Ideen Karusselle: Riepler und Zipp in der Galerie Krinzinger

Kafka und Dante – Riepler und Zipp. In der Galerie Krinzinger werden aktuell zwei Ausstellungen gezeigt, die auf weltliterarischen Pfaden wandeln und dabei hochaktueller nicht sein könnten.


Es ist schon eine Leistung das Kafkaeske gepaart mit Sisyphos Mühen körperlich erfahrbarzumachen. Umso großartiger, wenn dabei ein unterhaltsamer Ausstellungsbesuch und kein qualvolles Verwirrspiel entsteht. Kafkas „Das Schloss“ und „Der Mythos des Sisyphos“ von Albert Camus sind die beiden literarischen Ausgangspunkte für die aktuelle Soloschau „in circles“ von Linus Riepler in der Galerie Krinzinger. Hier entführt Riepler abermals in seine verschachtelten, interaktiven Welten, die immer wieder Ideen von Intimität anstoßen. Vorausgesetzt man lässt sich auf die besonderen Architekturen ein und tut sie nicht mit einem raschen Blick ab – das verlangen die Präsentationen Rieplers kompromisslos. Und wem es gelingt in Beziehung zu treten, dem bieten diese Komplexitätsräume genauso zahlreiche Interpretationen wie schon die literarischen Vorbilder. Riepler ist den Ursprungstexten gegenüber aber klar im Vorteil, denn er bleibt spielerisch und humorvoll.

Diesmal geht es nicht um meine persönlichen Erinnerungen, sondern ich wollte die Erzählung ausborgen.

Linus Riepler

„Diesmal geht es nicht um meine persönlichen Erinnerungen, sondern ich wollte die Erzählung ausborgen“, erklärt der Künstler beim Ausstellungsrundgang mit PARNASS. Dass Linus Riepler Camus lesen solle, bekam er von einer AI, die er mit seinen Fragen zur aktuellen Zeit und Gesellschaft fütterte, beauftragt. Man müsse das Absurde anerkennen und hinnehmen, schreibt Camus und überzeugt Linus Riepler damit aber nicht ganz.

 

Ausstellungsansicht, Linus Riepler, courtesy Galerie Krinzinger and the artist, photo Carmen Alber

Denn nein, man müsse ja doch immer weitersuchen und forschen, könnte nicht einfach hinnehmen, sondern, müsse – wie in den Erlebniskästen des Künstlers – selbst an den Fäden ziehen. Hier darf man sich als Besucher:in auf einiges freuen: Wer die Galerie Krinzinger besucht, wird mit einem vielschichtigen Bühnenapparat, Modellzeichnungen mit Rahmen aus der Hand des Künstlers und mehreren kleinen Objekten belohnt. Die „Kartenhäuser“ sind ein neuer Coup von Riepler – kleine Platten zum Dreieck gestapelt die „Materialsammlungen“, wie Tagebüchlein aus dem Prozess, enthalten. Zurückhaltend, tiefschichtig, sehenswert. Riepler vermag es kindliche Faszinationen zu wecken, neugierig auf Details zu machen. Mehr in Objekten zu erkennen, als Konsum, Gier, Konkurrenz könnte eine der Ideen der Schau sein. So scheint es zumindest im Stop-Motion Kurzfilm der Ausstellung in dem die Dinge den Hauptdarsteller wortwörtlich zumüllen und seinen Kopf schwer wie Stein werden lassen – da können dann auch keine Sisyphos Kräfte mehr helfen.  

Ausstellungsansicht, Linus Riepler, courtesy Galerie Krinzinger and the artist, photo Carmen Alber

Thomas Zipp

Nebenan ein anderer Künstler, der versucht der (Literatur-)Geschichte Herr zu werden. Thomas Zipp wirbelt durch Guy Debords „Gesellschaft des Spektakels“ mit Seitenblicken auf Dante Alighieris Göttlicher Komödie. Um beides zu untermalen, baut er übergroße Carrera Rennbahnen in den Ausstellungsraum und jagt kleine Autos durch das Hamsterrad in dessen Mitte kühle Aufenthalts- und Büromöbel gleichsam Nähe und Distanz vermitteln. Rundum Malerei, Collagen und Objekte. Sie alle sinnen grotesken Momenten der Geschichte nach. Wussten Sie, dass man dem Spektakel der Atomwaffentests als Zuschauer beiwohnen konnte? Zur Verkürzung der Wartezeit gab es auch noch Tänzerinnen obendrauf. So wurde auch am Vernissagen-Abend performt. Eine Flasche Lachgas steht noch immer bereit für alle, die sich trauen. Tragisch komisch und mit scharfem Biss kommentieren Zipps Arbeiten die Missstände unserer Gesellschaft, die sich weder seit Dante noch seit Debord großer Sprünge stolz zeigen kann.

Ausstellungsansicht, Thomas Zip, courtesy Galerie Krinzinger and the artist, photo Carmen Alber

Galerie Krinzinger

Seilerstätte 16, 1010 Wien
Österreich

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