Gallery Diary - Galerie Kandlhofer| Maximilian Prüfer

Galerie Kandlhofer freut sich Ihnen die neue Solo-Ausstellung „Inwelt“ des Künstlers Maximilian Prüfer präsentieren zu dürfen. Prüfers Arbeitsmethode besteht vorwiegend aus der Erforschung von natürlichen Prozessen und deren künstlerischer Aufarbeitung. Dabei untersucht Prüfer eine Reihe von existenziellen, philosophischen und politischen Themen, wie Evolution, Manipulation des natürlichen Ökosystems durch den Menschen und seine Interdependenz mit diesem, entgegen dem kulturellen Paradigma der Trennung des Menschen von der Natur.


Der Fokus seiner Werke liegt auf der Darstellung der Verhaltensmuster der Ameisen, ihrer kollektiven Intelligenz und deren Beziehung zur Gesellschaft und zum menschlichen Instinkt. „Inwelt“ basiert auf Prüfers Interesse für das Konzept der kollektiven Intelligenz und der Erforschung der Parallelen zwischen den Verhaltensweisen von Menschen und Ameisen. Prüfer ist der Ansicht, dass das kollektive Verhalten der Menschen durch eine ähnliche Art von Schwarmintelligenz geprägt ist, wie jenes der Ameisen. Dies lässt sich vor allem durch unser politisches und soziales Denken erkennen. Auch bei vielen biologischen Aspekten können Parallelen zwischen Menschen und Ameisen festgestellt werden. Beispielsweise werden sowohl Menschen als auch Ameisen von hormonellen Duftstoffen geleitet. Zusätzlich wird menschliches Verhalten auch durch psychologische Effekte beeinflusst, insbesondere durch die Weitergabe von Wissen und Konventionen, welche unsere Realität und unsere Vorstellung von Wahrheit prägen. Dennoch wird durch die polarisierende politische Landschaft der heutigen Zeit ersichtlich, dass oftmals das kollektive Denken und die damit verbundene Realitätswahrnehmung getäuscht werden. Mittels seiner Werke möchte Prüfer das Bewusstsein über unsere kollektive Intelligenz stärken, auf die damit verbundenen Konsequenzen aufmerksam machen und den Diskurs über soziale Entwicklungen und deren Folgen forcieren

Prüfer erforscht diese Themen überwiegend durch seine einzigartige Aufnahmetechnik, in der die Bewegungen und das Verhalten von Insekten aufgezeichnet werden. Die Technik benannte er „Naturantypie“. Bei dieser Methode wird eine dünne Beschichtung auf dem Papier durch die Bewegungen der Ameisen verdrängt, wodurch eine Ästhetik innerhalb seiner Werke entsteht, die jene herkömmlicher Zeichnungen erweitert und völlig unabhängig von traditionellen Utensilien entsteht. Innerhalb der Ausstellung „Inwelt“ liegt Prüfers Fokus vor allem auf den Bewegungen der Ameisen. Durch das Platzieren von Honigtöpfen werden die Ameisen angeregt nach Nahrung zu suchen und hinterlassen dadurch harmonische Spuren auf der Oberfläche des Papiers. Die Honigtöpfe werden beispielsweise auf Höhe der Augen, der Schultern und der Nase des davorstehenden Künstlers am Blatt angeordnet, sodass durch die Spuren der Ameisen das Abbild eines Nervensystems entsteht. Folgend wird das Papier ins Freie gelegt und die Ameisen werden darauf bis zu einem Monat belassen. Dadurch werden die Ameisenspuren und ihre zunehmende Verschmelzung ersichtlich. Durch den Überlebenstrieb und der damit verbundenen Nahrungssuche aller Ameisen entstehen aus anfänglich erratischen Bewegungen homogene Bewegungsmuster.

Ausstellungsansicht © Maximilian Prüfer

Die entstehenden Muster sind stark wetterabhängig, wobei insbesondere die Faktoren Temperatur und die Sonneneinstrahlung erhebliche Auswirkungen auf das Verhalten der Ameisen haben. Gleichzeitig wird dieser instinktive Prozess vom Künstler geleitet, da die Insekten aus ihrem natürlichen Umfeld entnommen und durch die Platzierung der Honigtöpfe gesteuert werden. So kommt es durch die externen Faktoren Wetter und dem menschlichen Eingriff zu keinem unbewussten Entscheidungsfindungsprozess. Dennoch verkörpern die Werke einen evolutionären Prozess, der über Generationen weitergeführt und adaptiert wird. Für Prüfer symbolisiert diese visuelle Darstellung der evolutionären Anpassung die ontologische Verletzlichkeit und Hartnäckigkeit der Menschen. Dadurch wird das unbewusste Verhalten der Menschen mit Hilfe der Tierwelt visualisiert.

Darüber hinaus haben viele historische, wissenschaftliche Erkenntnisse über das Verhalten von Ameisen nahegelegt, dass die Ameisen den kürzesten und ökonomischsten Weg zum Futter finden. Basierend auf den sich überlappenden Spuren ist zwar nicht unbedingt das wirtschaftlichste, aber ein homogenes Bewegungsmuster zu erkennen.

Ausstellungsansicht © Maximilian Prüfer

Dieses Phänomen kann auch bei menschlichen Verhaltensweisen beobachtet werden. Diesbezüglich stellt Prüfer neben den “Naturantypie”-Werken auch Bilder von Waldwegen aus, die von Menschen geschaffen wurden, wie beispielsweise im Werk „Selbstportrait“ ersichtlich ist. So ist im Diptychon „Selbstportrait“ eine Spur zu sehen, welche durch das wiederkehrende Betreten von Passanten im Verlauf der Zeit verfestigt wurde. Gegenüber, von der Decke der Ausstellung hängend, befindet sich Prüfers Installation mit dem Titel "Ants on Body Scale", bestehend aus drei Glaskugeln, in denen lebende Ameisen ihr Nest und ein nachhaltiges Ökosystem bilden, wodurch der Betrachter in Echtzeit Zeuge ihrer gemeinschaftlichen Aktionen und Verhaltensweisen werden kann. Neben diesen Arbeiten wird Prüfer innerhalb der Ausstellung „Inwelt“ ein partizipatorisches Werk mit dem Titel "How much sand?" ausstellen. Dieses Projekt wurde entwickelt, um die kollektive Intelligenz der Menschen zu erforschen. Dadurch wird die mathematische und soziologische Theorie „wisdom of the crowd“ überprüft. Aristoteles ist der erste Forscher, der diesen Begriff in seinem Werk Politics erwähnte:

Ausstellungsansicht © Maximilian Prüfer

It is possible that the many, though not individually good men, yet when they come together may be better, not individually but collectively, than those who are so…

. Statistiker kamen bei der wissenschaftlichen Erforschung dieses Phänomens zu dem Ergebnis, dass die Berechnung des Durchschnitts der abgegebenen Schätzungen bei Gewichts- oder Volumenschätzwettbewerben die tatsächliche Menge genauer wiedergibt als Schätzungen von Einzelpersonen, einschließlich von Experten auf den jeweiligen Gebieten. Um dieses Konzept zu erforschen, hat Prüfer ein partizipatorisches Experiment entwickelt. Dabei sind die Besucher dazu eingeladen die Anzahl der Sandkörner in einem in der Ausstellung ausgestellten Glas zu schätzen. Die Teilnehmer können Ihre Schätzungen auf einer Website eintragen, wodurch bei Ausstellungsende der Durchschnitt der Schätzungen berechnet werden kann. Am Ende des Experiments werden die Sandkörner von Prüfer manuell gezählt und im Anschluss werden die Ergebnisse miteinander verglichen.

Galerie Lisa Kandlhofer

Brucknerstraße 4, 1040 Wien
Österreich

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