SPARK Art Fair Vienna

Auf den ersten Blick scheint die Malerei als Medium die Messe zu dominieren – und  das über die Generationen hinweg. Fotografie und Skulpturales ist erstaunlich wenig vertreten. Der digitalen Kunst ist mit Interfaces eine eigene Sektion gewidmet, die am Puls der Zeit ist. Dennoch macht die Messe eines deutlich, die Medien sind miteinander verbunden, das Crossover dominiert und selbst computergenerierte Kunst wird zum haptischen Objekt. Dass die Standarchitektur und das Konzept der Solostände gelungen ist wurde schon gestern in einer ersten Replik zur Messe beschrieben. Nun nehmen wir Sie mit auf einen Rundgang durch die einzelnen Galeriepräsentationen. 


Gleich zu Beginn eine Entdeckung: Sabrina Amrani Gallery aus Madrid präsentiert neue Arbeiten der südafrikanischen Künstlerin Alexandra Karakashian. Geboren 1988 in Johannesburg, lebt und arbeitet sie heute in Kapstadt. Materialität, Prozesshaftigkeit sowie gesellschaftliche und ökologische Themen sind die Parameter ihrer künstlerischen Praxis. Malmittel ihrer abstrakten Arbeiten ist Motoröl, dass mittels körperlichen Einsatz wieder verwischt wird oder in Anlehnung an minimalistische Bildkonzepte in die Leinwand diffundiert. Unmissverständlich adressiert sie damit ökologisches Thematen und die Fragilität unserer Welt. 

Malerei – als Bild und Raumkonzept

Wie eingangs erwähnt zeigen viele Galerien Malerei – allerdings zumeist Malerei als erweitertes Feld, raumorientiert und konzeptuell. Darunter Christine König Galerie mit wunderbaren Arbeiten von Thomas Reinhold, der seit er von der Galerie vertreten wird, endlich seine verdiente Präsenz im Kunstgeschehen erhalten hat, Galerie Krinzinger zeigt Jonathan Meese, Ernst Hilger Oliver Dorfer und Heimo Zobernig, aktuell mit einer großen Soloausstellung im mumok präsent, ist bei Galerie Meyer Kainer zu sehen. Galerie Elisabeth und Klaus Thoman stellen den aus Köln stammende Johannes Wohnseifer aus, dessen mediale Bandbreite Videoarbeiten, Fotografien, Skulpturen, Installationen bis zu Acrylarbeiten. Die Werke am Galeriestand einmal mehr, wie sehr es Wohnseifer gelingt, zeitgeschichtlichen Realitäten, im speziellen unsere heutige Konsumwelt kritisch und mit Ironie zu übersetzen. Mit Eva Beresin, bei Galerie Charim und Akos Birkas, bei Galerie Knoll, sind zwei etablierte ungarische Künstler vertreten. Für die Präsentation einer noch, oder wieder zu entdeckende Malerin entschied sich Vincenzo Della Corte (VIN VIN Gallery) mit der 1933 in Wien geborenen Ida Szigehty.

Thomas Reinhold, Christine König Galerie, Foto: PARNASS

Die Galerie3 zeigt Arbeiten von Veronika Dirnhofer, die ihre körperlich, sinnliche Malerei mit Keramikarbeiten in Dialog setzt. Die Arbeiten von Christina Zurfluh bei Mario Mauroner Contemporary sind für die Messe entstanden: collagenartige Schichten, die von der Künstlerin nahezu skulpturaler bearbeitet werden. Die Schnittstelle zwischen Objekt und Malerei bedient insbesondere auch Clemens Krauss bei Galerie Crone, dessen pastose Technik die Figuren regelrecht in den Raum treten lassen. Körperlich, intensiv, komplex und inhaltsschwer. Die neuen Objekte, die Krauss auf der Messe präsentiert sind komplett aus Ölfarbe geformt und haben nahezu auratischen Charakter. Radikal ist die Präsentation bei Galerie Gabriele Senn. Hans Weigand platziert sein farbiges Holzschnitt-Triptychon, einem Flügelaltar gleich in die Mitte des Standes – ein gelungenes Statement mit einer guten Arbeit. Auch Galerie Krobath übt sich in einer musealen Standbespielung, gehängt vom Künstler persönlich. Gerwald Rockenschaub zeigt eine Bandbreite von frühen bis aktuellen Werken und erreicht durch das Zusammenspiel eine große Präsenz. Erstmals im Verband zeitgenössischer Gegenwartsgalerien ist auch Wienerroither & Kohlbacher auf der SPARK Art Fair vertreten – und das mit Kurt Kocherscheidt, sicher eine der interessantes Positionen der österreichischen Malerei der 1970er- und 1980er-Jahre. Und einmal mehr ein Künstler, der die Malerei von der Leinwand in letzter Konsequenz in den Raum entwickelte.

Hans Weigand, Gabriele Senn Galerie, Foto: PARNASS

Julia Brennacher (Galerie Sophia Vonier), Edin Zenun (Galerie Zeller van Almsick) Kaja Clara Joo (Smolka Contemporary) und Thea Moeller (Wonnert Dejaco) sind sehenswerte Up & Coming Künstler*innen. Vor allem Zenun, Moeller und Brennacher ist es gelungen ihre Stände als gesamtes räumliches Konzept zu bespielen. Kaja Clara Joo beeindruckt mit einem, neuen auf einem Leuchtkasten präsentierten Objekt, präsentierte jedoch zunächst an anderen Medien, ihres bereits sehr umfangreichen und interessanten Werkes. Joo zog die Konsequenz und baute heute Vormittag den Messetand um. Nun besticht die Präsentation durch prägnante Klarheit und entspricht der künstlerischen Praxis Kaja Clara Joo! Yes! Ebenfalls gelungen ist die Präsentation der Arbeiten des 1973 in Budapest geborenen Zsolt Tibor bei Lukas Feichtner. Ein Künstler, den die Galerie bereits seit längerem vertritt und auch mehrmals auf der viennacontemporary in einem „herkömmlichen“ Messstand gemeinsam mit anderen Künstlern zeigte. Doch hier erweist sich die Solopräsentation als gelungenes Tool, dass erstmals den Künstler stärker auf einer Messe in den Fokus rückt.  

Kaja Clara Joo, Smolka Contemporary, Foto: PARNASS

Weitere Highlights

Zu erwähnen ist auf jeden Fall Irina Lotarevich bei Galerie Sophia Tappeiner, Lawrence Weiner bei Hubert Winter – mehr Statement geht nicht mehr – die Collagearbeiten von Peter Kogler, bei Artelier Contemporary und Jakob Lena Knebl bei Georg Kargl Fine Arts. Wie immer schafft es die Künstlerin einen vorgegebenen Raum komplett neu zu definieren. Ein Stand der mutig ist: Installation und Konzept anstelle eines traditionellen Messestandes. Eine weitere Empfehlung ist auch Nadira Husain bei PSM Berlin und der Mailander heute in New York lebende Alessandro Teoldi (*1987) bei der Bukarester Galerie SUPRAINFINIT. Die Bilder der französische indischen Künstlerin Nadira Husain, (*1980) aus gemalten und textilen Elementen vereinen eine Vielzahl von Symbolen und Formen aus verschiedenen Kulturkreisen und Einbeziehung comic-hafter Motive, wobei stets die Assoziationen zwischen diesen Elementen im Vordergrund stehen. Am Messestand gelingt es, auch den stets vorhandenen installativen Aspekt ihrer Arbeiten mittels Objekten und Bildern zu präsentieren. Die ausgestellte Werkserie von Alessandro Teoldi entstand aus Flugzeugdecken, die der Künstler bei seinen eigenen Reisen sammelte, durch Freunde bekam oder bei via Onlineshops erstand. Die Decken symbolisieren nicht nur verschiedene Zeiten und Orte, sondern werden zerschnitten und zu Figuren zusammengenäht. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Händen. Die Figuren repräsentieren ebenso Intimität wie Isolation und thematisieren die Sehnsucht nach Kommunikation. In seiner eigenen isolierten Situation auf engem Wohnraum in NY entstanden überdies auch kleiner, sehr berührende Betonreliefs – zu sehen bei Suprainfinit.

Sektionen: Von Postwar bis NFT

Galerie SUPRAINFINIT ist Teil der Sektion „Perspectives“ kuratiert von Tevz Logar. Hier noch zu erwähnen, Galerie LETO aus Warschau mit Radek Szlaga. Sabine Breitwieser kuratierte die Sektion „Utopia: Post-War“, die sich der Nachkriegskunst widmet. Darunter – immer wieder ein Highlight Agnes Denes bei acb Gallery Budapest, Ingrid Wiener bei Charim Galerie, Zoran Music mit sensiblen Arbeiten bei W&K Wienerroither & Kohlbacher, oder Nan Goldin bei Ostlicht. Marina Abramovic bei Galerie Krinzinger. Stimmig –  Johann König aus Berlin gibt erstmals auch der Wiener Messelandschaft die Ehre und zeigt am gegenüberliegenden Stand Arbeiten von Ulay. Unbedingt empfehlenswert ist die Präsentation von Walter Pichler mit noch unikaten Fotoabzügen „Entwurf für eine Kirche“ von 1965 sowie gleichnamigen Papierarbeiten aus dem selben Jahr, die in Korrespondenz zu Skulptur „Frau aus Metall“ von 1990 gesetzt sind. Zu sehen bei Galerie Elisabeth und Klaus Thoman. Ebenso ein Must See ist Stano Filkos symbolisches System „White Space“ in einer multimedialen Präsentation bei Emanuel Layr. Darüber wird in dieser Sektion ein tägliches wechselndes Programm an Experimentalfilmen und Tanz-Choreographien gezeigt.

Mit „Interface – Contemporary New Media and Digital Art“, kuratiert von Marlies Wirth ist die Messe am Puls der Zeit, und zeigt auch, dass NFT und Digitale Kunst nicht erst aktuell ein Thema sind. Und es gehe ihr auch nicht darum, NFTs noch mehr zu hypen, so Marlies Wirth bei der Pressekonferenz, sondern einen kritischen Blick darauf zu werfen. Im Fokus der Sektion stehe vor allem der Produktionsprozess: „Digitale und analoge Kultur können nicht mehr voneinander separiert werden. Digital entstanden Werke sind durchaus nicht nur im virtuellen Raum vorhanden, sondern als haptische und physische Objekte“ so Wirth. So stellt die Sektion sodann auch neue Perspektiven auf digitale und Medienkunst vor, darunter zu erwähnen: Tilman Hornig bei Zeller von Almsick (mehr über den Künstler in unserem nächsten Up&Coming Magazin), Oliver Laric, Jeremy Shaw bei Johann König. Untitled Project zeigt das interessante konzeptuelle „Krypto-Projekt“ des schwedischen Künstlers Jonas Lund „Jonas Lund Token“ (Untitled Projects). Dabei können Käufer eines physischen Kunstwerks Mitbestimmungsrechte an der Produktions- und Ausstellungspraxis des Künstlers erwerben. Noch hält der Künstler die Mehrheit – Ausgang ungewiss. Für nähere Auskünfte steht ein rotes Telefon (sic!) am Messestand, mit dem der Anrufer direkt mit dem Künstler verbunden wird. Bei Kunst&Denker aus Düsseldorf zeigt das Berliner Künstler-Duo Banz & Bowinkel die Verbindung der traditioneller Webtechnik mit Augmented Reality.

Jonas Lund, Untitled Projects, Foto: PARNASS

Besonders interessant ist auch die Position von Niko Abramidis & NE die der Münchner Galerist Max Goelitz in Wien zeigt. Der umtriebige, international vernetzte junge Galerist zeigt mit erstaunlicher Prägnanz ein zeitgenössisches Programm und zeichnet damit ein neues Bild der Münchner Galerielandschaft, das er gerade mit einem neuen Projekt an der Schnittstelle zwischen Art und Tech erweitert. Niko Abramidis &NE zeigte er im Vorjahr erstmals in einer Soloausstellung und kürzlich in einer vom Künstler gestaltete Ausstellung in der temporären Dependance der Galerie in der Münchner Brienner Straße. Auf der Messe in Wien sind unter anderem Abramidis` Vision Equity Shares ausgestellt, eine Edition von Zeichnungen, die gleichzeitig als NFTs im digitalen Raum fungieren. In ihnen führt Abramidis &NE Investmentstrategie und künstlerische Produktion zusammen und stellt nicht nur den Künstler auf dieselbe Ebene wie die Sammler*innen, sondern entwickelt auch ein eigenes Wertschöpfungssystem, in dem aus Sammler*innen Sharholder*innen werden. Auch hier demnächst mehr über das Gespräch mit Max Goelitz und Niko Abramidis &NE in unserer nächsten Printausgabe. 

Niko Abramidis & NE, max goelitz, Foto: PARNASS

Insgesamt ist die Messe gelungen und einen Besuch wert und bietet formal wie preislich eine große Bandbreite für das etablierte Sammlerpublikum ebenso wie für Einsteiger.

Spark Art FAir

MARX HALLE
Karl-Farkas-Gasse 19
1030 Wien
Österreich

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