Mehr als 20 Orte der Kunst | Eine Tour durch die Pinakotheken in Bayern

Pinakothek – ein Name, der mit München verwoben ist und den Klang großer Bilder in sich trägt: Man hat die Erhabenheit Albrecht Dürers in der Alten Pinakothek vor Augen, den Farbenrausch van Goghs in der Neuen Pinakothek (die aktuell wegen Sanierung geschlossen ist; ihre Highlights sind daher in der Alten Pinakothek zu finden) oder die bewegenden Figuren Max Beckmanns in der Pinakothek der Moderne.


Dass der Bilderkosmos der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen darüber hinaus an mehr als 20 Orten in ganz Bayern zu entdecken ist, wissen nur wenige. Bei einer Reise durch den Süden Bayerns zum Beispiel können Sie in einem Umkreis von rund 100 Kilometern in ferne Länder und vergangene Zeiten eintauchen. Nur einen Fußmarsch vom Münchner Kunstareal entfernt, warten in der Prinzregentenstraße arkadische Landschaften und Mythen. Die Sammlung, die der Dichter und Übersetzer Graf Adolf Friedrich von Schack nach 1850 anlegte und für die Kaiser Wilhelm II. 1909 eine eigene Galerie bauen ließ, ist als vollständig erhaltenes Sammlermuseum ein Dokument ihrer Zeit und zugleich ein Ort der Sehnsucht. Kunstwerke von Moritz von Schwind, Arnold Böcklin oder Anselm Feuerbach erzählen Legenden, während Franz Ludwig Catel, Johann Georg von Dillis oder Carl Spitzweg den Blick von Griechenland und Italien nach Spanien und in den Orient entführen. Schon für Schack war die Beschäftigung mit den jungen Meistern ohne eine Auseinandersetzung mit den alten undenkbar.

STAATSGALERIE WÜRZBURG | Ovalsaal | Foto: Haydar Koyupinar

Noch vor der Alten Pinakothek bot das Neue Schloss Schleißheim vor den Toren Münchens einen einzigartigen Rahmen für die Sammlungen der Wittelsbacher. Heute vermitteln dort Meisterwerke der europäischen Barockmalerei von Peter Paul Rubens, Luca Giordano, Joachim von Sandrart oder Nicolas Poussin vor tiefrotem Seidendamast und in zeitgenössischer Rahmung eindrücklich, welche Bedeutung Gemälden zur Zeit des Absolutismus in einer Residenz zukam. Die Epoche der barocken Malerfürsten ist auch in Neuburg an der Donau lebendig, wo sich in der Staatsgalerie im Neuen Schloss regionale mit europäischer Geschichte verbindet: Als Bündnispartner der Statthalter Spaniens in den Niederlanden beauftragte Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm keinen Geringeren als Peter Paul Rubens, zwei Altarbilder für Neuburg zu malen. Die Staatsgalerie im Schloss ist deshalb der flämischen Malerei gewidmet – nicht nur den imposanten Gemälden, sondern auch den feinmalerischen Kabinettbildern der sogenannten „Kleinmeister“, zu denen Jan Brueghel d. Ä. und Frans Francken d. J. ebenso gehören wie David Teniers d.J. In Burghausen erzählen Maler wie der Münchner Gabriel Mäleskircher dagegen von der goldenen Zeit der bayerischen Klöster. Ihre Bildgeschichten führen in die Welt des späten Mittelalters und lassen die Pracht der ursprünglich sechs oder sieben Meter breiten und mit Bekrönung fast ebenso hohen Flügelretabel erahnen.

Monumental wartet auch der zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstandene Gemäldezyklus mit Historien des Hauses Wittelsbach im dritten Obergeschoß der Staatsgalerie auf: Fast elf Meter misst Hans Werls Darstellung der Schlacht bei Mühldorf – wo könnte diese besser hängen als in der längsten Burganlage Europas? Den schwäbischen Kunstzentren Augsburg, Ulm, Memmingen, aber auch Kaufbeuren und Nördlingen spürt man im Hohen Schloss zu Füssen nach. Es sind die Wirkungsorte von Hans Holbein und seiner Werkstatt oder Bartholomäus Zeitblom, deren Werke der Staatsgalerie ihren besonderen Glanz geben. Schon Kaiser Maximilian I. war in Füssen gern gesehener Gast. Mit Krone und Zepter begegnet man ihm dort heute noch in einem Porträt nach Bernhard Strigel. Zwischen Füssen und Burghausen liegt das Olaf Gulbransson-Museum, das uns zurück ins 20. Jahrhundert führt. Fernweh ist hier gleich mit angelegt, denn der aus Oslo stammende Gulbransson fand nach einer turbulenten Zeit im München des „Simplicissimus“ am Tegernsee seinen persönlichen Fjord. In seiner Darstellung von Zeitgenossen und des Zeitgeschehens, seiner eigenen Persönlichkeit und der von anderen, ist es stets die Linie, die den Scharfsinn und Witz dieses „Titans der Zeichenkunst“ trägt.

STAATSGALERIE SCHLEISSHEIM | Große Galerie | Foto: Martin Fengel

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