Kunstgeschichte Kompakt

Schloss Belvedere

Wortwörtlich „schöne Aussicht“ bietet das Wiener Belvedere, eine der bedeutendsten Barockbauten Europas, nicht nur mit seinem Prunkgarten, sondern auch mit der Kunstsammlung.


Das Belvedere ist ein einzigartiges Gesamtensemble – zwei Schlössern, das Obere und das Untere Belvedere, verbunden mit einem Barockgarten, benannt aufgrund der Lage auf einem ansteigenden Hang, südlich der damaligen Stadt, der eine herrliche Aussicht versprach.

1714 bis 1723: Für Prinz Eugen von Savoyen erbaut

Anfang des 18. Jahrhunderts beauftragte der österreichische Feldherr Prinz Eugen von Savoyen den angesehenen Barockarchitekten Johann Lucas von Hildebrandt einen Sommersitz in Wien zu bauen. Der Umbau von Prinz Eugens Winterpalais in der Himmelpfortgasse war noch gar nicht fertiggestellt worden, schon rief er das nächste Projekt aus. Nachdem Eugen von Savoyen 1697 den größten Teil, rund 88.400 Quadratmeter des Lustgartens des kaiserlichen Leibarztes Franz Stockhammer gekauft hatte, begann Johann Lukas von Hildebrandt ab 1712 das sogenannte „Untere Belvedere“ zu errichten. Ein Wohnappartement auf Basis eines alten Lustgartengebäudes. Im Laufe der nächsten Jahre erwarb Prinz Eugen weitere Grundstücke, sodass ihm bis 1721 rund 155.000 Quadratmeter zur Verfügung standen (bis zum heutigen Tag kam noch rund ein Hektar hinzu).

Eines der ersten öffentlichen Museen

Nach dem Apartment für den Prinzen im Unteren Belvedere entwarf Hildebrandt einen Plan für das Obere Belvedere, das als Repräsentations- und Festschloss. Für die Innenausstattung war Claude le Fort du Plessy verantwortlich, der Park wurde bereits ab 1700 nach Plänen des bayerischen Garteningenieurs Dominique Girard gestaltet. Wesentlich war die Wasserversorgung des Gartens – Teiche und Brunnen wurden großzügig angelegt – bis heute besteht eine gewisse Unklarheit, wie der Prinz seine umfassende und Bautätigkeit finanzierte.

Schon zu Prinzens Zeiten waren die beiden Schlösser seiner Sommerresidenz im Belvedere Aufbewahrungsorte zahlreicher Kunstwerke. Nach Prinz Eugens Tod – er verstarb 1736 – erwarb Maria Theresia die gesamte Anlage und machte das Obere Belvedere gemeinsam mit Sohn Joseph II. zum Ausstellungsort der kaiserlichen Sammlungen, nachdem die kaiserliche Galerie in der Stallburg Raumnot litt.

Innenaufnahme Oberes Belvedere: Museumsraum mit Gustav Klimts "Kuss", Foto: Lukas Schaller / Belvedere, Wien

Die Kunst-Geschichte

Das Obere Belvedere wurde zu einem der ersten öffentlichen Museen weltweit. Maria Theresia übertrug den ursprünglichen Privatkauf 1754 dem Staatsvermögen, behielt aber ihrer Familie die Entscheidung über die Nutzung vor. Auch das Untere Belvedere wurde bald für die Unterbringung der Ambraser Sammlung und Objekte der kaiserlichen Kollektion antiker und ägyptischer Kunst verwendet.

1891 wurden sämtliche in den Belvedere-Schlössern befindlichen Kunstschätze in das neu errichtete Kunsthistorische Museum verbracht, während ab 1903 im Unteren Belvedere die staatliche „Moderne Galerie“ eingerichtet wurde. 1918 ging das Belvedere in das Eigentum der an diesem Tag ausgerufenen Republik über. Die „Österreichische Galerie“ (Name ab 1921) beherbergte seit 1923 im Unteren Belvedere ein Barockmuseum, ab 1924 im Oberen Belvedere die Galerie des 19. Jahrhunderts und ab 1929 eine Moderne Galerie in der Orangerie. Es wurden zahlreiche bedeutende Werke erworben, unter anderem Gemälde von Gustav Klimt und Egon Schiele.

Innenaufnahme Oberes Belvedere: Marmorsaal, Foto: Lukas Schaller / Belvedere, Wien

Nach schweren Zeiten im und nach dem Zweiten Weltkrieg, konnte das Obere Belvedere 1955 nach jahrelangen Wiederaufbau- und Renovierungsarbeiten der Öffentlichkeit wieder als Museum zugänglich gemacht werden – der Österreichische Staatsvertrag wird im selben Jahr hier im Marmorsaal von Vertretern der alliierten Besatzungsmächte USA, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien sowie der österreichischen Bundesregierung unterzeichnet.

Quartier Belvedere

Ab 2010 entsteht südwestlich des Belvederes ein neues Stadtviertel. Durch den hohen Bekanntheitsgrad des Schlosses trägt es den Namen „Quartier Belvedere“. Hier wurde ab 2012 der neue Wiener Hauptbahnhof angeschlossen und der moderne Pavillon des Belvedere 21 von Architekt Karl Schwanzer ergänzt seit 2011 als Schauplatz der Gegenwartskunst die historischen Galerien des Hauptschlosses.

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