Kurator der Landesgalerie Niederösterreich

Interview mit Günther Oberhollenzer

Günther Oberhollenzer © lukasbeck.com

Das Projekt „Fundamental“, entwickelt vom Kremser Künstler Rainer Prohaska, setzte schon während der Bauphase der Landesgalerie Niederösterreich künstlerische Akzente, die in der Folge als künstlerische Intervention in den Museumsbau Eingang finden werden. Über das Projekt sowie die inhaltliche Ausrichtung des Museums sprachen wir mit dem Kurator der Landesgalerie, Günther Oberhollenzer.


PARNASS: Was stand hinter der Idee für das Projekt „Fundamental“, das gemeinsam mit den beiden Künstlern Judith Fegerl und Leo Zogmayer umgesetzt wurde?

Günther Oberhollenzer: Die Überlegung war, bereits während der Bautätigkeit, noch bevor das Museum eröffnet, künstlerische Akzente zu setzen, die sowohl die Architektur als auch den Inhalt des Museums thematisieren. Diese künstlerischen Interventionen sollten dann – und das fand ich einen sehr schönen Gedanken – auch in den Museumsbau einfließen. Zusammen mit Christian Bauer haben wir mit Rainer Prohaska die zwei Künstler definiert: Judith Fegerl und Leo Zogmayer

P: Judith Fegerl hat im Mai 2017 „Herleitung des Federspiels“, eine Installation in der Göttweigerhofkapelle, realisiert. Ein besonderer Ort, der jedoch wenig bekannt ist.

GO: Das war auch ein Anliegen des Projekts, dass wir damit diese wunderbare gotische Kapelle in unmittelbarer Nähe des Museums wieder ins Gedächtnis der Kremser und Steiner Bevölkerung bringen. Die Intervention von Judith Fegerl setzte sich mit einem sehr speziellen Aspekt des Museums auseinander – mit der Drehung des Kubus von der Donau hin zur Altstadt von Stein. Diese Drehung und die Idee einer damit verbundenen Energie hat die Künstlerin in Form von drei Federn aus Bronze sichtbar gemacht. Dahinter stand die Vorstellung der Drehung als elastischer Prozess, der auch wieder in die Ausgangsposition zurückfedern könnte und damit die gespeicherte Energie wieder freigeben würde. Die Federn sind eine Versinnbildlichung der gespeicherten Energie des Museums und der Momentaufnahme der für die Drehung notwendigen Kraft. Es ist eine künstlerische Interpretation dieser markanten architektonischen Besonderheit des Museums – ein poetischer Gedanke.

P: Wie wird diese künstlerische Idee nun in das Museum einfließen?

GO: Judith Fegerl hat im Erdgeschoss des Museums drei Punkte definiert, von denen die Kräfte der Kubusdrehung ausgehen und die Drehung im Inneren des Baus manifest werden könnte. An diesen Stellen setzt sie drei „Druckpunkte“, geometrische Griffe aus Beton, Negativ- und Positiv-Formen. Zwei dieser Punkte wird man sehen, im Shopbereich und im Ausstellungsbereich, der dritte ist in einem für Besucher nicht zugänglichen Teil des Museums angebracht. Eine Art Irritation innerhalb der Architektur, die auf den zweiten Blick als künstlerische Intervention erkennbar ist.

Judith Fegerl © Christina Vogler

Judith Fegerl © Christina Vogler

P: Der zweite Künstler ist Leo Zogmayer. Ein Künstler, der nicht nur aus Krems stammt, sondern bis heute mit der Stadt sehr verbunden ist.

GO: Leo Zogmayer setzt sich mit dem Satz und dem Schriftbild „WENN ICH KUNST SAGE MEINE ICH DAS GANZE“ mit dem Inhalt des Museums auseinander. Es ist dies ein schöner Leitspruch, auch für die weiteren inhaltlichen wie organisatorischen Vorbereitungen. Der in Versalien geschriebene Satz wird dann auch Teil des Museums und zwischen dem Anlieferungsgebäude und dem Hauptgebäude des Museums am Boden angebracht werden. Im Rahmen der Architektureröffnung vom 1. bis 3. März 2019 wird es von Zogmayer eine künstlerische Intervention im Museumsraum geben, wo er sich mit Fragen zur Rolle und Aufgabe eines Museums, aber auch mit der generellen Bedeutung von Kunst auseinandersetzen wird.

P: Neben der künstlerischen Intervention „Fundamental“ wurde mit der Ausstellung „Weltberühmt in Krems. Vom Kremser Schmidt zu Padhi Frieberger“ ein weiterer Akzent in der Zusammenarbeit mit dem museumkrems gesetzt.

GO: Anlass war der 300. Geburtstag des berühmten Kremser Künstlers Martin Johann Schmidt. Anstelle einer monografischen Ausstellung zeigten wir seine Werke in einem spannungsreichen Dialog mit Arbeiten Padhi Friebergers, der ebenfalls aus Krems stammt und anderen zeitgenössischen Künstlern. Beide Projekte boten die Möglichkeit, im Vorfeld der Eröffnung bereits mit Inhalten zu arbeiten und auch zu erzählen, wofür das Museum steht. Sie veranschaulichen, dass die zeitgenössische Kunst im Museum eine wichtige Rolle spielen wird, im Dialog mit der Kunstgeschichte. Im Hauptfokus stehen die Landessammlungen Niederösterreich mit ihren über 60.000 Objekten, die nicht nur zeitlich eine große Spanne vom Mittelalter bis zur Gegenwart umfassen, sondern auch eine große Bandbreite an Medien: Sämtliche Sparten – von Grafiken, Fotografien und Gemälden bis zu Skulpturen, Medienkunst und Installationen – sind darin vertreten.

Vor allem in den letzten Jahrzehnten sind viele zeitgenössische Werke von niederösterreichischen und österreichischen Künstlern in die Sammlungen gekommen. Auch bei den Einzelausstellungen, die mit den von Christian Bauer schon angesprochenen Themenausstellungen in Dialog treten, wird der Fokus stark auf zeitgenössischen Künstlern liegen. Die Projekte werden, wenn möglich gemeinsam mit den Künstlern entwickelt. Bei den Themenausstellungen, in denen wir Altes mit Neuem verbinden, ist es uns wichtig, von der Gegenwart auf die Kunst zu schauen und uns zu fragen: Wie sieht unsere Realität heute aus und was haben uns zum Beispiel Werke des 19. Jahrhunderts heute noch zu sagen?

Ein wichtiges Thema ist dabei etwa der Sehnsuchtsort Krems, wo es einen thematischen roten Faden vom 19. Jahrhundert bis heute gibt. Gerade in den letzten Jahren haben sich viele Künstler mit ihren Ateliers wieder in der Region um Krems angesiedelt und finden in der Landschaft ihre künstlerische Inspiration. Das Werden einer Kulturlandschaft, die Veränderungen im Laufe der Zeit sowie die mit der Natur verbundenen Projektionen sind ein Thema, bei dem die Kunst des 19. Jahrhunderts in einen direkten Dialog mit der Gegenwartskunst treten kann.

Leo Zogmayer © lukasbeck.com

Leo Zogmayer © lukasbeck.com

Anhand solcher Themen versuchen wir die klassischen Ausstellungsformate aufzubrechen und nicht in Zeitstrukturen und Chronologie zu denken. Es sind Ausstellungen, die viel mit der Lebensrealität der Menschen und mit dem Ort zu tun haben werden. Sie sind auf hohem Niveau aufbereitet und sollen dennoch leicht zugänglich sein und sich nicht nur Kunsthistorikern erschließen. Natürlich sprechen wir auch die Besucher aus Wien an, internationale Besucher, Touristen und auch Architekturfreunde und Fachleute aus dem Kunstbereich. Aber ein Museum beginnt dann für mich zu funktionieren, wenn ein Museum auch in dem Ort, in der Region, in dem Bundesland, wo es steht, positiv wahrgenommen wird.

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