Im Porträt: Olaf Holzapfel
Der Berliner Künstler Olaf Holzapfel gewinnt den Zurich Art Prize 2024 und zeigt eine große Ausstellung im Haus Konstruktiv. Wir trafen ihn zum Gespräch.
In der Atelierecke liegt Stroh, Regale mit Katalogen und Fächern für Kunstwerke reichen bis unter die Decke, ein langer Tisch mit Computern zeugt von der Bürokratisierung der Künstlerarbeit. Im Nachbaratelier steht ein großes Strohbild an der Wand, ein weiteres entsteht gerade. Eine Assistentin von Olaf Holzapfel legt mit großer Akkuratesse und viel Ruhe Strohhalm neben Strohhalm. Sie schneidet, knickt, misst, legt, korrigiert, fixiert. Ganz zart zeichnet sich auf der großen Platte eine Unterzeichnung ab. Sie ist die Regieanweisung für das Strohbild.
Ähnlich arbeitet Olaf Holzapfel immer. Seine Bilder und Objekte entstehen nach Zeichnungen und in Zusammenarbeit mit Handwerkern oder anderen Künstlern. . Vor Idee, Zeichnung und Zusammenarbeit steht jedoch immer „die Beobachtung eines Phänomens“, sagt Olaf Holzapfel.
Denn Kunst sei für ihn ein „Erkenntnismedium“. Deshalb ist er auch nicht auf bestimmte Materialien oder Techniken festgelegt, arbeitet mit Stroh und Holz und Kaktusfasern oder fotografiert und filmt.
„Bei mir geht es nicht um eine bestimmte Ästhetik“, sagt Olaf Holzapfel, der eigentlich Maler ist. Malerei hat er zwischen 1996 und 2001 in Dresden studiert, nachdem er das fast beendete Architekturstudium abgebrochen hatte. Doch wie so oft sind die Umwege nicht umsonst. Im Architekturstudium habe er gelernt, dass der Architekt ein Bewusstsein für die Präsenz der Dinge habe, erzählt Holzapfel.
Dinge, von denen ich glaube, dass sie bisher noch niemand gemacht hat“, sagt Olaf Holzapfel. Es klingt kein bisschen arrogant, sondern eher nach der Beschreibung einer langanhaltenden Suche. Und in der Tat findet der Künstler Neues. Sowohl die Heu- und Strohbilder als auch das Spiel mit den Fachwerkkonstruktionen sind von ihm erdacht. Auch die gewebten Stoffe aus den Fasern des Chaguar-Kaktus wurden in dieser Größe zuvor nicht hergestellt.
Dass am Ende der Zusammenarbeit etwas anderes herauskommt, als er geplant hatte, sei für ihn wunderschön und total faszinierend.
Dass ihm wegen seiner Zusammenarbeit mit indigenen Weberinnen in Argentinien „Cultural Appropriation“, also kulturelle Vereinnahmung seiner Partner, unterstellt wird, hat ihn irritiert.
Jedes seiner Projekte ist lange vorbereitet, meist dauert es Jahre, bevor Olaf Holzapfel genug über ein Material und die Technik weiß und beginnen kann.
„Ich habe mich gefragt, wie ich Dinge machen kann, die die materielle Welt darstellen.“ Und so haben sich seine Arbeiten von der Leinwand entfernt, expandierten in den Raum und integrierten neue Materialien während sein Denken das eines Malers geblieben ist. „Ich komme vom Bild“, sagt Holzapfel, der alle seine Arbeiten weiterhin „in gewisser Weise als Malerei“ versteht.
Und so lässt sich auch eine Verbindung zu den gerade entstehenden Strohbildern ziehen. Holzapfel erklärt, dass für ihn jeder Strohhalm Träger von Informationen ist. Vereint ein Strohbild 10.000 Halme, ist es Träger von 10.000 Informationen. Dass seine Arbeiten mit Naturmaterialien irgendwie in die aktuellen Nachhaltigkeitsdiskussionen passen, war nicht sein Ziel. Es gehe darum, einfache materielle Dinge zu finden, die etwas Wichtiges repräsentieren. Und diese materiellen Dinge stehen für ihn ihm Gegensatz zu Texten, Worten, Diskursen über Kunst, die er im Kunstbetrieb als immer beherrschender empfindet. Und als immer Fremder, denn der Diskurs über Kunst steht im kompletten Gegensatz zu dem, was der Künstler will. Er wolle sich nicht ausdrücken, sondern sich ein Bild von der Welt machen.
Museum Haus Konstruktiv
Selnaustrasse 25, 8001 Zürich
Schweiz
Olaf Holzapfel
Der Mantel – Zurich Art Prize 2024
30. Mai bis 8. September 2024