Gallery Diary - Charim Galerie | Milica Tomic

Die aktuelle Situation bedeutet eine enorme Belastung für die Kultur- und Kreativwirtschaft und auch für uns als Kunstmagazin. In dieser Zeit wollen wir unseren Beitrag leisten und geben Ihnen täglich Einblicke in die Ausstellungen der derzeit geschlossenen Galerien.


Ein zentraler Teil der Installation von Milica Tomic in der Galerie trägt den Titel: „Museum in Suspension“ und greift die Latenzzeit auf, die mit dem Zerfall des Jugoslawischen Staates für das ehemalige Staatsmuseum für Moderne Kunst in Belgrad begann. Die Sistierung der Ausstellungstätigkeit und die Diskussionen über den neuen Status des künftigen serbischen Museums, waren auch eine produktive Zeit, um Fragen nach der Funktion von Kunstmuseen unter der Bedingung von Nationalstaatlichkeit und dem Stellenwert von Kunst, zu erörtern.

Milica Tomic nutzte dieser Zwischenzeit des Bedenkens für eine Performance ohne Publikum. Sie verwendete die Negativräume des Schriftzuges „Jugoslavia“, um einige davon mit Blei auszugießen. Die Physis der Schriftzeichen, die ein Staatsgebilde bezeichneten wird durch die schweren Bleiformen der Zwischenräume ersetzt, sodass der Staatsname, wie auch der Staat Jugoslawien selbst, als Leerstellen in unsere Vorstellung entrückt werden.

Unter dem Titel eines "investigativen Erinnerns" hat Milica Tomic interdisziplinäre Projekte unter Beteiligung von Forscher*nnen aus Geschichte, Kunst und Architektur angeregt.

In diesem Kontext ist auch der zweite Teil der von Milica Tomic in der Galerie eingerichteten Ausstellung zu sehen. Es sind die Ergebnisse einer investigativen Recherche die ein NS-Arbeitslager in Aflenz, einem Ort nahe von Graz, betreffen. Im Zuge dieses Projektes, das mit Studierenden des Instituts für zeitgenössische Kunst der Uni Graz ab 2018 realisiert wurde, ließen sich die, bis in unsere Gegenwart reichenden Auswirkungen der nationalsozialistischen Politik von „Blut und Boden“ zeigen. Es sind dies die gesetzlichen Bestimmungen zum „Erbhofgesetz“ 1938, die eine Umstrukturierung des landwirtschaftlichen Besitzes (einschließlich der damit einhergehenden Entrechtung), bedingten. ein weiteres Untersuchungsfeld war die Etablierung der sogenannten „Außenlager“, wie jenes in Aflenz, einem Außenlager von Mauthausen, nach der Auflösung des Staates Österreich und seiner Eingliederung in das Großdeutsche Reich

Atelieransicht © Charim Galerie


In der Galerie sind Ergebnisse dieser Recherchen in Form von Installationen ausgestellt und künstlerisch gefasst. Ein in die Ausstellung integriertes Video zeigt die archäologischen Ausgrabungen und vermittelt so auch den Arbeitsprozess der Forschungsarbeiten, die in Veranstaltungen während des Steirischen Herbstes 2019 und einem Symposion „Life oft Crops : towards an investigative memorialisation”, der Kunstöffentlichkeit und dem politisch interessierten Publikum vorgestellt wurden.

Zum Video

Atelieransicht © Charim Galerie

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