30 Jahre im Kinsky Auktionen

Nachgefragt bei Michael Kovacek

Wie schnell die Zeit vergeht. Die Diskussionen rund um die Gründung eines weiteren Auktionshauses in der Donaumetropole sind in lebhafter Erinnerung. Zahlreiche Beobachter gaben der Initiative der Gründungsmitglieder – und Geschäftsführer bis heute – Ernst Ploil und Michael Kovacek keine Chance. Der Markt sei zu klein, war der Tenor. Spätestens seit der spektakulären Versteigerung des Ölbilds »Mädchen« von Egon Schiele an den Sammler Rudolf Leopold um mehr als – heute – drei Millionen Euro verstummten die Unkenrufe. Das im Kinsky feiert im November den 30. Geburtstag. Im Interview erzählt GF Michael Kovacek über den Kunstmarkt, Online-Auktionen und eine neue Sammlergeneration.


Herr Kovacek, als wir vor einem Jahrzehnt anlässlich des 20-jährigen Jubiläums miteinander gesprochen haben, haben sie wiederholt unterstrichen, dass der Vorteil des »Kinskys« in der fast familiären Nähe zu Einbringern und Sammlern liegt. Würden Sie das noch immer als hervorstechendes Asset bezeichnen? Das hat sich nicht verändert. Es hat sich sogar verstärkt! Das liegt in der privaten Betreuung und unserem kleinen Team. Ein Team, das sich darauf spezialisiert hat, für die Kunden da zu sein und nicht als namenloser, großer Konzern zu agieren.

 

In den vergangenen 10 Jahren ist auf dem heimischen wie globalen Kunstmarkt viel passiert. Was waren für Sie die signifikanten Veränderungen? Das Stammteam ist zum Glück gleichgeblieben. Die Nachfrage nach Kunst insgesamt ist extrem gestiegen. Aber vor allem auf dem Sektor der zeitgenössischen Kunst. Weniger bei den traditionellen Formen: Bei Antiquitäten ist die Nachfrage geringer geworden. Bei absoluten Spitzenwerken der Alten Meister ist die Nachfrage ungebrochen. Aber vor allem die klassische Moderne und Zeitgenossen haben stark angezogen.

Verkaufsergebnisse beweisen, dass das Interesse an österreichischen Künstlern international wächst. Angefangen bei »Blue Chips« wie Franz West oder Maria Lassnig, die bei Philipps oder Bonhams versteigert werden. Ist hier die Konkurrenz nicht auch größer geworden? Im Prinzip stimmt das, weil die Künstler internationaler gesammelt werden. Wenn globale Sammlungen mit heimischen Künstlern auf den Markt kommen, dann bleiben die bei ausländischen Auktionshäusern. Weil auch diese Unternehmen wissen, dass man mit Rainer oder Hundertwasser reüssieren kann. Aber wir haben für unsere kommende Auktion beispielsweise Bilder von Nitsch aus der Türkei und Italien bekommen.

Ein prägendes Element der vergangenen Jahre war die Pandemie. Wie ist das Kinsky damit umgegangen? Bieten Sie, wie es viele Häuser gemacht haben, Online-Auktionen verstärkt an? Wir haben uns dagegen entschieden diese Online-Only-Auktionen im niederpreisigen Segment anzubieten: Wir stehen auf dem Standpunkt, dass jeder bei unseren Auktionen Online mitbieten kann. Aber die reine Online-Only-Auktion, wo jede Minute ein Blatt angeboten wird, ist uns zuwider. Für uns ist die Stimmung im Saal enorm wichtig.

Aber die reine Online-Only-Auktion, wo jede Minute ein Blatt angeboten wird, ist uns zuwider.

 

Michael Kovacek © Auktionshaus im Kinsky GmbH, Wien

Der österreichische Kunstmarkt steht immer unter Generalverdacht, eher langsam und verhalten zu sein: Haben Sie in den vergangenen Jahren hier mehr Beweglichkeit und Aufgeschlossenheit verspürt? Ist das Sammlerpublikum jünger geworden? Der Markt ist viel jünger und breiter geworden. Das liegt auch daran, dass die Kunst weltweit in Diskussion ist. Damit werden andere Gesellschaftsschichten angesprochen. Dadurch erklärt sich die verstärkte Fokussierung auf zeitgenössische Kunst. Die Generation 35+ interessiert sich nicht für das Biedermeier oder für Barock.

Rekordverdächtige Auktionsergebnisse dominieren oft die Überschriften in den Medien. Wobei sich die meisten Verkaufszahlen zwischen 5000 und 100.000 Euro bewegen. Helfen diese marktschreierischen Headlines einem Auktionshaus? Leser von boulevardesken Hochglanzmagazinen mag das begeistern, aber den normalen Kunstmarkt berührt das gar nicht. Selbstverständlich kommunizieren wir auch besondere Ergebnisse, egal auf welchem Level. Wenn ich für einen Maler ein hohes Ergebnis dokumentieren kann, freut das den Besitzer von Gemälden dieses Künstlers, dieser Künstlerin.

Jetzt haben Sie und ihr Partner, Ernst Ploil, vor zwei Jahren wieder die Geschäftsführung übernommen. Was nicht so gedacht war. Nach nunmehr 30 Jahren in dem Business, werden wir uns zum 40-jährigen Jubiläum wieder gegenübersitzen? (lächelt) Wir haben vor fünf Jahren an Christoph La Garde verkauft und das Unternehmen vor drei Jahren wieder zurückgekauft. Ja, das war nicht geplant. Aber er hat sich das viel leichter vorgestellt. Selbstverständlich diskutieren wir unsere Nachfolge und beziehen unsere leitenden Mitarbeiterinnen in unsere Planungen mit ein.

Und ihre persönliche Perspektive? Ganze fünfzehn Jahre möchte ich nicht vorausschauen, aber die nächsten fünf Jahre, planen wir schon mit uns selbst. Allerdings bemühen wir uns schon jetzt, das Team stärker in unternehmerische Entscheidungen einzubinden, wir wollen die Führungspositionen aus dem Haus besetzen und damit bewirken, dass das Kinsky in unserem Sinn weitergeführt wird.

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

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