Innsbrucker Ausstellungsrundgang
Aktuelle Tipps aus dem Westen. Edith Schlocker hat sich umgesehen und fasst für PARNASS zusammen, was man momentan in Innsbruck sehen sollte.
Audioversum
Mit dem Audioversum hat Innsbruck einen sehr speziellen Ausstellungsort, in dem es darum geht, nicht wie üblich die Augen, sondern die Ohren zum Sehen zu bringen. Wobei die aktuelle Installation der Malerin und Bildhauerin Deborah Sengl sowie der Sound-Künstler Peter Kollreider und Thomas Aichinger eine ist, die Augen- wie Ohrenschmäuse bereitet. In einer von Sengl kulissig gemalten SenCity, die genauso orient- wie okzidentalisch oder utopisch daherkommt, bevölkert von einer achtköpfigen Gang, die Zwitterwesen aus Mensch und Hund sind. Die Geräusche, die der SenCity-Besucher per Kopfhörer inhaliert, sind gewohnte, kunstvoll verdichtet zu einmal poetisch stillen, dann wieder nervig lauten Kommentaren über den Zustand unserer Welt. Wozu es keines einzigen gesprochenen Worts bedarf. Die einzige Ausnahme macht Barbara Hundeggers Gedicht „hör-weiten“. Zu hören am Rand der SenCity, wo die Geräusche der realen Welt bereits die artifizielle zu fluten beginnen. (Audioversum, Wilhelm-Greil-Straße 23, Innsbruck; bis Anfang 2023, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr).
Galerie Thoman
Aus Zeiten, als der inzwischen 62-Jährige Herbert Brandl noch nicht als „Bergmaler“ schubladisiert war, stammen die teilweise riesigen Arbeiten, die für eine Personale in der Innsbrucker Galerie Thoman ausgegraben worden sind. Etwa eine mehr als acht Meter lange, meditativ daherkommende Tuscharbeit, kombiniert mit Großformaten in Öl, die zwar vage an Landschaftliches erinnern, letztlich aber zu raffiniert ineinander verschachtelten Farbräumen verdichtete pure Malerei sind. Erstmals zu sehen sind die von Brandl in reizvolle Buchobjekte verwandelten Covers eigener Ausstellungskataloge. Sie tragen Titel wie „Sommerschnee“ oder „Übermorgen“, verdichtet in expressiver, die Covers radikal auslöschender Vehemenz zu farbigen Symphonien. (Galerie Thoman, Maria-Theresien-Straße 34, Innsbruck; bis 26 März, Dienstag bis Freitag 12 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 15 Uhr)
Galerie Bernd Kugler
Am internationalen Kunstparkett ist die in Berlin lebende Japanerin Maki Na Kamura zwar keine Unbekannte, ihre Personale in der Innsbrucker Galerie Kugler ist allerdings eine Premiere. Um deren Wände mit Leinwänden und Aquarellen zu behängen, die auf einen ersten Blick höchst rätselhaft daherkommen. Als aus Farbflecken delikat zusammengesetzte Puzzles, die bei zunehmendem Sehabstand an Landschaftliches oder Figurales erinnern. Inszeniert mit den unterschiedlichsten Malinstrumenten in zahllosen, raffiniert interagierenden Schichten. Wobei Bezüge zur Kunstgeschichte unübersehbar sind, etwa bei dem Selbstporträt, das ganz in der Manier pompejanischer Bildnisse gemalt ist. (Galerie Bernd Kugler, Burggraben 6, Innsbruck; bis 11. März, Dienstag bis Freitag 13 bis 18 Uhr)
Galerie Johann Widauer
Karl Unterfrauner mag Lagerfeuer. Besonders die Metaphorik, die dem Zustand zwischen dem Aufgehen des Rauchs und dessen Verlöschen innewohnt, fasziniere ihn, sagt der 56-Jährige, dessen Medium die Fotografie ist. Wobei der Südtiroler das Ausreizen eines Themas in diversen Spielarten mag. Um etwa Feuerstellen aus zwei unterschiedlichen Ansätzen künstlerisch zu hinterfragen. In der Form hyperrealistischer Schwarz-Weiß-Fotos bzw. per Computer generierter Bilder, die auf einen ersten Blick wie gemalt daherkommen. Reduziert zur Essenz von Natur, die sich immer mehr – sozusagen in Rauch – auflöst. Wobei, da die Trägerplatten verspiegelt sind, der Betrachter zum Teil des Szenariums wird, das Moment des sich ständig verändernden Lebendigen in die letztlich gefrorene Szenerie einbringend. (Galerie Johann Widauer, Erlerstraße 13, Innsbruck; bis Ende März, Dienstag bis Donnerstag 14 bis 18 Uhr, Freitag 9 bis 13 Uhr)
Taxispalais. Kunsthalle Tirol
Dass das Prinz des Göttlichen nichts mit männlichen oder weiblichen Geschlechtsorganen zu tun hat, steht wohl außer Diskussion. Dass die Installation „Grüß Göttin“ die die Tiroler Künstlerin Ursula Beiler vor Jahren neben der Inntalautobahn positioniert hat, derart die Gemüter erhitzen konnte, kann wahrscheinlich nur im „heiligen Land“ Tirol passieren. „Göttinnen“ widmet nun aber auch Nina Tabassomi in „ihrer“ Kunsthalle Tirol im Innsbrucker Taxispalais eine Ausstellung, die „prozessual“ entstehen soll. Was bedeutet, dass es bisher neben zwei peinlichen performativen Auftritten Beilers, in der sie in die skurrile Figur der heiligen Kümmernis geschlüpft ist, nur einen von Elisabeth von Samsonow mit großen, esoterisch mustrigen Schinken bespielten Raum gibt. Arbeiten des Karrabing Film Collective, von Tejal Shah und Emeka Ogboh sollen im Zwei-Wochen-Rhythmus folgen. (Taxis–palais. Kunsthalle Tirol, Maria-Theresien-Straße 45, Innsbruck; bis 1. Mai, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20Uhr)