Kunstvoller Citytrip nach Düsseldorf
„Wärst du doch in Düsseldorf geblieben“, sang die deutsche Schlagersängerin Dörthe schon 1968. Die Stadt am Rhein gilt als eines der Zentren für Kunst in Deutschland und insbesondere für das Medium der Fotografie. Mit dem Zuschlag als Standort des neuen Deutschen Fotoinstituts und der Eröffnung des „Neuen Kunstpalasts“ hat Düsseldorf neuen Schwung erhalten. Eine Liebeserklärung an die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens, zwischen Karneval und der längsten Theke der Welt, zwischen Tradition und Aufbruch.
Mehr über den Kunst-Hotspot Düsseldorf
Der Kunstpalast
Anfang November 2024 wurde der „Der Neue Kunstpalast“ in Düsseldorf feierlich wiedereröffnet: Nach einer dreijährigen Umbauphase verfügt das geschichtsträchtige Museum nun über 4.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche.
Der weitläufige „Ehrenhof“, ein expressionistisches Garten- und Bauensemble (auf Nummer vier und fünf befindet sich der Kunstpalast) des Architekten Wilhelm Kreis, wurde 1926 im Rahmen der „GeSoLei“ eröffnet. Hinter diesem Abkürzungsungetüm steckt die Ausstellung „Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“. Auch wenn heutzutage geistige und künstlerische Übungen im Mittelpunkt stehen, liegt im Konzept der „GeSoLei“ die Nähe zum Düsseldorfer Bürgertum begründet.
Size Matters
Kunstpalast Düsseldorf
Die junge Historikerin Linda Conze ist seit 2019 Leiterin der Fotosammlung am Kunstpalast Düsseldorf. Den Grundstock der Sammlung bilden über 3.000 Abzüge historischer Fotografien aus dem Bestand der Berliner Galerie von Annette und Rudolf Kicken, die 2018 durch den Direktor des Kunstpalasts Felix Krämer angekauft wurden. Die Sammlung des Kunstpalasts, ergänzt um Leihgaben, bildet auch die Ausgangsbasis der aktuellen von Linda Conze kuratierten Ausstellung „Size Matters“.
Kunsthalle Düsseldorf
Die Kunsthalle Düsseldorf liegt direkt gegenüber der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (K20) am Grabbeplatz. Das äußerlich abweisende Gebäude ist eines der herausragenden Beispiele des deutschen Brutalismus, sein Erscheinungsbild steht im Gegensatz zu seinem lebendigen Inneren. Als Haus für Wechselausstellungen ohne eigene Sammlung konzipiert, standen von Beginn an Tendenzen zeitgenössischer Kunst in der Verknüpfung von lokalen mit internationalen Positionen im Fokus des Programms.
Im Gegensatz zum wehrhaften Äußeren besticht das Innere durch seine einfache Gliederung mit großzügig dimensionierten Ausstellungssälen.
Museum Express
Eine Initiative des Grafik-Designers Sebastian Jung: Während der Pandemie, als alle Galerien und Museen geschlossen waren, entwickelte er ein einzigartiges Präsentationskonzept. Er besorgte sich einen dieser kubischen Lebensmitteltransport-Koffer von Foodlieferanten, adaptierte ihn und implementierte in diesem überschaubaren Raum Ausstellungen mit jungen Künstlern. Mit der fertigen Präsentation auf dem Rücken radelt der sympathische Maniac mit einem Klapprad zu interessierten Menschen (Termine über die Webseite). Im privaten Umfeld zeigt und erklärt er die Ausstellung. Entstanden sind raffinierte Präsentationen, die bis zur Öffnung des Koffers geheim bleiben. Wegen des großen Erfolgs prolongiert der fahrende Museumsdirektor sein Schaffen. Nicht nur in Düsseldorf, sondern mit Gastspielen von Kopenhagen bis Mexico City – bald auch in Wien.
Le Bereau 11
Eine ebenso unkonventionelle wie fulminante Initiative der Kommunikationsexpertin Silke Haars und ihres Partners. Die beiden Kunstsammler haben in den Outskirts von Düsseldorf die Räumlichkeiten einer ehemaligen Speditionsfirma übernommen: ein klassischer 1970er-Jahre-Zweckbau mit Velourteppich, Gardinen und Holzvertäfelung. Haars bezeichnet ihren ersten Eindruck als „schockverliebt“. Sie haben nur ein bisschen ausgemalt, sonst alles im Originalzustand belassen und sind ironischerweise mit ihrem Büro ins Souterrain gezogen. In den restlichen Büroräumen inszenieren sie regelmäßig Ausstellungen mit Künstlern wie Harry Hachmeister, Andreas Duscha oder im Frühjahr 2024 Miwa Ogasawara und anlässlich der düsseldorf photo Beat Streuli.
Bilker Bunker
Ein ehemaliger Bunker als Ausstellungs-, Co-Working- und Immobilienentwicklungsprojekt – eine „Festung für innovative Kunst- und Kulturformate“, so die Selbstbeschreibung. Hinter meterdicken Räumen wurden nicht nur Ausstellungsräume und Arbeitsplätze für Kunstschaffende und Designer geschaffen, die sich hier flexibel einmieten können. Sondern auch Proberäume für Bands und Rückzugsorte für Yoga und geruhsame Mediationen. Hilfreich bei diesen Gegensätzen: die schallschluckende Qualität der Mauern. Sehr lässig im Bilker Bunker ist die „Schleuse Zwei“: eine Club-Bar im Keller mit Live-Musik.
Sipgate
Das Internet-Telefonie-Unternehmen, das von den Kunstaficionados Thilo Salmon und Tim Mois 2004 gegründet wurde, hat im Laufe der Jahre eine spannende, vielfältige Sammlung zeitgenössischer Kunst erworben, Werke aus allen Medien von Malerei über Fotografie und Zeichnung bis zu Installationen. Die Arbeiten werden nicht irgendwo gelagert, sondern stehen den Mitarbeitern zur „Verfügung“, das heißt sie sind im täglichen Arbeitsumfeld zu finden. Der jährliche Erwerb von Arbeiten läuft über den Künstler und Kurator Cornelius Quabeck, der potenzielle Werk-Ankäufe zur Diskussion stellt. Namen wie Dirk Skreber, David Shrigley, Sophie Reinhold, Carol Rhodes oder Christopher Wool finden sich im Portfolio der Sammlung. Seit 2023 gibt’s auch einen eigenen Ausstellungsraum in coolem Shabby Chic.
Julia Stoschek Foundation
Im deutschsprachigen Raum gilt sie als Pionierin und Speerspitze beim Sammeln und in der Vermittlung von Video- und Medienkunst. Seit 2002 rückt Julia Stoschek diese Kunstformen in den Mittelpunkt ihres Sammelinteresses. Seit 2007 werden die Arbeiten der Sammlung in einem adaptieren Fabriksgebäude in der Schanzenstraße mit Einzel- und Gruppenausstellungen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Wobei ein grundlegendes Augenmerk der Stoschek Foundation auf der Vermittlung liegt: ein essenzieller Faktor, wenn Besucher mit Ausstellungen wie „Worldbuilding – Gaming & Art in the Digital Age“ konfrontiert werden. Die Bildwelten sind oft atemberaubend, vielschichtig bis verwirrend. Da sind Ein- und Weiterführungen wirklich hilfreich.
Sammlung Philara
Seit Mitte der 1990er-Jahre sammelt der Düsseldorfer Immobilienunternehmer Gil Bronner zeitgenössische Kunst – mit einer starken Verbindung zur Düsseldorfer Kunstakademie: Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, regionale Künstler zu unterstützen. Mittlerweile verfügt die Sammlung „Philara“ – in Anlehnung an die Vornamen seiner Kinder Philip und Lara – über 2.000 Arbeiten. Im Jahr 2006 erwarb Bronner die ehemalige Leitz-Fabrik in Düsseldorf. Er machte daraus nicht nur einen Ausstellungsraum, sondern schuff auch 70 Studios für Studierende der Akademie. Wobei auch etablierte Künstler wie Gerhard Richter, Hans-Peter Feldmann oder Thomas Ruff in der Collection gelistet sind. Eine sehr beeindruckende Dauereinrichtung im Ausstellungsraum: die dichte, enge Installation „Artichoke Underground“ von Jonah Freeman und Justin Lowe.