Ashley Hans Scheirl, Goldfinger, 2019, Acryl und Öl auf Leinwand, 160 x 240 cm & Ashley Hans Scheirl, Fist, 2018, bedruckte Folie auf Alu-DiBond aufkaschiert, 320 x 107 cm | Courtesy Galerie Crone Wien, Fotograf: Matthias Bildstein

Die ersten Galleryshows des Jahres sind eröffnet. Am Donnerstagabend bestachen die Räume der Eschenbachgasse nicht nur mit einem qualitätvollen Programm, das unterschiedlicher kaum hätte ausfallen können, sondern sie scheinen auch in Sachen Besucherandrang Rekorde zu schlagen.


Einer kommt raus, einer darf hinein. Nein, das ist keine Performance von Gelatin. Das ist eine ganz reguläre Vernissage bei Meyer Kainer. Unter dem Titel „Beyond hard“ versammelt die die Künstlergruppe titellose Skulpturen, die vor allem in ihren Rändern und Umrissen faszinieren – die Styropor Sockel etwa auf denen die Spiegelwesen aus Gips stehen, ziehen ebenso an, wie die brüchigen Wände die Kulisse für die aneinander-geschmolzenen Hinterköpfe der – sind es Archetypen oder doch nur Gesichtslose? – stellen.


Ashley Hans Scheirl bei CRONE

Großer Andrang und große Gesten auch bei CRONE. Ashley Hans Scheirl zeigt die erste Einzelausstellung in der Wiener Galerie und bringt hierzu nicht nur Malerei und Skulptur zusammen sondern spielt mit Ausstellungsdisplays und eignet sich kurzerhand den ganzen Raum an – eine „Traumlandschaft, in der Sexualität und Begierde, Ökonomie und Gier zu einer Einheit verschmelzen“, so der Ausstellungstext.

Und tatsächlich nimmt einen der halb purpurne Raum schon mit dem Betreten mit in die Welt der Künstlerin.

Paula Watzl

 

Gelitin, beyond hard, 2019, Ausstellungsansicht, Galerie Meyer Kainer | Courtesy: Galerie Meyer Kainer, Wien / Fotos: Marcel Koehler

Gelitin, beyond hard, 2019, Ausstellungsansicht, Galerie Meyer Kainer | Courtesy: Galerie Meyer Kainer, Wien / Fotos: Marcel Koehler

Und tatsächlich nimmt einen der halb purpurne Raum schon mit dem Betreten mit in die Welt der Künstlerin. Das Blow-Up einer Leinwand als große Wandtapete, daneben kleinere Arbeiten, die nun fast filigran wirken und dann auch noch ein mitreißendes filmisches Werk – ein Ausschnitt der Arbeit "Flaming Ears" von 1991.

Einen ganz anderen Zugang zur Malerei präsentiert Theresa Eipeldauer in der Galerie Krobath.

Es ist vielleicht weniger ein Traum in den man stolpert, sondern eine Version von Realität, die nun überzeugt, weil man dem Werk Ashley Hans Scheirls so nah kommt wie selten – und plötzlich glaubt, man könnte dessen ganze Komplexität, zumindest für den Moment des Ausstellungsbesuchs, im Ansatz verstehen.

Ashley Hans Scheirl im Gespräch | Wandinstallation: Neoliberal Surrealist, 2019 Acryl auf Leinwand, 180 x 240 cm | Courtesy Galerie Crone Wien, Fotograf: Matthias Bildstein

Ashley Hans Scheirl im Gespräch | Wandinstallation: Neoliberal Surrealist, 2019 Acryl auf Leinwand, 180 x 240 cm | Courtesy Galerie Crone Wien, Fotograf: Matthias Bildstein


Theresa Eipeldauer in der Galerie Krobath

Einen ganz anderen Zugang zur Malerei präsentiert Theresa Eipeldauer in der Galerie Krobath. Vor dem Hintergrund der Druckgrafik mit der sich die junge Künstlerin in einem Lithographiestudium in Paris befasste, fußen die in der ersten Einzelausstellung in der Galerie gezeigten Arbeiten auf Zeichnungen. Diese werden gescannt, am Computer transformiert und mittels Siebdruck auf den händisch grundierten Träger übertragen.

Gezeigt werden klar strukturierte Arbeiten, die trotz aller Präzision immer auch spielerische Momente zulassen.

Paula Watzl über Theresa Eipeldauer

Der Ausstellungstitel „A / O / I“ steht für „arrangement of incidents“ – Eipeldauers Prinzip der Bildkomposition. Gezeigt werden klar strukturierte Arbeiten, die trotz aller Präzision immer auch spielerische Momente zulassen. Gerade in dieser Gleichzeitigkeit von Widersprüchlichem liegt vielleicht die Stärke Eipeldauers. Eine sehenswerte Art Wiederentdeckung stellen auch die Arbeiten von Rosa Hausleithner, die im hinteren Annex der Galerie gezeigt werden dar. Die ehemalige Gironcoli-Schülerin zeigt in der aussgestellen Serie die für sie charakteristische Durchbildung des Raumbegriffs hin zur abstrakten Flächenstruktur. Weitaus interessanter allerdings sind jene Arbeiten in der sie diese mit politischen Statements kombiniert – zu sehen auf Nachfrage bei den Galeristen.

Theresa Eipeldauer, attendsmachine II, 2019, Acryl auf Leinwand, Unikat Siebdruck / acrylic on canvas, unique screenprint, 150 x 110 cm | Courtesy: Theresa Eipeldauer und Krobath Wien, Foto: Rudolf Strobl

Theresa Eipeldauer, attendsmachine II, 2019, Acryl auf Leinwand, Unikat Siebdruck, 150 x 110 cm | Courtesy: Theresa Eipeldauer und Krobath Wien, Foto: Rudolf Strobl


Galerie Martin Janda und Galerie Steinek

Nebenan: Mladen Stilinović in der Galerie Martin Janda. Über das am Boden geklebte Frauenlächeln eines Models hinweg betritt man eine Rundumschau des 2016 verstorbenen postkonzeptuellen Künstlers. Collagen, Fotoserien sowie Filme aus den 1970er Jahren vermitteln kohärent die „New Art Practice“ Jugoslawiens, für die Stilinović vertretend steht.

Gesellschaftskritisch auch die Gruppenschau „Literal“ der Galerie Steinek. Die mit großen Namen auf sich Aufmerksam macht: Robert Barry, Julius Deutschbauer, Monika Piorkowska, Jana Sterbak, Peter Weibel und Lawrence Weiner, dann aber leider nur eine kleine Auswahl zeigt, gerade wenn man Lust auf mehr bekommen hätte.


Sarah Lehnerer bei EXILE

EXILE zeigt hingegen nur eine Position. Die ist aber mehrdimensional. Die 1987 geborene und in Berlin und München lebende Sarah Lehnerer befragt in der Soloshow "tropes and limbs" nicht nur das prozesshafte unserer Existenz, sondern auch die hinzugezogenen Parameter Reproduktion und Umstand. Schematisch und multimedial bleibt sie indirekt und stellt den Fokus auf den Umriss der Dinge.

Und mittels der Linie des Umrisses lässt sich auch alles zusammenführen und in verbindende Kontexte stellen. So bat die Künstlerin, quasi in Erweiterung der Ausstellung, später am Abend zur Performance von Bernhard Rappold und Felix Leon Westner ins Mauve.

Mladen Stilinović: Smiles kuratiert von Branka Stipančić, Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, Wien | Foto: Anna Konrath / Courtesy Galerie Martin Janda, Wien

Mladen Stilinović: Smiles kuratiert von Branka Stipančić, Ausstellungsansicht, Galerie Martin Janda, Wien | Foto: Anna Konrath / Courtesy Galerie Martin Janda, Wien


Beyond Eschenbachgasse

Doch nicht nur in der Eschenbachgasse fanden am 17. Jänner Vernissagen statt. Die Galerie Hubert Winter eröffnete zeitgleich eine Personale von Birgit Jürgenssen, die zwischen Fotografie und Zeichnung einen neuen Zugang zum tiefschürfenden Werk der 2003 verstorbenen Künstlerin ermöglicht. Erstmals wird die Werkserie der genähten Leinwände gezeigt und mit ihnen das Gedankenspiel auf die Variablen Dimension und Reduktion, Schärfe und Unschärfe, Verletzung und Heilung konzentriert.

Bereits einige Tage eher eröffnete die Galerie Reinthaler ihre Auftaktshow 2019. "Über den Umgang mit Menschen" heißt es bei Deborah Sengl. Pointierte Zeichnungen und grafische Zitate gehen der Fehlinterpretation der Ideen von Adolph Freiherr Knigge nach und belegen, dass die Begriffe "Etikette" und "Haltung" nur bedingt synonym eingesetzt werden können.

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