300 Jahre Johann Bernhard Fischer

SKULPTUREN FÜR DIE NISCHEN IM MQ – SONIA LEIMER & TILLMAN KAISER

Ein Jubiläumsjahr – das MuseumsQuartier feiert seinen Barockbaumeister Johann Bernhard Fischer von Erlach anlässlich seines 300-jährigen Jubiläums. Dieser erhielt damals den Auftrag die kaiserlichen Hofstallungen zu erbauen, das heutige MuseumsQuartier. Drei Jahrhunderte später gestalten mit zeitgenössischen Interventionen die Künstler:innen Sonia Leimer und Tillman Kaiser die Fassade des barocken Bauwerks neu. Ihre skulpturalen Umsetzungen in den Nischen, die sich mit historischen und aktuellen Bezügen der Fassade auseinandersetzen, werden für ein Jahr zu sehen sein.


 

Unscheinbare Leerstellen

 

Bereits bei der Umgestaltung der ehemaligen Hofstallungen zu einer Museumsplattform 1986 stellte sich die Frage, welcher Umgang mit der Fassade des damals neuen MuseumsQuartiers geeignet wäre, um sich einem breiten Publikum zu öffnen. Dieses Jahr wird nun die Fassade direkt nach ihrer Funktion als Display für zeitgenössische Kunst hinterfragt. Mit ihrer beträchtlichen Länge, strukturiert von vierzig halbrunden und leerstehenden Nischen, schafft die Fassade dafür eine gute Gelegenheit. Denn gelangen die Nischen einmal in das Zentrum der Aufmerksamkeit, so lässt die Frage über ihre ungewöhnlichen Leerstellen nicht lange auf sich warten. Ein Umstand, der vermutlich auf das Ableben des Baumeisters noch während der andauernden Bauarbeiten der Hofstallungen zurückzuführen ist. Es kann aber angenommen werden, dass auch er die Nischen für skulpturale Werke angedacht hatte.

Die ungeplanten Leerstellen werden so zum Anlass genommen, um die barocke Fassade mit zeitgenössischer Kunst im öffentlichen Raum in Kontext zu setzen. Gemeinsam mit den beiden Kurator:innen Verena Kaspar-Eisert und Simon Mraz lud die Direktorin des MuseumsQuartiers Bettina Leidl Künstler:innen ein, Konzepte zu jeweils drei der leerstehenden Nischen vorzuschlagen. Ausgewählt wurden die Entwürfe von Sonia Leimer und Tillmann Kaiser, die mit ihren architektonischen Bezügen die Fachjury überzeugen konnten.
 

Invite the Light (Fischer), 2023 © Tillman Kaiser | MuseumsQuartier Wien, Foto: Klaus Pichler

Über Platzhalter und Kollagen

Sonia Leimer widmet sich in ihren Werken der Verbindung von realen Orten und imaginären Kontexten. Der Raum ist dabei wichtiger Bestandteil ihres Schaffens. Seit 2010 kreiert sie die von ihr benannten Platzhalter-Objekte, die sich an unterschiedlichste Themen und räumliche Gegebenheiten anpassen. Die Leerstellen sichtbar zu machen ist ihr dabei ein Anliegen und wird bei ihren Arbeiten für die MQ-Fassade klar erkennbar. Indem sie nicht nur die Form der Nischen, sondern auch die linienhafte Strukturierung der barocken Fassade in ihren Skulpturen wiedergibt, nimmt sie einen direkten architektonischen Bezug auf das reale Bauwerk. Das Imaginäre hingegen bieten die spiegelnden Oberflächen der aus Aluminium angefertigten Arbeiten, die einen erweiterten und auf die Umgebung bezogenen Raum schaffen.

Auch Tillman Kaisers Arbeiten aus weißem Edelstahl nehmen Bezug auf die Architektur, setzen den Schwerpunkt jedoch auf die Wechselwirkung zwischen Technik und Formen. Er begreift die Fassade als Kollage, in die er seine Skulpturen einfügen kann. Dabei ist es egal ob zwei- oder dreidimensional, wichtig ist, so Kaiser, dass die Dinge aus ihrem Ursprung geholt werden. Dafür hat er seine Skulpturen aus den Nischen heraus entwickelt. Über diesen organischen Entstehungsprozess seiner dreiteiligen Arbeit schafft er einen Vergleich mit dem Wachstum einer Pflanze, die ihren genetischen Bauplan zwar folgt, sich aber dennoch an die Umgebung anpassen kann. Somit prägt eine an das Bauwerk angepasste Symmetrie und sich wiederholende Formen Tilmanns Nischengestaltung.
 

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