„Hexen“ in der Kunsthalle Tirol im Innsbrucker Taxispalais

Nina Tabassomi, soeben um weitere fünf Jahre bestellte Leiterin der Kunsthalle Tirol im Innsbrucker Taxispalais, ist ohne jeden Zweifel eine kluge Frau. Ob sie eine wahnsinnig gute Ausstellungsmacherin ist, ist dagegen die Frage.


Hat sie es doch geschafft, in den vier Jahren, seit sie den wichtigen, mit nicht wenig Landes-Kulturgeld finanzierten Tiroler Kunstort leitet, dessen nicht zuletzt auf die Ära von Silvia Eiblmayr zurückgehendes international ausstrahlendes Renommee zu vergeigen beziehungsweise seine treuen „Stammgäste“ zu vertreiben. Durch – meist – an einem Thema aufgehängte mehrteilige Ausstellungen, die oft sehr bemüht daherkommen, bestückt mit Arbeiten, die qualitativ zum Teil eines Orts wie diesem nicht würdig sind. Oder einfach nur das gestellte Thema zu verfehlen scheinen.

Ein Eindruck, der sich spontan auch bei der aktuellen Schau stellt, in der es um „Hexen“ geht. Beziehungsweise dem Prinzip des Hexischen, jenen Unterdrückungsmechanismen der Macht, die sich prinzipiell seit der Zeit der Hexenverfolgung im 16. und 17. Jahrhundert bis heute nicht wirklich geändert haben. Was die Schau mit den unterschiedlichsten Mitteln der Kunst vorführen soll. Ein löbliches Unterfangen, das allerdings nur sehr eingeschränkt funktioniert. Jedenfalls nicht ohne viel soziologisches und historisches Hintergrundwissen. Das Booklet, das dem Ausstellungsbesucher mit auf den Weg gegeben wird, kann dies nur sehr eingeschränkt ausgleichen.

Und so bleibt man doch sehr allein mit Objekten, die nur teilweise die Potenz haben, nonverbal zu berühren. Wie die Performance-Fotografien der großartigen Esther Strauß, die lebensgroß und nackt auf dem Grab ihres Großvaters stehend mit diesem förmlich zu verwachsen scheint. Oder die zwei Fotoarbeiten, auf denen sie Gebeine eines ihr unbekannten Menschen wie ein Baby zärtlich in den Armen wiegt. Ganz große Fragen tun sich da auf, die nach unserem Woher und Wohin, die, was das alles mit Hexen zu tun haben soll, stellt sich da gar nicht.

Esther Strauß, Opa, 2015 Performance-Fotografie Pigmentdruck, gerahmt 167 x 111 cm, Courtesy die Künstlerin, Foto: Günter Kresser

Um die Konstrukte der Macht, die im späten Mittelalter beziehungsweise in der beginnenden Neuzeit prinzipiell nicht viel anders sind als heute, geht es in den raumfüllenden Installationen der Iranerin Neda Saeedi. Etwa in ihrem einem Sitz im EU-Parlament nachgebauten „Thron“ mit ausgestorbenen Pflanzen nachgebildeten „Wurzeln“, die Bürstenköpfe von Flächenreinigern sind. In eine „Hexenküche“ haben dagegen Angela Anderson & Ana Hoffner ex-Prvulovic* die Hofhalle der Taxisgalerie verwandelt. Um etwa die Frage, wie die ökonomischen und ideologischen Infrastrukturen der historischen Hexenjagd bis heute nachhallen können, unter anderem anhand der Problematik der Erntehelfer*innen aufzuwerfen. Fast amüsant unterhaltlich geht es im Gegensatz dazu in Pauline Curnier Jardins Video „Qu’un sang impur“ zu. Wo Hexen einer sehr speziellen Art die Hauptrollen spielen. Die weder in die Kategorie Sexy Hexy noch in die der „schiachen alten“ Hexe aus dem Märchen passen, sondern nach jungem männlichem Fleisch lüsterne Ladies jenseits der Menopause sind, die mordend in Strömen zu menstruieren beginnen.

Neda Saeedi, Ezekiel dreams beyond repair, 2021 Multimedia-Installation In Auftrag gegeben von TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol für HEXEN, Courtesy die Künstlerin, Foto: Günter Kresser

TAXISPALAIS Kunsthalle Tirol

Maria-Theresien-Straße 45, 6020 Innsbruck
Österreich

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