bioananbau bis hin zu einer Tauschgemeinsschaft reicht, tauchte sie in die lokale Szene ein. Vor allem das Zusammenspiel der dort lebenden Frauen, wird in den von Iris Andraschek fotografierten Raumsettings – vom Innenraum bis hin zur wilden Natur spürbar und nachvollziehbar. Andrascheks Serie ist jedoch keine Dokumentation, sondern kombiniert vorgefundener Gegebenheiten mit einer inszenierten visuellen Bildsprache.

Die zweite Arbeit, die ich hier nennen möchte, sind ihre Werke mit den Seifen aus Aleppo, die sie sowohl Installationen als auch in Videos umfasst. Ausgangspunkt war ihre Reise an die syrisch-türkische Grenze 2016. Hier bewahrten in einer Manufaktur Menschen, die aus Aleppo geflüchteten wahren, die über 1000-jährigen Tradition der Seifenherstellung. Die Seifen bestehen aus Olivenöl, Lorbeeröl und Soda und stellen ein kostbares Kulturgut dar, die Wiederaufnahme ihrer Herstellung in dieser prekärer Sicherheit, beeindruckt und gibt uns eine bedrückende Ahnung vom Verlust der Heimat und der Geschichte. In ihrem Film gibt  Iris Andraschek einen Einblick in den Arbeitsprozess. Die von ihr aus der Manufaktur bezogenen olivgrün-braungraue Seifen – versehen mit dem Herstellungsstempel – sind Basis eindrucksvoller Raumskulpturen.

Als Andraschek 2018 den Preis der Stadt Wien erhielt wurde ein Video gemacht.

ZUM VIDEO

Iris Andraschek, Atelier © by the artist

Iris Andraschek, Atelier © by the artist

Das könnte Sie auch interessieren