Gallery Diary - Galerie nächst St. Stephan | Daniel Knorr

Das Werk des documenta- und Biennale-Teilnehmers Daniel Knorr ist so umfangreich wie inhaltlich vielseitig. Seine installativ-skulpturalen Arbeiten, Fotografien, Performances sowie Projekte im öffentlichen Raum beschäftigen sich mit gesellschaftspolitischen und sozialen Fragestellungen, die bis in die Bereiche der Biopolitik und des Kunstsystems selbst führen.


Die vierte Einzelausstellung von Daniel Knorr in der Galerie zeigt drei Werkgruppen, die aus der Serie Depression Elevations heraus entwickelt wurden. Die Canvas Sculptures verzichten gleichfalls auf einen klassischen Bildträger. Im Entstehungsprozess der Wandobjekte nutzt Knorr eine spezielle Technik und löst damit die Malerei von ihrem Untergrund, der Leinwand, ab. Das Material macht es möglich, die Arbeiten frei im Raum zu formen und zu falten. Die Neuinterpretation der Moderne findet sich in leuchtenden Farben auf den glatten Oberflächen der Wandobjekte. Die Werkserie Depression Elevations Berlin Wall Nuggets entwickelte Knorr 2020 und hält damit die Spuren der Berliner Mauer und ihre Umgebung fest. Entlang jener Straßenzüge und Stellen, die von dem Bauwerk des Kalten Kriegs durchzogen und gleichzeitig von ihm markiert waren, entnahm der Künstler Formen kleiner Vertiefungen und goss diese im Studio ab.

Ausstellungsansicht Daniel Knorr, Canvas Sculptures © Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Foto: Markus Wörgötter

Es entstanden bunte, kleinformatige Objekte aus Kunstharz, die entfernt an die sogenannten Berliner Mauerstücke erinnern. Daniel Knorr, der in seinen Werken häufig gesellschaftspolitische Belange befragt, reagiert auf die Geschichte der Stadt, die gleichzeitig ein Symbol für einen jahrzehntelangen globalen Konflikt war. Durch seine Umsetzung führt er ursprünglich voneinander Getrenntes in einer materiellen Form wieder zusammen, die physisch begreifbar und gleichzeitig überraschend sensuell ist. Drippings, eine ebenfalls in diesem Jahr entstandene Serie, kehrt die Arbeitsweise der Depression Elevations um. Knorr ging nicht von einer Vertiefung, sondern von der glatten Oberfläche einer Glasplatte aus. Die farbigen Flüssigkeiten nehmen den Lauf der Bewegung der Glasplatte an, um schließlich abzutropfen und eine Landschaft von Tropfablagerungen, ähnlich einer Stalagmiten Minilandschaft, zu bilden.

Ausstellungsansicht Daniel Knorr, Canvas Sculptures © Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Foto: Markus Wörgötter

Die kreisförmigen Arbeiten muten an Zellen, biologische Strukturen oder farbige Kugelfische an. Hinter der industriellen Oberfläche, gleichsam auf der Rückseite der Arbeit, entstehen Gebilde und Strukturen, die eine für uns noch fremde, in sich zusammenwachsende Welt darstellen. Die Wahrnehmung dieser Werke erinnert an wissenschaftliche Forschungsprojekte: man entdeckt neue Formen, Strukturen und Zusammenhänge, die vor dem Betrachter in ihrem Mikrokosmos hermetisch abgeschlossen sind.


DANIEL KNORR,1968 in Bukarest geboren, lebt und arbeitet in Berlin und Hongkong. 2017 war Knorr Teilnehmer der documenta 14 in Kassel und Athen und vertrat 2005 Rumänien auf der 51. Biennale Venedig.

Galerie Nächst - St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder

Grünangergasse 1, 1010 Wien
Österreich

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