Im Porträt

Franz Gertsch

Franz Gertsch (*1930 Mörigen, CH) feierte diesen März seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass zeigt das LENTOS Kunstmuseum Linz eine Ausstellung mit monumentalen Gemälden, die sich auf Gertschs entscheidende Schaffensphase der 1970er-Jahre konzentriert – 1972 erlebte der Künstler seinen internationalen Durchbruch auf der documenta in Kassel.


Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Franz Gertsch Museum in Burgdorf, das 1998 vom Industriellen Willy Michel zusammen mit Franz Gertsch gegründet wurde. Grundstock der Museums-Sammlung bildet die 2001 gegründete Stiftung Willy Michel. Gertsch schuf ein reiches malerisches Werk und entdeckte Anfang der 1970er-Jahre das Medium Fotografie als Basis für seine zumeist großformatigen Gemälde. Einen besonderen Stellenwert im Werk des Künstlers nehmen die Holzschnitte ein. Mit den in großer Präzision ausgeführten Monumentalformaten erschloss er in diesem Medium neue Dimensionen. PARNASS traf den Künstler in seinem Atelier im Berner Hinterland, dort, wo Franz Gertsch zwischen Wiesen und Wäldern von der Natur „umzingelt“ ist, wie er selbst beschreibt. Fast alle seiner immer wiederkehrenden Sujets von Gräsern, der Pestwurz, dem Waldweg bis zum Flüsschen Schwarzwasser sind von seinen Fenstern aus zu sehen.

FRANZ GERTSCH | Huaa…!, 1969 | Besitz des Künstlers © by the artist, Foto: Dominique Uldry, Bern

PARNASS: Wie würden Sie rückblickend Ihr Frühwerk beschreiben? Welche Intentionen haben Sie angetrieben, welche Inhalte, welche Formensprache und Technik sind dieser Periode zugrunde gelegen?

FRANZ GERTSCH: Als eine Zeit des Suchens und Findens – und bis 1960 als romantisch. In der Malerei ein Experimentieren. Von Altmeister-Techniken bis zu moderner Primamalerei, Eitempera, Mischtechnik, Ölmalerei. Der Liner-Holzschnitt (benannt nach Carl August Liner, einem Schweizer Holzschnitt- Pionier) war ein sicherer und gültiger Pfad im Chaos des Frühwerks. Lange Zeit wollte ich vom Frühwerk nichts mehr wissen. Heute weiß ich, wieviel Potenzial es dem Spätwerk mitgab.

P: In den folgenden Jahrzehnten Ihres Schaffens scheint es, dass Sie die Sujets immer wieder variieren und mit Farbnuancen, Licht und Schatten oder unterschiedlichen Perspektiven spielen. Welche Idee steckt dahinter?

FG: Es ging immer um die Verfügbarkeit eines Sujets im Sinne der Eignung, um ein gutes Bild zu malen. Immerhin sind es sieben verschiedene Motive: Porträts – Gruppenbild – Wasser – Akt – Gräser – Pestwurz – Waldweg. 

FRANZ GERTSCH UND MARIA GERTSCH-MEER | Foto: Clarissa Mayer-Heinisch | PARNASS

P: Was hat Sie veranlasst im Laufe der Jahre immer größere Arbeiten zu malen und wie sind Sie vorgegangen? Ich denke da beispielsweise an die besonders beeindruckenden Portraits und die Gräser. Was ist das Wesen dieser so großen Bilder in Ihren Augen?

FG: Möchten Sie, dass sie kleiner wären? – Das farbige Licht der Projektion ist für mich nur in der Verdünnung auf eine großformatige Leinwand in Malerei umzusetzen. Es ermöglicht die Nah – und Fernwahrnehmung. Nah – abstrakt, fern – realistisch.

P: Gibt es für Ihre Malerei Vorbilder, die Sie als Inspirationsquelle nennen würden und bei welchen Künstlern nehmen Sie auf welche Weise Anleihe. Was beeindruckt beispielsweise bei Leonardo da Vinci, bei Matisse oder Caspar David Friedrich...?

FG: Es ist immer je länger je mehr das Sujet, das diktiert, wie es gemalt werden will, so habe ich mein eigenes Malimperium geschaffen und weiß trotzdem, dass Kunst immer von Kunst kommt.

P: Albrecht Dürer, Edvard Munch oder Ernst Ludwig Kirchner haben ebenfalls in Druckgraphik gearbeitet. Gibt es bei den Werken dieser Künstler Details, die Sie inspiriert haben?

FG: Nein – Es war auch nicht die Vervielfältigung, die mich an der Druckgrafik interessierte. Es wurden meine neuen Bilder, darum auch das monumentale Format. Als ich mit dem Holzschnitt begann, den ich neu erfinden musste, war ich vollständig involviert in ein Schaffensfieber, schaute weder zurück, noch links und rechts.

ATELIER FRANZ GERTSCH | Foto: Clarissa Mayer-Heinisch | PARNASS

P: Wie wichtig ist es Ihnen, in zwei so unterschiedliche Medien zu arbeiten und inwiefern hängen diese zusammen und befruchten sich gegenseitig?

FG: Sieben Jahre entstanden nur Holzschnitte. 1994 begann dann ein Wechselspiel zwischen Malerei und Holzschnitt. Der Holzschnitt entfachte meine Malerei wieder neu.

P: Haben sich ihre Malerei und Holzschnittkunst im Laufe der Jahrzehnte Ihres Schaffens verändert? In welche Richtung haben Sie sie getrieben und was ist es, was Ihre Kunst heute ausmacht, beziehungsweise was Sie damit erreichen wollen?

FG: Meine Bilder sind meine Biographie. Das Konstante, das Malen auf ungrundierter Baumwolle, und das Eigenständigste, der von mir erfundene Holzschnitt. Ich möchte wie jeder Künstler Anerkennung und dass meine Bilder den Betrachter zum Anhalten bringen.

P: Gibt es in künstlerischer Hinsicht einen Traum, den sie sich noch erfüllen wollen, Projekte, die auf Realisierung warten, Unerreichtes, das noch erreichbar wäre?

FG: Viele Visionen sind in meinem Kopf, aber nicht der Zeitpunkt darüber zu reden.

Lentos Kunstmuseum

Ernst-Koref-Promenade 1, 4020 Linz
Österreich

Das könnte Sie auch interessieren