Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist belastet. Mit einer breit angelegten Mitgliederausstellung regt das Künstlerhaus zum Umdenken an und will unter anderem durch CO2-Reduktion bei der Umsetzung vom Zeigen zum Handeln kommen.


Eine Skulptur aus Metallgewebe schwebt mit scheinbarer Leichtigkeit gleich im ersten Raum: Als ständig in Bewegung befindliche Wolke ist Christine Schörkhubers filigrane Objektinstallation „Gefüge/Cloud III“ ein Beispiel dafür, dass es bei „Human_Nature“ um Sinnlichkeit gehen soll. Die Kuratorinnen Maria Christine Holter und Julia Hartmann haben 30 Positionen von Mitgliedern der Künstlerhaus Vereinigung ausgewählt und diese so arrangiert, dass ein raumübergreifender Dialog zwischen den Arbeiten und „ein sinnliches Narrativ“ entsteht, so Holter. Ihr Thema ist allerdings über die Kunst hinaus ein aktuell sehr drängendes: „die Brücke zwischen Mensch und Natur, die noch immer da ist, auch wenn diese Beziehung sehr belastet ist,“ so Holter.

Die Brücke zwischen Mensch und Natur, die noch immer da ist, auch wenn diese Beziehung sehr belastet ist.

Maria Christine Holter

Brückenschlagen ist ein Grundgedanke der Ausstellung. Das markiert bereits der Unterstrich im Titel und es zeigt sich an den Werken, die unterschiedliche Medien und Ansätze Künstlern zusammenbringen. Denise Schellmanns Zeichnungen mikroskopischer Beobachtungen treffen etwa auf Michaela Bruckmüllers Fotografien von Baumpilzen und begegnen einer Video- und Sound-Installation von noid, der auf dem Cello Nachtigallrufe interpretierte. Der Fokus liegt auf Wind, Wasser und Wetter ebenso wie auf Mikroorganismen, Naturmaterialien und Zukunftsentwürfen. Wie wir Natur heute oft künstlich über digitale Medien wahrnehmen, befragt David Merans interaktive Installation zum Hashtag Waldbaden. Unter den künstlerischen Positionen finden sich wenige Neuproduktionen. Das hat nicht nur einen thematischen Grund: Die Schau beschäftigt sich auch in der praktischen Umsetzung mit Nachhaltigkeit. „Wir haben versucht, so CO2-neutral wie möglich zu arbeiten“, schildert Hartmann. Die Ausstellungsarchitektur sei reduziert worden, außerdem habe man den Wunsch kommuniziert, dass bei der Kunstproduktion nur kurze Transportwege anfallen – oder eben bereits Vorhandenes gewählt wird.

Es ist ein großer Wunsch von uns, dass man sich bewusster wird, was nachhaltig Handeln bedeutet.

Julia Hartmann

So will man ein Best-Practice-Projekt dafür sein, dass auch der Kunstbetrieb, seine Institutionen und kuratorisches Arbeiten trotz hohen Energieverbrauchs der Gebäude und Internationalität der Kunstwelt umwelt- und klimafreundlich sein können, ja wegen möglicher Vorbildwirkung sein sollten. „Es ist ein großer Wunsch von uns, dass man sich bewusster wird, was nachhaltig Handeln bedeutet“, sagt Hartman. Für das Bewusstmachen wählten sie Wege, die über die Werke hinausgehen: Performances bei Führungen, Gespräche oder Filme sowie Hands-On-Möglichkeiten für mehr Partizipation und Einblicke in Forschungsbereiche. Ein Aktionstag im September, bei dem Scientists und Artists for Future sowie Global 2000 eingeladen sind, öffnet das Haus für Aktivismus. Nicht ins historische Haus kommen durften lebende Organismen, erzählen die Kuratorinnen. Sie möchten mit Satellitenausstellungen in Independent Spaces die Ausstellung selbst wie ein Pilzmyzel wachsen lassen. Mit der Hoffnung, dass der Impuls, nachhaltiger zu agieren, nach außen wirksam wird.

Christine Schörkhuber, Gefüge/Cloud III, 2023 Installation, Metallgewebe, Elektronik, Motoren, Nylonschnur, ca. 9 m Foto: Arnold Haberl

Denise Schellmann, Spuren der Unsichtbaren, 2017/2023 Aufnahme eines Wasserflohs im Lichtmikroskop, Lacerta, 400-fache Vergrößerung

Romana Hagyo, Silke Maier-Gamauf, Hering und die Fluse, 2021 © Bildrecht

Romana Hagyo / Silke Maier-Gamauf, (Un-)Doing Nature, (Un-)Doing Gender, 2021/22 Fotografie, C-Print auf Aludibond, 80 x 115 cm © Hagyo & Maier-Gamauf/Bildrecht

Künstlerhaus

Karlsplatz 5, 1010 Wien
Österreich

Das könnte Sie auch interessieren