Marianne Vlaschits, Foto: © Thomas Eisl

Die Parallel hält das Versprechen eines abwechslungsreichen Erlebnisses.


Die zehn abgelebten Stockwerke der ehemaligen Siegmund Freud Universität sind noch bis Sonntag Quartier der fünften Parallel. Ehe das Gebäude seine neue Widmung innerhalb der Wiener Immobilienblase findet, durfte, in praktischer Gentrifizierungsmanier, einmal noch die Kunst einziehen. Und tat dies teilweise mit fast falscher Zurückhaltung. Betten, Schreibtische, verklebte Spiegel und Duschen der ehemaligen Studentenzimmer präsentieren sich stellenweise wie in einem Volkskundemuseum. Dazwischen, darunter, darüber und manchmal auch an ihrer statt die künstlerischen Interventionen – dort wird es dann spannend. Wo sich die Kunst in den Vordergrund drängt und der Rest Kulisse wird. Beispielsweise wenn die Galerie bechter kastowsky sich die Räume aneignet und aus den alten Kästen Schaufenster für die Arbeiten von Aurelia Gratzer baut oder die eine oder andere Wand weichen muss, wie zwischen den sehenswerten Kammern von George Rei und Ilse Haider.

Die 'Parallel‘ ist keine Messe. Sie ist eine Institution

Ursula Krinzinger

Im fünften Jahr gehört die Parallel als Satellitenmesse fest zu dieser Woche. "Die 'Parallel‘ ist keine Messe. Sie ist eine Institution", meint Ursula Krinzinger im Gespräch mit dem ORF. Und tatsächlich wäre diese Kunstwoche keine ohne die Parallel. Sonst wäre es einfach nur das Wochenende der viennacontemporary. So ist es eine demokratische Bestandsaufnahme für Künstler und Publikum.

30 Galerien und rund 40 Offspaces sind dieses Jahr bei der Parallel vertreten und zeigen zumeist eine einzelne künstlerische Position. Im letzten Stock dann zusätzlich die "Artist Statements" – reizvoll inszeniert beispielsweise von Michael Strasser oder Patrick Schabus mit seinen bunten Skulpturen aus Sperrmüll.

Einen Stock tiefer Soli Kiani mit "Identity". Hier wird ein Bett auf dem sie sich mit kontroversen Requisiten als iranische Frau und Künstlerin ausbreitet zum visuellen Tagebuch und politischen Kommentar. Im Badezimmer Strümpfe, an der Wand ihre textilen Kreidezeichnungen – ein Werk das berührt.

Ein Favorit im 9. Stock ist das malz.space. Hier stellen Amelie ZadehDaniela GraboschBernadette Anzengruber und Robert Bodnar gemeinsam aus. Letzterer fasziniert mit fotografisch-experimentellen Ätzarbeiten.

Sissa Micheli hat unterdessen den Raum der bäckerstrasse4 im 6. Stock fest im Griff. Mit einer installativen Videoarbeit die sich am Gebäude der diesjährigen Parallel und den damit verbundenen soziokulturellen Immobilienfragen abarbeitet und auf beweglichen kreisrunden Paneelen feinsinnig präsentiert wird.

Besuchenswert auch die Spaces von New Jörg und der Galerie 3/Flux 23 mit David Mase, dessen Poesien in Pastell kurz, zwischen all der Avantgarde, gewohntes Sehen umschmeicheln. Auch Marko Lulićs Installation für die Galerie Senn sticht hervor und bleibt im Gedächtnis. Ebenso tun dies Esther Vörösmarty und Elena Kristofor für Kulturistik. Die Galerie Steinek verbindet die drei Künstler Anouk Lamm AnoukOlga Georgieva und Clemens Wolf im 4. Stock zu einer gelungenen Präsentation.

Auch eigene Ausstellungen und Interventionen sind immer schon Teil der Parallel Erfahrung. So zeigt auch Stefan Bidner, künstlerischer Leiter und Mitbegründer der Parallel, eine Ausstellung innerhalb der, wie er betont, "kuratierten" Parallel. "Boys don’t cry" für die Wiener Art Foundation im Erdgeschoss lohnt einen Besuch, und vielleicht ergänzende feministische Fragestellungen.


Big Names

Große Namen muss man auf der Parallel nicht suchen. Ob Erwin Wurm oder Eva Schlegel und mittendrin sitzt auch noch, stumm und fast sakral, Hermann Nitsch. Gewollt skurril.

Manches irritiert hier aufgrund oft allzu plakativer Tools. Wie Alfredo Barsuglias begehbare Installation im Raum der Grazer Galerie Zimmermann Kratochwill. Auch der Club Asozial wirkt etwas aufgesetzt cool. Auf die eine oder andere Reduktion muss man sich einlassen – wie auf den Saustall von Marianne Vlaschits.

Manches irritiert hier aufgrund oft allzu plakativer Tools.

Die künstlerische Schatzsuche im staubigen Hochhaus lohnt sich aber in jedem Fall und wird auch gewiss individuell belohnt. Es soll auch schon der eine oder andere Verkauf gelungen sein. Wohl aber weniger den drei Vertreter-Herren, die am Previewtag etwas verloren im Kunsttummel in der Ecke standen um die im Haus geplanten Luxusapartments "Triiiple" zu bewerben. Auch hätte uns die Ecke der SoART Millstättersee der Soravia Group interessiert, die war am Previewabend aber leider nur geladenen Gästen vorbehalten. Da der freie Eintritt zur Messe am offiziellen Eröffnungstag, dem Dienstag, dem einen oder anderen Journalistenkollegen aber gar völlig verwehrt wurde, sind wir froh, dass wir zumindest beinahe alles sehen durften. Und was wir gesehen haben, war durchaus sehenswert!

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