Galerierundgang II: curated by
Das Wiener Galerienfestival curated by geht in die zehnte Runde. Unter dem diesjährigen Titel viennaline kuratieren nationale und internationale Kuratoren Ausstellungen in 21 Galerien. Nina Schedlmayer hat sie für PARNASS besucht – im zweiten Teil Galerien im ersten Bezirk.
Cédric Fauq | Sophie Tappeiner
Das ist mal eine überraschende Erkenntnis: Dem afroamerikanischen Chemiker Percy Julian (1899–1975) soll es bei seinem Aufenthalt in Wien besser ergangen sein als in den USA. Das erzählt Kurator Cédric Fauq, der in der Galerie Sophie Tappeiner die Ausstellung „The Share of Opulence; Doubled; Fractional“ gestaltet hat.
Julian soll, so Fauq in seinem Text, „weniger als Bedrohung denn vielmehr als Wunder wahrgenommen“ worden sein. Er widmete dem Kurator seine Schau, eine von 21 Ausstellungen des Wiener Galerienfestivals „curated by“. Dieses hat sich heuer als übergeordnetes Motto unter dem Titel „viennaline“ vorgenommen, das „System Wien“ zwischen Moderne und 21. Jahrhundert auszuloten.
Fauq legt in seinem Projekt ausgehend von Percy Julian Fäden, die nicht direkt auf dessen Biografie Bezug nehmen und dennoch ein Feld zwischen naturwissenschaftlicher Forschung, Migration und Kolonialismus aufspannen: Ein Fischernetz von Dominique White, das von der Decke hängt, imaginiert eine Zivilisation am Grunde des Kontinente trennenden Atlantiks; Gemälde von Lewis Hammond zeigen Gesichter zwischen Mensch, Maschine und Maske – in Anspielung auf die Mutation, die auch in der Naturwissenschaft eine Rolle spielt.
So instruktiv und inspirierend die einzelnen Werke auf die Person des Percy Julian referieren, so wirkt die Zusammenstellung doch etwas konstruiert. Der Begleittext gibt über die Kunstwerke allerdings ebenso wenig Aufschluss wie jener von Sophie Tappeiners Nachbarn Emanuel Layr.
Robert Müller | Galerie Emanuel Layr
Zu der Ausstellung „Elevations“, kuratiert von Robert Müller, heißt es da: „Vorn, auf der erhöhten Plattform, sind die Darsteller in unentwegten Affektvermittlungen gefangen. Erhöhte Emotion, verminderte Spannung. Alles ist lauter und schriller, alle Einwände nachdrücklicher, alle Gesten übertrieben.“ Der literarisch spannende Text liest sich wie eine Gegenwartsanalyse, erinnert an Bernhard Pörksens Buch „Die große Gereiztheit“, der die Auswirkungen digitaler Medien auf die Gesellschaft beschreibt.
Die Aufnahmen verharrender Polizisten von Ilya Lipkin, die feinen Zeichnungen von Tanja Widmann („6 Monate Hass geronnen zu einem Gedicht“), der Print von Merlin Carpenter mit der Aufschrift „Not doing a Show in FPÖ Austria“: Sie sprechen von einem gesellschaftlich aufgeheiztem Klima. Andere Arbeiten wie Heimo Zobernigs Assemblagen, für die er auch Swarowski-Steinchen verwendet hat, stehen dem jedoch entgegen.
Julia Garimorth | Galerie Rosemarie Schwarzwälder Nächst St. Stephan
Etwas fokussierter zeigen sich die Ausstellungen bei den älteren Kollegen. Dass die Künstlerin Sheila Hicks nicht nur Kunst für Fans der gepflegten Handarbeit macht (wie man angesichts der vorjährigen Biennale meinen könnte), stellt sich in der Galerie Nächst St. Stephan heraus.
Stäbe, die mit Wolle umwickelt sind, tanzen da locker an der Wand; Bilder in derselben Technik entwickeln eine erstaunliche Sogkraft durch die farblichen Übergänge, erzeugt durch Fäden oder setzen geometrisch-abstrakte Statements.
Kuratorin Julia Garimorth spannt diese Arbeiten mit jenen von Judit Reigl zusammen, deren feine Zeichnungen mit unleserlichen Zeilen Hicks Grenzgänge zwischen Handwerk und Kunst gut ergänzen.
Markus Mittringer | Galerie Elisabeth & Klaus Thoman
Auch in der Galerie Thoman gelang eine stringente Zusammenschau, die auf den Wien-Fokus eingeht. Allerdings mit einem gewissen Nostalgie-Faktor. Wenn Kurator Markus Mittringer Möbel von Franz West, Plakate der Band Molto Brutto, eine Reihe von Stühlen, darunter Walter Pichlers GALAXY1 mit seinen eigenen Schwarzweiß-Fotos (Thema: Szene Wien) vereint, dann fühlt man sich ein wenig in Zeiten zurückgebeamt, in denen Frauen noch als Musen der Künstler galten.
Katarzyna Uszynska | Galerie Ernst Hilger
Die Aktualisierung funktioniert besser in der Galerie Ernst Hilger. Dort hat die Kuratorin Katarzyna Uszynska eine feine Zusammenschau zur „Banalität des Bösen“ (Hannah Arendt) gestaltet. Die Radierungen Alfred Hrdlickas zu Themen wie Folter werden kontextualisiert von jüngeren Arbeiten wie etwa einem Video von Sigalit Landau oder Zeichnungen von Maria Bussmann, die sich um Hannah Arendt drehen: Wenn eine Babyrassel mit philosophischen Modellen verschnitten wird, dann kann das ziemlich witzig sein.
curated by
Verschiedene Standorte, 1010 Wien
Österreich