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Now Is The Time – Kiki Kogelnik

Mit „Now Is The Time“ eröffnete das Kunstforum Wien eine umfassende Ausstellung zum Werk Kiki Kogelniks. Der Titel der Ausstellung könnte nicht besser gewählt sein. Er macht – ebenso wie die sorgfältige Auswahl der Kuratorin Lisa Ortner-Kreil – die Bedeutung der Künstlerin als Pionierin ihrer Zeit deutlich.


Kiki Kogelniks Œuvre ist äußerst vielfältig. Sie nur auf die Bezeichnung Pop-Art-Künstlerin zu reduzieren, wird daher ihrem Werk nicht gerecht. Mit großer Fantasie und steter Neugier nach neuen Materialien, Kunstmedien, Bildkompositionen und Themen hat sie sich einen bildnerischen Kosmos erarbeitet, der kunsthistorische Vorbilder ebenso aufsog wie den Zeitgeist und dabei Stilrichtungen vom Informel bis hin zur Bildsprache der École de Paris und der Pop-Art übernahm. Doch aus all den Anregungen entwickelte sie – oft außerhalb tradierter Normen – ihre eigene Bildsprache und setzte unmissverständlich ein Statement zu Themen ihrer Zeit. Schon ihr Künstlerkollege Tom Wesselmann meinte, dass ihr kein Label zugeschrieben werden sollte, „She was not Pop, she was strictly Kiki“, so Wesselmann.

She was not Pop, she was strictly Kiki.

Tom Wesselmann

Interessiert am internationalen Kunstgeschehen reiste sie Ende der 1950er-Jahre nach Paris, London, Dublin, Rom und Norwegen. Begegnungen mit Künstlern wie Cesar, Sonderborg und Sam Francis beeinflussten einen Stilwechsel: Die Bilder wurden großformatiger, der Pinselstrich wurde gestischer, die dunkle Farbpalette hellte sich auf. 1961 stellte Kiki Kogelnik in der Galerie St. Stephan aus – als zweite Frau nach Maria Lassnig (!) – und behauptete sich in diesem von männlichen Künstlern dominierten Künstlerkreis der Galerie.

1960 und 1961 kam Kiki Kogelnik erstmals nach New York. 1961 fand ebenda dort die Ausstellung „The Art of Assemblage“ statt – eine radikale Betrachtung von Materialien, die nun für die bildende Kunst zur Verfügung standen, die auch auf Kiki Kogelnik Eindruck machte. Sie wusste ihren Namen und auch sich selbst zur Marke zu stilisieren. Durchaus strategisch gedacht, setzte sie KIKI wie ein Logo ein, ob auf Stempeln, in Katalogen oder auf ihrer Kleidung, und posierte für Fotografen wie Michael Horowitz. Zu Kunst-Events erschien sie in extravaganten Outfits. Doch das Verdienst der Ausstellung ist es, dass Lisa Ortner-Kreil bewusst auf dieses Narrativ verzichtet und sich ganz auf das malerische und skulpturale Œuvre konzentriert. So wird sowohl die mediale Bandbreite ihres Werkes deutlich als auch die Tatsache, dass Kogelnik bereits viele Themen ansprach, die uns heute wieder oder noch immer begleiten: von Selbstporträt und Maske, über hybride Körper, Gender, die stereotype Darstellung der Frauen in der Werbe- und Konsumwelt bis hin zum großen Thema Tod und Leben.

Kiki Kogelnik, working on one of her Bomb sculptures in her studio in New York, 1965, glasierte Keramik, Photographer: John Pratt © Kiki Kogelnik Foundation. All rights reserved


Pop und neue Realitäten


Als Kiki Kogelnik nach New York übersiedelte, war der Abstrakte Expressionismus allgegenwärtig und die Pop-Art am Beginn. Mit dem Statement „Kunst kommt von künstlich“ vollzog sie eine Abkehr von ihren abstrakten Bildern hin zu einer signifikanten Transformation der Figur ins Artifizielle. Auf Englisch schreibt sie 1979: „I am not interested in reproducing nature, I once said, art comes from the artificial.“ Die Malerei wird flächig, neue Materialien wie Vinyl und Plastik rücken in den Fokus.

I am not interested in reproducing nature, I once said, art comes from the artificial.

Kiki Kogelnik

Kiki Kogelnik war Teil der Szene rund um Andy Warhol, Tom Wesselmann, Roy Liechtenstein, Claes Oldenburg, aber auch Künstlerinnen wie Marisol Escobar und Niki de Saint Phalle gehörten zu ihrem Bekanntenkreis. Anders als ihre Kollegen interessierte sich Kogelnik nicht für die Konsumwelt: „I´m not involved with Coca Cola … I´m involved in the technical beauty of rockets, people flying in space and people becoming robots. When you come from Europe it is so fascinating … like a dream of our time“, so Kogelnik 1966 im New Yorker Magazin „The Fashion“. Sie erschuf fremde, utopische Wesen, mit schablonenartigen Körpern, Astronauten, Space-Robots, beeinflusst vom „Space-Race“ der 1960er-Jahre.

Kogelnik ist Zeugin und Teilnehmerin der Pop-Art, Stilikone und Mittelpunkt der Szene. Ein kommerzieller Erfolg allerdings blieb ihr im Gegensatz zu den männlichen Kollegen allerdings verwehrt und sie musste sich auch so manche Vorurteile und uncharmante Beurteilung gefallen lassen. Ihre Ateliernachbarin Carolee Schneemann brachte es – ein wenig despektierlich – auf den Punkt, indem sie meinte, die Künstlerinnen seien mehr „cunt mascots“ gewesen. Durchaus ein Phänomen der Zeit, das auch andere Künstlerinnen betraf, sowohl in der US-amerikanischen Kunstszene als auch in Europa.

Kiki Kogelnik, Self-Portrait, 1964, Öl und Acryl auf Leinwand, Sammlung Mono Schwarz Kogelnik © Kiki Kogelnik Foundation. All rights reserved


Es reicht – Women Paintings


Ihren Unmut über ihre Rolle als Ehefrau, Mutter und Künstlerin in der damaligen Zeit artikuliert sie in einem kämpferischen Text, indem sie auch selbstermächtigt ihre Rolle als Künstlerin beansprucht. So mögen auch ihre „Women Paintings“ nur auf den ersten Blick wie posierende Modells vor dem homogenen Air-Brush-Hintergrund erscheinen. Doch der oberflächliche Blick greift zu kurz. Die exaltierten Posen sind aus Magazinen entnommen, die Stoffe wirken aufgesetzt, collagenartig, die Gesichter sind aus geometrischen Motiven geformt, die Frauen wirken leblos und artifiziell.

Noch stärker kommt ihre Selbstermächtigung, so Ortner-Kreil, in der Serie „It Hurts“ zum Ausdruck, in der sie die Palette auf Grau, Weiß und Schwarz reduziert. Die Schere, lange Zeit Werkzeug ihrer Arbeit, wird nun zum symbolträchtigen Motiv als Werkzeug weiblicher konnotierter Tätigkeiten, aber auch Waffe für Verteidigung und Angriff. Kogelnik präsentiert Stereotype und Klischees, doch ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit einer großen Selbstverständlichkeit und auch Mut zu großen Formaten und knalligen Farben.

Kogelnik präsentiert Stereotype und Klischees, doch ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit einer großen Selbstverständlichkeit und auch Mut zu großen Formaten und knalligen Farben.

2013 zeigte die Kunsthalle Wien eine Retrospektive der Künstlerin, und stets war sie in Österreich auch in Galerien präsent. Doch scheint nun ihr Werk neu entdeckt zu werden, wie internationale Einzelausstellungen und die Teilnahme an Gruppenausstellungen in den letzten Jahren dokumentieren. Vor allem das Thema der Cyborgs scheint den aktuellen Zeitgeist zu treffen, wie 2020 die Ausstellung „Kiki Kogelnik. Les Cyborgs ne sont pas respectueuses“ im Museé des beaux-arts La Chaux-de-Fonds zeigte sowie ihre Präsenz in der Ausstellung „The Future Body“ im Münchner Museum Brandhorst. In der Hauptausstellung „The milk of dreams“ auf der 59. Biennale von Venedig war ihr Werk prominenter Teil der Sektion „Seduction of the Cyborgs“. Die Ausstellung des Wiener Kunstforums wird im Anschluss im Kunstmuseum Brandts und im Kunsthaus Zürich gezeigt.

Dieser Text wurde gekürzt. Den ganzen Beitrag zu Kiki Kogelnik lesen Sie in unserer PARNASS Frühjahrsausgabe.

KIKI KOGELNIK, It Hurts with a Scissor, 1974–1976, Öl und Acryl auf Leinwand, Musée national d’art moderne Centre Georges Pompidou © Kiki Kogelnik Foundation. All rights reserved⁠

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Österreich

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