Gemälderestaurierungen des Kunsthistorischen Museums

Patchwork - Landschaften

SintIn der Gemäldegalerie beschäftigen sich zurzeit Kuratoren und Restauratoren intensiv mit den Gemälden des flämischen Barockmalers Peter Paul Rubens. Im Rahmen der „Getty Panel Paintings Initiative“ wird die „Gewitterlandschaft mit Jupiter, Merkur, Philemon und Baucis“ mit Hilfe internationaler Tafelbildexperten untersucht und restauriert.


Die Tafelmalerei ist einer der großen Schätze in vielen Museumssammlungen. Ihre Restaurierung ist jedoch oft eine große Herausforderung, denn nur wenige Experten verfügen über die notwendigen umfangreichen Kenntnisse und Erfahrungen, um an den besonders heiklen und schwierigen Fällen im Bereich der Tafelbild-Restaurierung zu arbeiten. Das Kunsthistorische Museum ist eine der wichtigsten Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet, nicht zuletzt auch durch das hauseigene Naturwissenschaftliche Labor, das zur Untersuchung physikalischer und chemischer Fragestellungen zur Verfügung steht. Jede Restaurierung stellt einen Einzelfall dar. Die möglichen Vorgangsweisen werden im Team entschieden – zwischen Restauratoren, Kunsthistorikern und Naturwissenschaftern.

Eine besondere Herausforderung für die Restauratoren stellte die „Gewitterlandschaft“ (ab 1620/1625) von Peter Paul Rubens dar. Wie die meisten Tafelbilder, die der Künstler für seine privaten Zwecke malte, zeigt auch diese großformatige Tafel die für Rubens charakteristische Konstruktionsweise, bei der mehrere Bretter mit verschiedenen Laufrichtungen zusammengefügt wurden. Diese bilden inhärente Schadensfaktoren, vor allem da die bisherige „Parkettierung“ die Holztafeln in ein starres Korsett drängte und so einengte, dass gravierende Schäden entstanden. Die sehr komplexe Restaurierung wurde in Zusammenarbeit mit den führenden Tafelbildexperten George Bisacca, Metropolitan Museum New York, und José de la Fuente, Museo del Prado Madrid, durchgeführt. Nina Schedlmayer besuchte im Vorfeld der Rubens-Ausstellung die Restaurierwerkstatt und sprach mit Elke Oberthaler, Leiterin der Gemälderestaurierung im Kunsthistorischen Museum.

Was für ein Prachtbild! Über einer Landschaft ziehen dramatische Gewitterwolken auf, ein reißender Bach stürzt über Kaskaden hinab, gesäumt von Felsen und abgestorbenen Bäumen. In der Ferne baut sich eine nicht genau einzuordnende Architektur auf. Am Rande des Geschehens wanken monumentale Bäume im Sturm. Darunter tummeln sich vier Figuren: Philemon und Baucis, dieses uralte, verarmte Ehepaar aus Ovids Metamorphosen, dem von Jupiter und Merkur zur Flucht verholfen wird aus dieser Sintflut – einer Strafe der Götter für die verdorbene Menschheit. Hochdramatisch, wie so oft im Werk des flämischen Meisters, zeigt sich die „Gewitterlandschaft mit Philemon und Baucis“. Im Katalog zur Ausstellung „Rubens. Kraft der Verwandlung“ spricht Alejandro Vergara, Kurator für flämische Malerei im Prado, von einer „Tendenz zur Idealisierung und Monumentalität, einer Vorliebe für das Epische und Heroische sowie für intensive Emotionen, die er in Gestalt von Archetypen darstellt“.1 Weiters schreibt er: „Das spektakuläre Bild ‚Gewitterlandschaft mit Philemon und Baucis‘ ist ein Beispiel dafür. Die dramatische Geschichte einer durch göttlichen Beschluss ausgelösten Flut führt die furchteinflößende Gewalt der Götter vor Augen, die sich in der Natur ausdrückt – ihre geballte Macht entlädt sich im Donner eines fernen Sturms.“

Peter Paul Rubens (1577 Siegen - 1640 Antwerpen) Gewitterlandschaft mit Jupiter, Merkur, Philemon und Baucis um 1620/1625 bis um 1636 © KHM-Museumsverband

Die letzte Zeit verbrachte das Bild allerdings nicht in der Gemäldegalerie des Hauses, sondern in der Restaurierwerkstatt. Dort, wo das geschieht, was man im regulären Museumsbetrieb zumeist nicht sieht. Denn im Gegensatz zu jenen Abteilungen des Museums, die in der Öffentlichkeit stehen und mit ihr kommunizieren – Leitung, Kuratorinnen, Kunstvermittlung – arbeitet die Restaurierung zumeist im Verborgenen, hinter den Kulissen. Was für immense Arbeit mit welcher Akribie und welchem Einsatz hier geleistet wird, kann man nur ermessen, wenn man einmal zu Besuch war im „Bauch des Museums“, in dem sich die Kunstwerke so zeigen, wie man sie sonst nie sieht: ohne Rahmen, entkleidet gewissermaßen. Elke Oberthaler leitet die Gemälderestaurierung und ist längst eine internationale Kapazität. Immer wieder wird sie zu Tagungen auch anderer Häuser eingeladen und zu ihrer Expertise befragt. Denn das Restaurierhandwerk ist längst ein global vernetztes Business. Auch die Restaurierung der „Gewitterlandschaft“ erfolgte in Kooperation mit internationalen Restauratoren und der Panel Paintings Initiative des renommierten Getty Institute in Los Angeles, das die Arbeit von Restauratoren finanziell unterstützt und sonstige Hilfestellungen wissenschaftlicher Natur gibt.

Restauratorin Ina Slama bei Freilegungsarbeiten © KHM-Museumsverband

Als PARNASS Oberthaler und ihre Kollegen und Kolleginnen in ihrer weitläufigen Werkstatt besucht, ruht die „Gewitterlandschaft“ auf einer Staffel. „Operationsbeleuchtung“, wie Oberthaler es nennt, wirft gleißendes Licht auf die Komposition, die dadurch noch eine Spur dramatischer erscheint, wie großes Kino. Dass die Oberfläche in ihrer spiegelnden Glätte an Eisflächen denken lässt, hat vor allem mit dem Bildträger zu tun: Es handelt sich um Holz. Und genau an diesem Punkt beginnen die Probleme, mit denen Oberthaler und ihre Mitarbeiter nun jahrelang kämpften. Denn Rubens verwendete nicht bloß eine Holztafel: Es war für ihn durchaus üblich, dass er seine Bildträger im Laufe des Schaffens erweiterte. Und so begann er mit einem Feld, in der finalen Version leicht versetzt der Bildmitte, und stückte sukzessive an: Zunächst ein paar Bretter unten, oben und an der Seite, zum Schluss weitere Bretter an der Seite. 1997 entdeckte man, dass ein solches Vorgehen im Werk von Rubens keineswegs die Ausnahme ist: Damals stellte die Londoner National Gallery zahlreiche Landschaftsgemälde aus und erforschte diese Patchwork-Methode in Rubens’ Arbeitstechnik. Dabei fiel auf, dass der Barockmeister vor allem bei jenen Gemälden so arbeitete, die eher privater Natur waren, nicht in Auftrag gegeben wurden: „Bei vielen Gemälden, die Rubens für sich selbst gemalt hat, gibt es ein Kernstück, das sukzessive vergrößert wird. Das ist ein sehr spezielles Thema in der Rubens-Forschung“, erzählt Oberthaler.

Den ganzen Artikel lesen Sie im PARNASS 03/2017.

George Bisacca untersucht die Rissbereiche in der Tafel © KHM-Museumsverband

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