Im Fokus: 5 Künstler aus der Ukraine

Während eine dramatische Schlagzeile von der nächsten abgelöst wird und sich die Kunstwelt zwischen Solidarität und Schockstarre Orientierung sucht, wollen wir uns einen Augenblick nehmen, um ukrainische Künstlerinnen und Künstler, die in Wien und darüber hinaus aktiv sind vorzustellen.


Die Ukraine rückt näher. Das Feuer brennt vor den Türen.

Nikita Kadan

Nikita Kadan

Die Aktion „Artists for Ukraine“ im Wiener MuseumsQuartier (täglich 18 bis 23 Uhr) versammelt unter den beiden Kuratoren Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer Künstler:innen aus der Ukraine, Belarus und Russland mit Statements auf der MQ Hauptfassade. Die ukrainischen Beiträge werden von Nikita Kadan koordiniert, der auch eigene Arbeiten zeigt. „Es handelt sich um Werke von Künstlern, von denen sich einige in einer Gefahrenzone aufhalten, andere sind erst kürzlich zu Flüchtlingen geworden, und wieder andere sind in verschiedenen Ländern an Aktionen zur Unterstützung der Ukraine aktiv. Ihre Arbeiten sind geprägt von acht Jahren Krieg in der Ukraine. Der Krieg, der vor sieben Tagen einen Schritt in Richtung einer direkten Invasion Russlands gemacht hat. Dies sind Werke von Zeitzeug:innen. Es ist politische Kunst ohne Sicherheitsabstand, die aber trotzdem in der Lage ist, die Komplexität der ukrainischen Wirklichkeit zu untersuchen und zu reflektieren. Die Ukraine rückt näher. Das Feuer brennt vor den Türen“, so Kadan.

Der in Kiew lebende Künstler, der eben da 2007 seinen Abschluss an der Nationalen Akademie der Bildenden Künste machte, ist wiederholt aktivistisch tätig. Unter anderem ist er Teil der Künstlergruppe REP (Revolutionary Experimental Space) und Gründungsmitglied des kuratorischen und aktivistischen Kollektivs Hudrada.

Nikita Kadan

Artists for Ukraine, zu sehen ist eine Arbeit von Nikita Kadan © eSeL.at – Lorenz Seidler


Aljoscha

1974 als Aleksey Alekseevich Potupin in Glukhov in der Ukraine geboren, lebt Aljoscha seit 2003 in Düsseldorf und wird dort durch die Galerie Beck & Eggeling vertreten, die den Künstler auch schon in Wien präsentierte. Lebensformen und Lebewesen stehen im Zentrum der Zeichnungen, Skulpturen und Installationen Aljoschas. Filigrane Acrylobjekte, die zwischen Malerei und Skulptur wandeln und biomorphen Charakter haben, waren etwa bereits im Rahmen von Curated by im Projektraum Viktor Bucher zu sehen. „Ich betrachte die Kunst als eine der höchsten humanen Tätigkeiten. Sie stellt für mich eine Philosophie dar, vielleicht sogar eine Religion. In diesem Sinne versuche ich eine ästhetische Utopie zu schaffen“, zitiert Beck & Eggeling den Künstler. Von 23. März bis 4. April 2022 reiste Aljoscha in die Ukraine um seine "Bioismen" als symbolische Hoffnungsträger in 14 ukrainischen Kinderbetreuungseinrichtungen sowie neurologischen und pflegerischen Einrichtungen zu installieren. "Sie wurden durch Minenfelder, Verhöre und Hunderte von Kontrollpunkten gebracht und geben den Lehrern und Schülern, den Kranken und Müden, die auf das Ende von Hausunterricht und Luftalarm, auf das Ende von Bombardierungen, sinnloser Gewalt und Grausamkeit, auf das Ende des schändlichen Krieges warten, ein Licht der Hoffnung", erklärt der Künstler.

Aljoscha

Aljoscha, Object 160, 2011, 9 x 17 x 11 cm, Polymethylacrylat, Acryl, Öl, Ausgestellt 2020 anlässl. curated by HYBRIDS, Courtesy Projektraum Viktor Bucher


Mykola Ridnyi

Das Jahr hat für Mykola Ridnyi in Wien begonnen. Der 1985 in Charkiw geborene Künstler, der mittlerweile in Kiew lebt, war als Artist-in-Residence im Q21 zu Gast. Der Videokünstler und Essayist beschäftigt sich schon lange mit dem künstlerischen Aufbruch und der gebrochenen Beziehung zwischen Russland und der Ukraine. Gemeinsam mit anderen Künstlern ist er in der „SOSka Group“ aktiv. Sein Werk ist politisch und hochaktuell im Fokus steht die kritische Auseinandersetzung mit den soziopolitischen Kontexten des postsowjetischen Umfelds. „Die Reflexion sozialer und politischer Realität zeigt den Kontrast von Zerbrechlichkeit und Unverwüstlichkeit der individuellen und kollektiven Geschichten auf“, so schrieb die Villa Massimo äußerst trefflich zum Werk von Mykola Ridnyi – doch diese Beschreibung gilt wohl auch im größeren Sinne für diese Zeit.

Mykola Ridnyi

Artists for Ukraine, Mykola Ridnyi, Seaside, 2008 © eSeL.at – Lorenz Seidler


Elena Kristofor

Gerade stellte Elena Kristofor gemeinsam mit Laura Sperl im T/abor aus. Die Ausstellung „people cannot see well in fog“ brachte fotografische und filmische Experimente im Nebel, aufgenommen im Wald, hervor. Für die in Odessa in der Ukraine geborene Künstlerin hat der Wald eine mystische und ungewohnte Atmosphäre, ist sie doch die unendliche Weite ihrer Heimat gewohnt. Immer wieder wagt sie sich gemeinsam mit Laura Sperl, mit der sie Fotografie an der Akademie der bildenden Künste Wien studierte, in die österreichischen Wälder. Dabei ertastet das Duo nicht nur die Ränder der Fotografie und die Räume zwischen Schärfe und Unschärfe, sondern auch die eigenen Körpergrenzen und wie sie sich in Bezug zu ihrem Umraum setzen.

Elena Kristofor

© Elena Kristofor und Laura Sperl


Volo Bevza

Wie rasch sich ein Alltag ändern kann, das führen die Berichte der Galerie Crone über ihren ukrainischen Künstler Volo Bevza tragisch vor Augen. Anstatt im Atelier an seinen – sehr sehenswerten – Malereien zu arbeitet, baut Volo Bevza seit Wochen gemeinsam mit anderen Künstlern sogenannte Antitankbarrieren, um die zivilen Territorialverteidigungseinheiten zu unterstützen und Lviv zu schützen. Bevza, den die Galerie bereits auf mehreren Messen zeigte, wurde 1993 in Vyshneve in der Ukraine geboren und stellt regelmäßig in Berlin aus, wo er auch studierte. Sein malerisches Werk ist von einer markanten Handschrift geprägt und das, obwohl die Arbeiten den individuellen Pinselstrich hintanstellen und stattdessen digitale Ästhetiken einbinden.

Volo Bevza

Volo Bevza, 2020, oil on canvas, Courtesy Galerie Crone

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