Iman Issa erstmalig in der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

In prägnanter Konzentration präsentiert die Galerie Elisabeth & Klaus Thoman in Wien das Werk von Iman Issa. Die Arbeiten sind von bestechend klarer Formensprache, das Konzept dahinter vielschichtig und herausfordernd. Im Fokus stehen verschiedene „Displays“, in denen sich Skulpturales und Textuelles zu einem tiefgründigen Kontext ergänzen.


Iman Issa wurde 1979 in Kairo geboren, zeigt ihr multimediales Werk in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen und ist in internationalen Sammlungen vertreten. Seit 2020 ist sie Professorin für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In ihrer Arbeit setzt sie Geschichte, Sprache und bildhaftes Werk zueinander in Beziehung, bricht herkömmliche Bedeutungen auf und eröffnet spezifische Denkräume um eine neuartige Relation zu Gegenwärtigkeit und Zukunft freizusetzen.

Einen Einstieg in das tiefsinnige und weitreichende, bisweilen geheimnisvoll anmutende Konzept, das Iman Issas Werk so außerordentlich prägt, gibt das aufliegende „Book of Facts: A Proposition“ aus dem Jahr 2017, das eine fiktive Ausstellung dokumentiert. An Stelle von Abbildungen finden sich darin schlichte Grafiken mit der punktuellen Angabe von Objekten, Figuren oder Umgebung, daneben Beschreibungen derselben. Aus dem Zusammenspiel von visueller und textueller Information entsteht die Vorstellung eines gewissen Bildes oder auch einer Szenerie, eine Ahnung, die sich einer Eindeutigkeit entzieht und darin subtil die Aufmerksamkeit des Lesers im Bann hält.

schelmisch, kryptisch und paradox

Margareta Sandhofer

Ausstellungsansicht © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com 

Eine ähnliche Kollaboration gehen Objekt und Text in den „Heritage Studies“ ein, eine Serie, die Iman Issa 2015 begann. Das Objekt (oder die Skulptur) steht in schlichter abstrakter Formensprache mit zurückhaltender Eleganz, doch autonom im Raum. Ihm ist ein Vinyl-Schriftzug an der Wand zugehörig, der integraler Bestandteil des Werks ist und ein Artefakt aus der Vergangenheit repräsentiert. „Heritage Studies #18“ ist ein kupfernes Objekt, ein niedriger Bogen spannt sich zwischen zwei kleinen rechteckigen Platten, die als Standflächen dienen. Der Text besagt: „Tile with Areal View of Holy Shrine. Painted in green, white and blue. It was found in a 12th century palace in Granada, but believed to have been manufactured elsewhere. The International Museum of Ancient Arts and Culture Collection. Underglaze. 40 x 34 cm, A.D. 1139 – 1490”. „Heritage Studies #23” präsentiert sich als eine Messingskulptur, die als klare Linie aus einem weißen Sockel senkrecht in die Höhe wächst und nach einer orthogonal geführten Schlaufe in einer am Boden stehenden Scheibe endet.

 

Ausstellungsansicht © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Der begleitende Text lautet: „Commemorative Scarab. Scarabs were believed to symbolize cyclical repetition and regeneration. They were issued in unusually great numbers during Dynasty XVIII. The International Museum of Ancient Arts and Culture Collection. Limestone. 42 x 80 cm, 1394 B.C.” Iman Issas Erinnerung an die Begegnung mit jenem historischen Kunstwerk, aufgerufen im Text, nimmt in vergegenwärtigter Destillation die spezifische künstlerische Gestalt an, die eine Wesentlichkeit verkörpert und eine äußerliche Ähnlichkeit verneint. Zwischen diesen schillernden Komponenten wird eine Art Gespräch eröffnet, das den Betrachter zur Teilnahme auffordert.

Iman Issa, Heritage Studies #7, 2015 Holz, Stahl bemalt (182 x 108 x 22 cm), Vinyl Tex © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Iman Issa, Heritage Studies #23, 2016 Messing, bemalter weißer Sockel (42 x 80 cm), Vinyl Text © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Iman Issa,  Self-Portrait (links: (Self as Christa Wolf, rechts: Self as Ananda K. Coomaraswamy), 2022, 3D-Druck, Farbe, Metallstangen (links: 53 x 35 x 28 cm, rechts: 33 x 44 x 35 cm), Texttafel unter Glas© Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Iman Issa. The Revolutionary, 2010 Audio, Kopfhörer, weiße Hocker © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Iman Issa, Heritage Studies #40, 2022, Aluminium, Farbe, Kupfer oxidiert (175 x 56 x 112 cm), Vinyl Tex © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Iman Issa, Heritage Studies #40, 2022, Aluminium, Farbe, Kupfer oxidiert (175 x 56 x 112 cm), Vinyl Tex © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Iman Issa, Heritage Studies #40, 2022, Aluminium, Farbe, Kupfer oxidiert (175 x 56 x 112 cm), Vinyl Tex © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman / kunst-dokumentation.com

Ähnlich verfährt Iman Issa in der Serie „Proxies, with a Life of Their Own“. Das jeweilige Objekt ist sowohl Selbstporträt wie Porträt einer historischen Persönlichkeit, deren Zitat an der Wand zu lesen ist. Die Form ist radikal reduziert, die Farbgebung monochrom Schwarz oder Weiß. In der Verschmelzung von Text und Skulptur gewinnt eine mehrdeutige Narration unmittelbare Präsenz – als imaginärer, und doch realer Erfahrungsraum, der sich mehr intuitiv denn logisch vermittelt, schelmisch, kryptisch und paradox.

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

Seilerstätte 7, 1010 Wien
Österreich

Iman Issa

Proxies, with a Life of Their Own

bis 26. März 2022

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