FIAC Nachlese: Paris scheint zu Größerem berufen!

Die 47. Ausgabe der Pariser Kunstmesse für internationale zeitgenössische Kunst FIAC ging vergangenes Wochenende erstmals im provisorischen Grand Palais Éphémère auf dem Marsfeld am Eiffelturm zu Ende. Auch in den drei kommenden drei Ausgaben der FIAC wird das 40 Millionen Euro teure Gebäude des französischen Architekten Jean-Michel Wilmotte das historische Grand Palais ersetzen, bis ebendort die Sanierung abgeschlossen ist. Die Aussteller wird es freuen. Denn trotz ein Viertel weniger Ausstellungsfläche und nur noch 160 anstatt 190 Teilnehmern waren die Gänge an den ersten zwei Messetagen dicht gefüllt und an zahlreichen Werken klebte der rote Punkt.


Bereits am ersten Tag konnte Thaddaeus Ropac aus Salzburg nahezu 4 Millionen Euro umsetzen. Dabei ging nach eigenem Bekunden der Löwenanteil auf den Verkauf des Gemäldes „Star Grass“ (1963) von Robert Rauschenberg (1925–2008) zum Preis von 2,8 Millionen US-Dollar zurück, einer der zugleich scheinbar teuersten Einzelverkäufe der diesjährigen FIAC. Möglich wurde dies sicherlich auch durch prominente Sammler erstmals nach dem gefühlten fast schon Ende der Pandemie wieder aus Asien und den USA wie die Rubell-Family und durch Einkäufer großer Museen. Gesichtet wurden auch bedeutende europäische Sammler wie der Verleger Michael Ringier aus der Schweiz und die Einkäufer der Pinault-Collection sowie für die Sammlung Louis Vuitton.

Am zweiten Tag konnte Ropac weitere 3 Millionen Euro umsetzen. Hier waren es vor allem Werke von Antony Gormley (*1950), Alex Katz (*1927), Martha Jungwirth (*1940) und Georg Baselitz (*1938). Letzterer erbrachte für Ropac mit vier verkauften Arbeiten alleine mehr als 1,5 Millionen Euro. Dieser Erfolg lässt sich aber vor allem auch darauf zurückführen, dass das Centre Pompidou dem deutschen Maler und Bildhauer soeben seine größte jemals stattgefundene Retrospektive ausrichtet. Umso wenig verwunderlich war es dann auch, dass es ein umfangreiches Baselitz-Angebot noch an vier weiteren Messeständen gab.

Neben der Salzburger Galerie Ropac konnten auf der FIAC aber auch die sechs Wiener Galerien profitieren. Dabei konnte die Galerie Nächst St. Stephan mit Rosemarie Schwarzwälder (Wien) vor allem Werke von Katharina Grosse (*1961) und Sheila Hicks (* 1934) an bedeutende Sammlungen weiterreichen.

Star Grass, 1963, Öl und Siebdruck Tinte auf Leinwand (RR 1052) © Robert Rauschenberg Foundation / ARS, New York 2021, Foto: Ulrich Ghezzi

Großes Interesse fand auch der Stand von Layr. Das Messeprogramm konzentrierte sich auf aktuelle künstlerische Manifeste des Konzeptuellen mit den relevanten gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Fragestellungen der Gegenwart. Hierfür hatte der Wiener Galerist Emanuel Layr gefragte Positionen wie Benjamin Hirte, Dominique Knowles, Philipp Timischl und Lili Reynaud-Dewar im Gespäck. Letzt genannte erhielt dann auch prompt den renommierten Prix Marcel Duchamp, nachdem sie zuvor in der Bourse de Commerce mit einer Videoarbeit zu sehen war und vorab in der Shortlist-Ausstellung von vier Kandidaten im Centre Pompidou ausgestellt war.

Jung-Galeristin Laura Windhager von Gianni Manhattan trumpfte in Paris mit schriller feministischer Kunst von Marina Faust (*1950) auf. Im Gegensatz hierzu präsentierte Galerie Meyer Kainer mit historischen Arbeiten von Heimo Zobernig (*1958) bis Franz West (1947–2012). Für asiatische Käufer vor allem die kleine Buntstiftzeichnung auf Karton (21,2 x 15,5 x 5,5 cm) des Japaners Yoshitomo Nara (*1959) aus dem Jahr 2004 interessant.

Installation view, FIAC Booth F05 with works by Benjamin Hirte, Dominique Knowles, Lili Reynaud-Dewar, Philipp Timischl Courtesy the artists, Layr, Vienna

Klassiker wie Günter Brus (*1938), Marina Abramović (*1946) und Arnulf Rainer (*1929) gab es am Stand der Galerie Krinzinger. Vor allem Monica Bonvicini und Hans Op de Beeck waren dort nachgefragt.  Überhaupt waren internationale österreichische Positionen in Paris zur Zeit der FIAC sehr gefragt. So präsenierte Galerie Capitain Petzel aus Berlin beispielsweise die Leinwand „Grüne Malerin“ von Maria Lassnig (1919–2014) aus dem Jahr 2000 für den Preis von 480.000 Euro.

Aber auch Satellitenmessen um die FIAC herum, wie die „Paris Internationale", die im
16. Arrondissement neben weiteren 35 Galerien mit Beteiligung von Georg Kargl Fine Arts stattfand, waren gut besucht und Genderkunst der kommenden Biennale-Künstlerin Jakob Lena Knebl (*1970) wechselte dort den Besitzer, ebenso wie über Kargls FIAC-Online-Viewing-Room, kaschierte Fotarbeiten der polnischen Künstlerin und Teilnehmerin der 57. Biennale in Venedig, Agniezka Polska (* 1985), weitergereicht wurden. Ebenfalls auf der Paris Internationale mit dabei aus Wien waren Sophie Tappeiner mit Arbeiten von
Liesl Raff und Anna Schachinger sowie Felix Gaudlitz mit einer Präsentation von Milena Büsch. Nach dem vollständig digitalen Start im vergangenen März konnte die FIAC für 43 Galerien das digitale Angebot mit Artlogic weiter ausbauen. Die Umsetzung hierbei erschien attraktiver als das Angebot zuvor beim Digitalangebot der sogenannten „Mutter aller Kunstmessen“, der Art Basel, wie Branchenkreise verlauten liessen.  

“AI Eye”, 2021, Chromaluxe Druck auf Aluminium, 90 x 90 cm © The Artist; Courtesy the Artist und Georg Kargl Fine Arts

Auffällig war beim Besuch der FIAC vor allem die Aufbruchstimmung, die bei Aussteller und Teilnehmer gleichermaßen elektrisierend wirkte. Nach der defizitären und zuletzt stattgefundenen Art Basel und eine Woche zuvor in einem gegen die Brexitfolgen ankämpfenden London mit der Frieze und Frieze Masters wird deutlich, wer unter den großen Messen am besten durch die Pandemie gekommen ist und jetzt die Nase vorne hat. Dabei liefern die überwiegend nur mäßig gefüllten Gänge mit weniger internationalem Publikum in Großbritannien und der Schweiz eine vergleichsweise deutliche Antwort. Dabei war in diesem Zusammenhang in Fachkreisen auch die Rede „vom neuen Provinzialismus". Und so produziert die Zeitenwende im Kunst- und Galeriehandel Verlierer und Gewinner. Paris scheint zu Größerem berufen!

Das könnte Sie auch interessieren