Gallery Diary - Crone Wien | Carola Dertnig

Die aktuelle Situation bedeutet eine enorme Belastung für die Kultur- und Kreativwirtschaft und auch für uns als Kunstmagazin. In dieser Zeit wollen wir unseren Beitrag leisten und geben Ihnen täglich Einblicke in die Ausstellungen der derzeit geschlossenen Galerien.


Carola Dertnig biegt im Baumarkt Alustäbe zu Skulpturen und übersetzt archäologische Funde in Collagen. Ihre Ausstellungen in der Landesgalerie Niederösterreich und der Wiener Galerie Crone zeigen darüber hinaus, wie sie Performance in Skulptur übersetzt und damit zugleich junge Performancekünstlerin in den Mittelpunkt stellt. Die Ausstellungen in Krems und Wien korrespondieren miteinander; am besten, man sieht sie beide.

Unter dem Titel „…a new nothing…“ wird eine neue Serie von Zeichnungen und Collagen präsentiert, die während der Eröffnung im Rahmen einer Performance interpretiert werden sollte. Ein Video auf dem Facebook Kanal der Galerie Crone mit der jungen Stepptänzerin Sophie Rose Fink zeigt eine kurze Sequenz, welche anstatt der Eröffnung angesehen werden kann.

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Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Werkserie „Singing Nails“. Sie zeigt Nägel und andere Artefakte, die bei Ausgrabungen im Zuge des Baus der neuen Landesgalerie Niederösterreich in Krems geborgen wurden. Wie die Töne auf einem Notenblatt werden die Fundstücke einem intuitiven Rhythmus folgend auf feinen Linien angeordnet. Das Auf und Ab der schwarzen Spuren birgt das Potential einer Melodie, die erklingt, während unser Blick über die Arbeiten schweift.

singing nails, 2019 Collage, Tuschtechnik Büttenpapier, handgeschöpft 64 x 96 cm   Fotos: Matthias Bildstein Courtesy: Galerie Crone Wien

Die junge Generation begann mich schon zu interessieren, bevor die Fridays-for-Future-Bewegung bekannt wurde. Früher arbeitete ich mit mir selbst als Performerin, zunehmend interessierte mich aber eine neue Generation

Carola Dertnig

In einer Performance wird diese imaginierte Melodie bei der Eröffnung der Ausstellung hörbar gemacht. Die Werke werden von einer jungen Stepptänzerin in einer offenen Choreographie interpretiert. Andererseits werden die rhythmischen Markierungen in die Bewegungen der Besucher*innen übersetzt, die von den feinen Linien durch die Räume geführt werden. Durch einen am Boden angebrachten Spiegel können sie ihre Schritte nachvollziehen und werden so auf ihre eigene Rolle als Performer*innen zurückgeworfen. Im Nebenraum erhellt der Schriftzug „a new nothing“ wie ein Gedankenblitz mit leuchtenden Buchstaben die Dunkelheit. Handelt es sich hier vielleicht um den Refrain der Melodie, die sich in den Zeichnungen und Collagen entspinnt?


Carola Dertnig wurde 1963 in Innsbruck, Österreich geboren. Sie studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie der École des Beaux Arts Paris. Seit 2006 leitet sie den Fachbereich Performative Kunst an der Akademie der bildenden Künste Wien und war 2008 als Gastprofessorin an der CAL ARTS in Los Angeles tätig. Dertnigs Werke wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen in New York, Wien, Paris und Moskau gezeigt. 2004 wurde sie mit einer Einzelausstellung in der Wiener Secession gewürdigt. In der Landesgalerie Niederösterreich ist derzeit ihre Einzelausstellung „Donauspuren“ zu sehen.

Zum Porträt im aktuellen PARNASS 1/2020

IMPRESSIONEN

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