Sabine Haag im Interview

Sabine Haag © KHM-Museumsverband

125 Jahre Kunsthistorisches Museum Wien

Das Kunsthistorische Museum ist mit seinen sieben Standorten das größte Museum Österreichs. Der Umfang und auch die Qualität seiner herausragenden Sammlungen sind international nur mit wenigen anderen Institutionen vergleichbar. Im Bereich der kunsthistorischen Fächer ist das Museum die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung Österreichs, die Wissenschaftler und Restauratoren des Hauses sind weltweit als Experten gefragt. Eröffnet wurde das Museum am 17. Oktober 1891 durch Kaiser Franz Joseph und machte Schätze des Hauses Habsburg damit der Bevölkerung zugänglich. PARNASS traf anlässlich des Jubiläumsjahres die Generaldirektorin des KHM Museumsverbandes zum Gespräch...


PARNASS: Sie stellen neben dem zentralen Thema „Feste feiern“ das Jubiläumsjahr auch unter das Motto „Museum für Alle“.

SABINE HAAG: Es geht es uns darum die Bedeutung der Institution und der Sammlungen, die weit älter sind als das Museum in den Mittelpunkt zu stellen. Wir präsentieren in diesem Jahr einen Rückblick auf die Geschichte des Hauses und der Sammlungen, aber wollen uns vor allem verstärkt mit der Gegenwart und der Zukunft des Hauses auseinandersetzen. Das Kunsthistorische Museum war eine der wichtigsten Museumsgründungen des 19. Jahrhunderts und ist in der Gegenwart eines der führendsten Häuser in der nationalen wie internationalen Museumslandschaft. Gerade historische Museen sind keine Selbstläufer mehr. Deswegen ist es umso wichtiger, im Jubiläumsjahr nicht nur die Geschichte zu feiern, sondern uns auch in die Zukunft zu orientieren. Es ist für uns ein Auftrag zu schauen, wie sich das Museum in diesen 125 Jahren entwickelt hat und wo seine zukünftige Bedeutung, Aufgabe und Verantwortung liegt. Museen müssen Sehnsuchtsorte sein. „Museum für Alle“ bedeutet aber auch, dass wir mit unserem Besuchern und Besucherinnen feiern wollen und wir bieten dazu eine Reihe von neuen Vermittlungsangeboten, Gesprächsreihen, Ausstellungen und Veranstaltungen im Haus und außerhalb des Museums an. Als besonderes Geschenk in diesem Jahr erhalten unsere Gäste freien Eintritt, wenn Sie an ihrem eigenen Geburtstag in das Kunsthistorische Museum am Maria-Theresien-Platz kommen.

P: 2012 hat das KHM unter der Leitung von Jasper Sharp eine Schwerpunktreihe zu moderner und zeitgenössischer Kunst etabliert, die sehr erfolgreich geworden ist. Das Programm besteht aus Ausstellungen als auch einer stets gut besuchten Gesprächsreihe. Worin liegt das Potenzial dieser Begegnung von „Alten Meistern“ und der Gegenwartskunst an einem so besonderen Ort wie dem Kunsthistorischen Museum?

SH: Wir gehen bei allen unseren Projekten und Ausstellungen von den Sammlungen aus. Diese sind historische Sammlungen und von unserem Profil her sammeln wir keine zeitgenössische oder moderne Kunst. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht mit Fragen der zeitgenössischen Kunst auseinandersetzen dürfen. Wir sehen es als Auftrag und wichtiges Anliegen zu zeigen, dass historische Sammlungen nicht etwas hermetisch abgeriegeltes sind, in eine Schublade gehören, sondern im Gegenteil ein Teil unserer Identität sind – unserer kulturellen DNA. In unserer Schwerpunktreihe zu moderner und zeitgenössischer Kunst werden basierend auf den Sammlungen Diskussionen eröffnet, ein Blick auf die Kunstwerke aus heutiger Sicht ermöglicht und so das Verständnis für die bemerkenswerte Geschichte und die Sammlungen des Hauses vertieft. Es zeigt das Potenzial der Sammlungen auch hinsichtlich aktueller Fragestellungen der Gegenwart. Zu sagen unsere Sammlungen hätten mit der Gegenwart nichts zu tun, wäre meiner Meinung nach eine falsche Einschätzung, eine Verkennung dessen, was Kunstgeschichte bedeutet. Das zeigt sich auch daran, dass neben den Künstlern, die wir einladen, auch viele andere internationale und auch österreichische Künstler kommen und unsere Bestände besichtigen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Gerade diese Selbstverständlichkeit ist uns wichtig und daher werden diese oft sehr persönlichen Begegnungen und Gespräche auch nicht medial nach außen getragen.

Francisco de Goya

Francisco de Goya, Das Blindekuhspiel, 1788, Öl auf Leinwand, 269 x 350 cm © Photographic Archive Museo National des Prado, Madrid

 

Es genügt nicht nur die Labels und Saaltafeln mehrsprachig zu machen, sondern wir müssen weit über das gängige Bildungsangebot hinausgehen und unter andern auch offensiv die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten einbeziehen.

Sabine Haag

P: Die Frage nach der Bedeutung des Museums in der Gegenwart und in der Zukunft steht auch im Mittelpunkt der Gesprächsreihe im Jubiläumsjahr.
SH: Dazu haben wir Direktoren der weltweit wichtigsten Museen eingeladen, wie Wim Pijbes, Generaldirektor des Rijksmuseums, Amsterdam, der im Jänner den Anfang machte, oder Max Hollein, Direktor des Städel Museums, der Schirn Kunsthalle Frankfurt und des Liebieghauses, Thomas P. Campbell vom Metropolitan Museum New York, Gabriele Finaldi, Direktor der National Gallery in London und Hans-Werner Schmidt vom Museum der bildenden Künste in Leipzig. Gemeinsam stellen wir uns der Frage, wie sich Museen in Zukunft präsentieren und welche Rolle sie in der Gesellschaft einnehmen werden.
Es geht darum darzustellen, dass die Sammlungen heute noch relevant sind. Das kulturelle Gedächtnis der Sammlung unseres Hauses umfasst weit über 7000 Jahre Kunst und Kultur mit einer enormen Vielfalt und Dichte. Doch müssen wir uns aus der Sicht heutiger Themenstellungen mit den Kunstwerken unter Einbeziehung einer gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation beschäftigen. Es genügt nicht nur die Labels und Saaltafeln mehrsprachig zu machen, sondern wir müssen weit über das gängige Bildungsangebot hinausgehen und unter andern auch offensiv die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten einbeziehen...

 

Lesen Sie das gesamte Interview in PARNASS 01/2016

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