KHM: Designierter Direktor Eike Schmidt sagt kurzfristig ab

Eike Schmidt | Foto: Regina Aigner © BKA

Gestern Nachmittag erreichte die Nachricht das Kunsthistorische Museum. Der derzeitige Direktor der Uffizien und designierter Generaldirektor des Kunsthistorischen Museumsverbandes Eike Schmidt, sagt einen Monat vor Amtsantritt in Wien telefonisch ab.


„Die kurzfristige Absage ist höchst unprofessionell und eigentlich beispiellos“, sagte Schallenberg der Tageszeitung „Die Presse“. Das „Kapitel Eike Schmidt“ sei abgeschlossen. Zu Recht. Das Taktieren des designierten Generaldirektors des Kunsthistorischen Museumsverbandes war seit einem Jahr in Kunstkreisen ein Thema. Eingesetzt vom damaligen Bundesminister Drozda gab es bereits seit seiner Bestellung Diskussionen um ein für und wider.

Die Nichtverlängerung von Sabine Haag wurde vielfach bedauert. Zu Recht, auch wenn man den Argumenten, dass nach zehn Jahren auch ein Wechsel Sinn macht etwas abgewinnen kann. Das man jedoch sonst auch auf bewährtes Personal setzt, zeigt die nicht weit vom KHM entfernte Albertina. Warum das ausgerechnet bei Sabine Haag nicht der Fall war, bleibt im Bereich der Spekulationen.

An ihrer Fachkompetenz für den Job kann es nicht gelegen haben. Erst am Montag begeisterte in dem von mir geführten Weitblick-Gespräch im Hochhaus Herrengasse mit ihrer fachlichen Kompetenz ihrer Leidenschaft und Verbundenheit zu den Häusern des Kunsthistorischen Museumsverbandes und gab einen Einblick in die vielfältigen Fragestellungen und Forschungsarbeiten.

Eike Schmidt wurde für Anfang November im Haus erwartet. Da war er auch schon öfter im letzte Jahr und lud zu Meetings mit den Mitarbeitern. Diesen Donnerstag, also morgen spricht er in der Akademie der bildenden Künste in Wien – noch als Direktor der Uffizien, laut Programm. Und das wird er jetzt auch bleiben. Eike Schmidt – ein Mann des Taktierens?

Laut Gerüchteküche soll er selbst nach der Bestellung im KHM noch weitere Bewerbungen ausgeschickt haben. Und es im Interview Almuth Spiegler 2017 in der Tageszeitung „Die Presse“, betonte er seinen Wohnsitz in Florenz zu behalten: „Nein, ich will nicht aus Florenz weg, ich will nach Wien hin. Aber das löst sich ganz gut: Ich habe Familie in Florenz, werde also regelmäßig zurückkommen. Ich bleibe Italien also erhalten.“ Seine Freude nach Wien zu kommen, glaubte man daher so recht nicht, auch wenn er zuletzt immer wieder beteuerte er freue sich auf Wien. Ein Spiel um seinen Marktwert zu erhöhen?

Das ist nun in Florenz offenbar gelungen, außerhalb Italiens wird er es in Zukunft schwerer haben – sollte er, falls sich ebendort die Politik wieder zu seinen Ungusten wendet, doch neue Ambitionen haben. Nun ist aber mit dem Sozialdemokraten Dario Franceschini wieder jener Kulturminister im Amt, der 2015 Eike Schmidt in die Uffizien geholt hat und die jüngste Kündigungswelle unter der Politik der Fünf-Sterne-Bewegung für nicht italienische Museumsdirektoren ein Thema für die Geschichtsbücher.

Silvie Aigner im Gespräch mit Sabine Haag beim Weitblick Talk im Hochhaus Herrengasse | Foto: Thomas Podobnig

Silvie Aigner im Gespräch mit Sabine Haag beim Weitblick Talk im Hochhaus Herrengasse | Foto: Thomas Podobnig

Dass Eike Schmidt auch hierzulande seine Bestellung einem Sozialdemokraten zu verdanken hat, ist ein Zufall – oder auch nicht. Immerhin gab er damals bei der Pressekonferenz, wo er Schmidt vorstellt nach mehrmaligen Nachfragen unsere Autorin zu, dass die Bestellung seine Entscheidung war. Dass er damit einen Nachfolger bestimmte, der erst zwei Jahre nach seiner Bestellung sein Amt antreten kann, war von Beginn an unverständlich.

Dass Sabine Haag einwilligte die Interimsleitung zu übernehmen – zu einem weit geringeren Gehalt und das Museum nicht mit Pauken und Trompeten verließ, ist hier hoch anzurechnen. Eine Gelegenheit ihr Konzept für die Zukunft des Museums – und hier geht es auch um große bauliche Vorhaben, wie sie uns im Weitblick-Gespräch erklärte, mit dem damaligen Minister persönlich vorzustellen erhielt sie damals nämlich nicht.

Ausstellungen wie Rothko, Breugel, „Spitzmaus Mummy in a Coffin and other Treasures“, kuratiert von Wes Anderson und Juman Malouf, die zeigt, dass man auch anders mit den Sammlungen arbeiten kam, die kommende Ausstellung Caravaggio & Bernini, ebenso wie kleinere feine Sonderausstellungen, die Einführung der Jahreskarte, steigende Besucherzahlen und auch die internationale anerkannte Forschungsarbeit, in der das KHM an der Spitze der Breugel-Forschung steht und Teil der renommierten Getty Panel Initiative ist, waren eine Steilvorlage für den Nachfolger Eike Schmidt.

Zu steil, wie man jetzt sieht. Er wollte das Museum digitalisieren, so wie er es bei den Uffizien gemacht hat, nur gab es ebendort bei seinem Amtsantritt wie er stets betonte nicht einmal eine aktuelle Webpage. Zu Besuch in Wien, antwortete auf die Frage nach seinen Zukunftsplänen eher vage und wollte Vieles weiterführen. Vor allem die Digitalisierung des KHM sah er als vorbildlich an. Es ging ihm darum die Kompetenz in der Forschung und die Sammlung weltweit noch bekannter zu machen, Forschung und Vermittlung zueinander zu bringen. Wenn man das Programm des Museums genauer ansieht, geschah auch das schon seit Jahren. Klar Luft nach oben ist überall.

Eike Schmidt | Foto: Regina Aigner © BKA

Eike Schmidt | Foto: Regina Aigner © BKA

Sabine Haag antwortete auf die damals gestellte Frage: Die Uffizien brauchen eine neue Leitung. Eine reizvolle Überlegung? Schlagfertig: „Wir sind hier am KHM in unserer Museumsarbeit um so viel weiter, dass mich die Uffizien keinesfalls interessieren würden.“ Im Kunsthistorischen Museum „geht es nun darum, rasch für klare Verhältnisse zu sorgen. Deswegen habe ich die ehestmögliche Ausschreibung der wissenschaftlichen Geschäftsführung veranlasst“, meinte Schallenberg gestern zur Presse.

Der Minister hat Sabine Haag gebeten, das KHM weiterhin interimistisch zu führen. Ob sie für eine Verlängerung ihres Interimsmandats zur Verfügung steht, ist vorerst unklar: Sie flog am Dienstag zur „Maximilian“-Ausstellung nach New York. Doch im Museum begegnet man der Situation mit betonter Gelassenheit. „Wir haben eine aufrechte und intakte Geschäftsführung und eine detaillierte Planung bis weit in 2020/21 hinein“, sagte Frey im Gespräch mit der APA. Frey, der selbst einen Vertrag bis 2021 besitzt, hatte vom 1. September 2017 „bis in die letzten Tage“ die Übergabe auf die neue Geschäftsführung vorbereitet, die mit Ende Oktober auch formal vollzogen werden sollte. Ob er sich nun düpiert fühle, wollte er nicht kommentieren: „Meine Gefühle spielen gar keine Rolle.“ Am Freitag soll es ein Treffen zwischen dem Minister und Schmidt geben, heißt es weiter.

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