Wonnerth Dejaco präsentiert Katharina Höglinger

Neue Galerie – Neue Ausstellung

Über drei Tage eröffnet die Galerie Wonnerth Dejaco diese Woche ihre zweite Ausstellung nach der Neueröffnung der Räumlichkeiten im September. Mit Katharina Höglinger spielt sich diesmal die Malerei ins Zentrum eines Ortes, der versucht auszuloten was eine Galerie leisten muss und kann.


Anfang September eröffneten Victoria Dejaco und Michael Wonnerth-Magnusson ihre neue Galerie im ersten Wiener Gemeindebezirk in der Ballgasse 6 mit einer Ausstellung Georg Petermichls. Die beiden Kuratoren verstehen ihren Raum als Projektgalerie in der Künstlerinnen und Künstler aktiv an der Gestaltung beteiligt sind. Anlässlich der zweiten Galerieausstellung trafen wir die beiden Neo-Galeristen und Katharina Höglinger, die im Zentrum dieser zweiten Schau steht, zum Gespräch.

PARNASS: In wie fern steht die Ausstellung mit Katharina Höglinger programmatisch für die Galerie Wonnerth Dejaco?

Victoria Dejaco: Alle Künstler unseres Programms kommen aus unserem längeren Interessenskreis, es sind Positionen, die die Wiener Szene in unserem Verständnis seit Jahren mitprägen. Die Idee eine Galerie zu gründen kam ja auch ein bisschen aus der Off-Space Szene heraus, der wir uns sehr verbunden fühlen.

Michael Wonnerth-Magnusson: Wir wollten uns im Programm nicht auf bestimmte Arbeitsweise einengen, sondern Leute zusammenbringen, die aus einer gewissen Haltung heraus arbeiten.

P: Wie definiert sich diese Haltung?

MW: Das hat mit einem gewissen Community Geist zu tun, aber auch mit einer gewissen Sensibilität und mit Widerständigkeit gegenüber problematischen Zusammenhängen.

Ausstellungsansicht, Galerie Wonnerth Dejaco, Katharina Höglinger, Foto: Georg Petermichl

VD: Es geht um kritische Positionen gegenüber bestehenden Strukturen. Ob man an Werke von Ellen Schafer denkt, die kritisch untersuchen, wie sich die kommerzialisierte Warenlogik in menschliche Körper einschreibt, oder an Georg Petermichl, der Schlüssel der verschiedenen Orte seiner künstlerischen Produktion kopiert und sich so eine Art von Zugang zu gewissen Strukturen behält, die ihm normalerweise nur temporär offen stehen. Das ist die Art von kritisch-subversivem Denken, an der wir interessiert sind.

P: Und doch gebt ihr jungen Positionen aus der freien Szene eine Art von Struktur und Ernsthaftigkeit indem ihr eben kein Off-Space seid, sondern Künstler unter Vertrag nehmt. 

MW: Ich möchte mich gegen diese Wahrnehmung, dass wir irgendwas erheben wehren. Es ist vielmehr so, dass das was aus der Szene hervorkommt durch uns durch steigt - auf Englisch gibt es den Begriff des Facilitator.

VD:. Wir haben uns gefragt: Wie kann man Visibility hacken, um eine Struktur zu schaffen, wo wir genau das gleiche machen, was wir bisher als Kuratorinnen und als Autorinnen in der Zusammenarbeit mit Künstlerinnen gemacht haben – nur plötzlich interessiert es jeden.  

P: Weil der Term „Galerie“ ein Level der Professionalisierung suggeriert.

MW: Der Impuls eine Galerie zu gründen ist aus einer gewissen Diskussionskultur heraus gewachsen. Wobei der Galeriealltag einen gewissen Spagat erfordert. Doch es ist interessant Widersprüche aufzunehmen und das im ständigen Austausch mit den beteiligten Künstlerinnen. Die Netzwerke haben auch was zu sagen, wir holen uns sehr viel Feedback. Die Energie kommt von einer Vielheit von Leuten.

VD: So macht Georg Petermichl beispielsweise auch alle Fotos der Ausstellungen. Wir haben den Gedanken, dass alle Teil von einem Team sind und wir alle Skills zusammenführen. Wir sind eben die Generation Car Sharing.

Victoria Dejaco und Michael Wonnerth-Magnusson, Foto: Peter Mochi

P: Doch ist es eine kommerzielle Galerie.

MW: Genau, eine ganz normale Galerie, die doch etwas offener Haltungen diskutiert. Die Herausforderung liegt im Zusammenführen von kommerzieller Umsetzung und kritischem Bewusstsein.

P: Wie habt ihr bei allem Netzwerkdenken die Künstlerliste der Galerie letztlich festgelegt?

VD: Wir haben uns natürlich mit Leuten aus der Szene ausgetauscht, doch eigentlich waren wir uns sehr einig wen wir reinholen wollten. Katharina war zum Beispiel ein Vorschlag von Michael. Ich hatte aber schon vor drei Jahren einen Studio Visit bei ihr, als ich die ZONE1 der viennacontemporary kuratierte. Damals konnte ich sie nicht auf der Messe zeigen, weil man eine Galerie braucht, damit man mitmachen kann. Und genau darum geht es uns jetzt – durch die Galerie dazu beizutragen, dass ein paar mehr Dinge eine paar mehr Leuten möglich gemacht werden.

P: Nun stehen wir in deiner ersten Galerieausstellung, Katharina. Wie hast du gewählt was du zeigen wirst?

Katharina Höglinger: Bis auf eine Arbeit aus 2019 habe ich mich dafür entschieden Arbeiten zu zeigen, die in diesem extrem herausfordernden Jahr entstanden sind. Ich habe oft das Gefühl, als Künstlerin muss man zu diesen aufwühlenden politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen irgendwie sprechen. Gleichzeitig fühle ich mich aber sehr beschränkt und gelähmt. Darauf bezieht sich auch der Titel „Zunge verlieren (losing tongue)“.

P: Doch gibt es gewisse Momente von Storytelling und Narration in den gezeigten Arbeiten.

KH: Es gibt narrative Momente auch wenn vieles unzusammenhängend wirkt. Meine Arbeitsweise ist diese: Ich stehe auf und zeichne schon am Frühstückstisch, dann zeichne ich Dinge die mir begegnen, die durch Gespräche mit anderen Leuten kommen, das reicht von Sachen die mich emotional berühren hin zu Banalem. Zum Beispiel sieht man in einer Arbeit einen Wasserkocher und einen Wasserkrug, die sich küssen.  Das Thema Sujetfindung in der Malerei ist ja ein sehr großes, belastetes, das immer viel historisches in sich trägt. Daneben stehen meine Selbstporträts, die immer wieder auftauchen und einerseits etwas Erlebtes erzählen und andererseits vielleicht so etwas wie eine Lüge darstellen. Dazu passt auch meine Signatur, die sich gelegentlich als reine Formensprache, als Ornament verselbstständigt.

Katharina Höglinger, Foto: Lisa Edi

Bei Katharina Höglinger fügt sich alles zu einem ganz persönlichen Stil zusammen, obwohl es eine Amalgamierung einer Vielzahl an Stilen ist

Michael Wonnerth-Magnusson

Katharina Höglinger, The Sun is Watching (Mostly), 2020, Textilfarbe, Acryltusche und Marker auf Leinen, 56 x 78 cm

P: Da passiert auch Surreales, Symbolistisches und vor allem Humoristisches.

KH: Es wäre schön, wenn Leute mich als witzig empfinden. Ich hoffe immer, dass man gewisse Dinge als Malerin ansprechen kann, so wie es Karikatur tut. Für mich ist das Malen immer auch eine Abarbeitung an der ganzen Außenwelt.

P: Gezeigt werden große und kleinere Malereien, die teilweise viel Platz lassen und dann wieder sehr dicht ausgearbeitet sind.

KH: Die Rolle des Materials ist mir sehr wichtig. Es ist ein Wechselspiel zwischen Verdichtung der Farbe und einer Geste, die etwas Zeichnerisches bekommt und mehr Raum für die Beschaffenheit des Textils lässt.

P: Außerdem legst du auch einen bemalten Pullover in den Ausstellungsraum. Dieses Original kostet nur 150 Euro.

KH: Ich sehe das auch als gleichberechtigen Teil meiner künstlerischen Praxis. Wenn ich auf T-Shirts, Socken, Pullover male freue ich mich darüber, dass die Arbeiten getragen werden und am Alltag der Menschen teilhaben.

Galerie Wonnerth Dejaco

Ballgasse 6, 1010 Wien
Österreich

Zunge verlieren (losing tongue)

Katharina Höglinger

29. Oktober 2020—19. Dezember 2020

Eröffnung

Drei Tage: 29. Oktober 2020, 15 – 21; 30. Oktober 2020, 12 – 18; 31. Oktober 2020, 12 – 18

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