Studio Diary - David Meran
Trotz Shut Down – Kunst wird produziert, ob in den städtischen Ateliers oder auf dem Land, wohin einige der Künstlerinnen und Künstler sich zurückgezogen haben. Auch David Meran, 1991 in Kirchdorf an der Krems, Oberösterreich geboren, arbeitet derzeit im Grünen. Uns schickt er nicht nur Einblicke in sein Refugium und Auszüge aus seinem Werkkatalog, sondern auch ein paar persönliche Zeilen.
"Ja, auch ich habe meine Bücher nach Farbe geordnet, die Sockenlade ausgemistet, Kuchen gebacken und Fenster geputzt – obwohl ich mir zu Beginn der Quarantäne schwor, in keinen Selbstoptimierungswahn oder Biedermeiereske Zustände zu verfallen. Die anders gelebte Zeit in Isolation kam nach künstlerisch sehr intensiven Monaten nicht ungelegen: Ich eröffnete meine Einzelausstellung "STEHVERMÖGEN" bei Haas & Gschwandtner in Salzburg. Auf rund 200 Quadratmetern zeigte ich die Installation "Three empty Sandbags" mit etwa 1,3 Tonnen Sand und viele weitere skulpturale Arbeiten und Videos.
In der Ausstellung widmete ich mich der Fitnessindustrie und Optimierung auf körperlicher und mentaler Ebene: Wie wird mit defizitären Zuständen und Gefühlswelten einer Gesellschaft in neoliberaler Strukturen gespielt und umgegangen?
Ich untersuchte diverse Objekte wie Yogamatten, Proteinshakes und Boxsäcke auf Form und Funktion und setzte sie in neue künstlerische Zusammenhänge und Materialkontexte; eine Auslotung und Infragestellung von Design- und Kunstobjekten.
Meine Kritzendorfer Tagesstruktur ist geprägt von Kaffeetrinken aus Gmundner Keramik, Lektüre wissenschaftlichen Publikationen rund um das Thema bedingungsloses Grundeinkommen und die Beschäftigung mit der Botanik – insbesondere das Großziehen von Buschbohnen und Karfiol. Der geduldige Umgang mit Pflanzen und die nötige Sorgsamkeit erinnert mich an meine Skulpturen, die teilweise ähnliche Pflege und achtsames Handling benötigen. Trotz meiner konzeptionellen Zugangsweise zur Kunst spielt Zufall und Intuition im Umgang mit Material eine wesentliche Rolle. Auch im Garten werde ich als ungeduldiger Mensch derzeit gefordert.
Wenn ich mich nicht gerade meiner Kunst oder dem Garten widme, gestalte und schreibe ich für das C/O Vienna Magazine: Im Home-Office durfte ich bereits Autorin Sybille Berg und eine feministische Nonne aus Niederösterreich interviewen.
Eine neues Projekt steckt bereits in den Kinderschuhen: Am 25. Juni eröffne ich gemeinsam mit dem Südtiroler Künstler Hannes Egger im Kunstraum Periscope in Salzburg eine Ausstellung. Ein gemeinsamer Versuch, unser beide künstlerische Praxen in ein Konzept zu packen. Mich interessiert der Aspekt des Berühren und Berührt-Werden, im körperlichen sowie emotionalen Kontext. Es wird sicherlich keine Ausstellung über Corona, aber die Erfahrungen der letzten Wochen sollen die Ausstellung orchestrieren. Wie werden wir uns zukünftig in Kunsträumen, Museen und Galerien bewegen? Bieten die vielzitierten und transformablen Maßnahmen und Regeln einen künstlerischen Aspekt, dem es sich nachzugehen lohnt? Die Vernissage jedoch wird online stattfinden."