Iman Issa: „Proxies, with a Life of Their Own“ in der Kunsthalle Tirol im Innsbrucker Taxispalais.

Am Boden liegt eine pure weiße, langrechteckige Struktur. Ob es sich dabei um ein architektonisches Modell oder eine autonome Form handelt, ist unklar. Im ersten Moment hilft da auch die dazugehörige Texttafel nicht wirklich weiter, auf der akribisch ein 1933 gemaltes Ölgemälde einer von Bergen umsäumten Wüstenlandschaft beschrieben wird. Etwa eine Straße, deren Häuser genauso wie die zwei Figuren, die auf die Berge zugehen, lange Schatten werfen.


 „Road to Damascus“ heißt diese 2019 von Iman Issa geschaffene Arbeit, die ganz typisch für das Denken und Arbeiten der 41-jährigen gebürtigen Ägypterin mit US-amerikanischem Pass und Professur an der Wiener Akademie der bildenden Künste ist. Indem sie raffiniert unterschiedliche Wahrnehmungs- und Rezeptionsebenen miteinander kombiniert, womit auf irritierende Weise scheinbar klare Beziehungsgeflechte brüchig werden. In ihrer Serie „Lexicon“ etwa durch dreidimensional skulpturale oder filmische Remakes der Beschreibung von Malereien, die zwischen den 1930- und 1950er-Jahren entstandenen sind. Um auf diese Weise klarzumachen, wie sehr der jeweilige historische bzw. kulturelle Kontext die Rezeption von Kunst bestimmt und im besten Fall zum Nachdenken darüber animiert,  was die „Road to Damascus“ angesichts der Ereignisse der vergangenen Jahre heute bedeutet.

Ausstellungsansicht Iman Issa___Proxies, with a Life of Their Own, TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol, 2020, mit Werken aus der Serie Heritage Studies Courtesy die Künstlerin, carlier | gebauer, Berlin / Madrid und Rodeo, London / Piräus Foto: Günter Kresser

Einstieg in die von Kunsthallen-Leiterin Nina Tabassomi kuratierte Schau, die übrigens die erste Einzelausstellung von Iman Issa in Österreich ist, ist eine Soundarbeit, in der es um einen fiktiven Revolutionär geht. Indem eine computergenerierte Stimme seine Biografie nacherzählt, stellt sich unwillkürlich die Frage nach den Kriterien, die eine Person erfüllen muss, um zum Revolutionär zu werden. Die „Masks for al Multiple-Role Actor“ nebenan hat die Künstlerin dagegen für die fiktiven Akteure einer auf einem „Beipacktext“ sehr konkret beschriebenen Szene gemacht, die wiederum eine Collage filmischer Sequenzen ist. Geronnen zu einem statisch skulpturalen Setting, das den verstehen wollenden Betrachter einigermaßen ratlos macht. Wesentlich leichter macht es Iman Issa diesbezüglich mit ihrem Video „Proposal for an Iraq War Memorial“, einer Auftragsarbeit des Institute of Contemporary Arts in London von 2007, in der es darum gehen sollte, wie ein zeitgenössisches Kriegsdenkmal für den Irakkrieg aussehen könnte. Für Issa als filmische Collage, die sich aus blutig kriegerischen Szenen, Bildern von Zerstörung und menschlichem Leid, fröhlichen Ausschnitten aus einem Märchenfilm sowie gewaltigen nächtlichen Explosionen zusammensetzt, die aus der Distanz betrachtet faszinierend schön wie ein prächtiges Feuerwerk daherkommen. Die Frage aufwerfend, was das Wissen um Kriege, die wir nur aus medialen Bildern kennen, mit uns macht.

Iman Issa Masks for a Multiple-Role Actor, 2020, aus der Serie Surrogates (Detail) 3D-Drucke, Holz, Stahl, Faden, Metalldraht, Acryl, Epoxidharz, Farbe, Texttafel In Auftrag gegeben von TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol für Iman Issa___Proxies, with a Life of Their Own Courtesy die Künstlerin und Rodeo, London / Piräus Foto: Günter Kresser

Die große Hofhalle der Kunsthalle Tirol im Innsbrucker Taxispalais hat Iman Issa mit sieben Skulpturen aus ihrer Serie „Heritage Studies“ bestückt. Formal prächtige, aus den unterschiedlichsten Materialien gemachte Objekte, die sich jeweils auf ein ganz konkretes beziehen, das die Künstlerin in diversen Museen der Welt gefunden hat und auf einem Beitext beschreibt. Um in diesem Nebeneinander die Unmöglichkeit eines neutralen Blicks auf Objekte uns fremder Kulturen zu behaupten.

TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol

Maria-Theresien-Straße 45, 6020 Innsbruck
Österreich

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