Lassnig & Ponger auf der Diagonale

Von 4. bis 9. April läuft die diesjährige Diagonale in Graz über die Filmleinwände.
2024 überzeugt das Festival mit starker Präsenz der bildenden Künste.

Im Zuge des Programms feiert unter anderem das Maria Lassnig Künstlerinnenporträt „Mit einem Tiger schlafen“ Österreichpremiere und die „Position Lisl Ponger“ widmet sich in drei Programmen dem Werk der Filmemacherin und Fotografin Lisl Ponger, die auch Carte Blanche für ein Filmprogramm zeigt. Auch von Studierenden der Kunstuni Linz ist einiges am Festival zu sehen.

Maria Lassnig

Anja Salomonowitz ist mir ihrem sensiblen Künstlerinnenbild von Maria Lassnig „Mit einem Tiger schlafen“ ein eigenes Kunstwerk gelungen. So schreckt Salomonowitz weder vor atypischer Narration noch wechselnder Perspektive und fragmentarischer Blickrichtung zurück. Irgendwo zwischen Dokumentation und intimen Essay darf man der von Birgit Minichmayr verkörperten Künstlerin und einigen ihrer Weggefährten begegnen und viele Emotionen hautnah nachspüren. Den Kampf der Frau in der von Männern dominierten Kunstwelt ebenso wie das starre kulturelle Korsett eines Österreichs, das noch nicht bereit für eine neue Avantgarde war.

Anja Salomonowitz, Mit einem Tiger schlafen ® Stadtkino Filmverleih

Zwischendrin richtet Elfie Semotan nicht nur die Fotokamera auf die gespielte Lassnig, sondern auch ihr Wort direkt in die Filmkamera, um uns Zusehenden eine gemeinsam erlebte Episode zu erzählen. Dorotheum Auktionator Rafael Schwarz zählt gegen Filmende auf wie Maria Lassnig doch noch ein Lebensziel glückte: Endlich am Markt mehr wert sein als ihr Ex-Partner Arnulf Rainer. Immer wieder wechseln die Erzählstränge und Zeiten sprunghaft, ohne sich zu verwirren, der Takt ist gerade recht gewählt, um ein gefühlvolles Bild einer oft unverstandenen Künstlerin zu zeichnen – von deren Arbeitsweise man obendrein auch noch so einiges erfahren darf – eine Empfehlung aus der PARNASS Redaktion!

Anja Salomonowitz, Mit einem Tiger schlafen 2 ® Stadtkino Filmverleih — Anja Salomonowitz, Mit einem Tiger schlafen ® Stadtkino Filmverleih

Lisl Ponger

Seit Ende der Siebzigerjahre, als sie ihre ersten Super8-Filme drehte, leistet Lisl Ponger nicht nur für den österreichischen Avantgardefilm Pionierarbeit. Die Fotografin, Medienkünstlerin und Autorin prägt seither auch als Filmemacherin die heimische Kinolandschaft und setzt sich in ihren Arbeiten regelmäßig mit den Themen Erinnerungskultur, Kolonialismus, Migration und strukturelle Macht auseinander. Die anthropologische Neugierde und das lustvolle Interesse am unbekannten „Fremden“ bilden in ihren Filmen ebenso eine untrennbare Einheit wie das Private und das Politische: Das Kino ist für Ponger ein Ort, an dem persönliche Erfahrung, Alltag und gesellschaftspolitisches Gedächtnis aufeinandertreffen. Anhand dreier Programme bietet die Diagonale-Werkschau die einzigartige Gelegenheit, Pongers Schaffen konzentriert im Kino zu erleben – begleitet von einer von der Künstlerin eigens für das Festival kuratierten Carte Blanche. Filme über Afrikabilder und Ameisen, über Kameras und Kaugummis, über Phantome und Passagen: Filme als Positionen, die dazu einladen, auch im Kinosaal Position zu beziehen.

MASQUERADE 1 - Danse Macabre (2021) ©Lisl Ponger

Parallel zum Film Festival zeigt Lisl Ponger im Schaumbad Graz eine Installation ihrer neuesten Arbeiten. Der Ausgangspunkt sind koloniale Verstrickungen und globale Katastrophen, denen Ponger jedoch in ihren Fotoprints und kurzen Videos mit Modellen von Gemeinschaft, Formen des Protests und Ästhetiken des Tarnens und Täuschens begegnet.