galerie gugging I nina katschnig

ES GIBT VIEL MEHR, ALS WIR SEHEN KÖNNEN | Leopold Strobl und Arnulf Rainer

Der niederösterreichische Künstler Leopold Strobl arbeitet seit mehr als 15 Jahren immer wieder im Atelier Gugging. Als Vorlagen für seine kleinformatigen Zeichnungen verwendet er Ausschnitte aus lokalen Tages-, Wochen- oder Kirchenzeitungen, die er dann in seinem ganz eigenen Stil übermalt. Anlässlich seines 60sten Geburtstags widmet die galerie gugging/nina katschnig dem Künstler eine Ausstellung, in der seine Bilder denen des Altmeisters der Übermalungen - Arnulf Rainer - gegenübergestellt werden.


„Die beiden haben mehr gemeinsam, als wir ursprünglich gedacht hatten“ sagt Nina Katschnig, die Leiterin der galerie gugging, die international zu den bedeutendsten Präsentationsorten unverbildeter, ursprünglicher Kunst zählt. Der französische Künstler Jean Dubuffet hat diese Stilrichtung als Art Brut bezeichnet.

Ausstellungsansicht, überdrüber … leopold strobl & arnulf rainer, Courtesy galerie gugging

Es ist das Echte, die Ursprünglichkeit, eine Kunst, die gerade daherkommt und direkt ins Herz geht

Nina Katschnig

Seit nunmehr 23 Jahren zeichnet sie dafür verantwortlich, dass die Werke der Künstler aus Gugging und ihrer internationalen KünstlerkollegInnen sichtbar werden. Leopold Strobl ist einer von ihnen, bei dem es gelungen zu sein scheint. Seine Arbeiten finden sich in etlichen Sammlungen auf der ganzen Welt, so hat beispielsweise das MoMA/ New York 2018 fünf seiner Werke erworben.

Es sind auf den ersten Blick einfach wirkende Zeichnungen. Klare Formen und Konturen ergeben ruhige Bilder, Lichteffekte erzeugen Stimmungen und erst bei genauem Hinsehen kann man unter oder hinter den schwarzen Übermalungen Menschen, Tiere oder Gegenstände erahnen. Sie verschwinden hinter berg- oder steinähnlichen Gebilden. Leopold Strobl überarbeitet Zeitungsblätter, er klebt die Originale vorsichtig auf Zeichenpapier und übermalt dann Teile davon. Zuerst widmet er sich den schwarzen Flächen, dann färbt er den Himmel in helles Grün und schließlich betont er den Rand. Ecken werden abgerundet und vermitteln dem Betrachter das Gefühl durch ein Schlüsselloch zu schauen. All das geschieht unter Zuhilfenahme von Stiften in den Farben Gelb, Grün und Schwarz.

„Es gibt viel mehr, als wir sehen können“ sagt Leopold Strobl über seine Arbeit, die bei intensiverer Betrachtung eine komplexe, geheimnisvolle und fast mystische Aura entwickelt. Oft ist es die beeindruckende Natur samt Bergmassiven oder kargen Landschaften, oft sind es Kirchen und deren Türme und manchmal Gebäudekomplexe, die in Strobls Bildern vorkommen und durch seine Übermalungen zu etwas Geheimnisvollem werden.

Leopold Strobl, Ohne Titel, 2019, Bleistift, Farbstifte auf Zeitungspapier, kaschiert auf Papier, 7,8 x 9,6 cm, Courtesy galerie gugging

Die Parallelen zu Arnulf Rainers Bildwelten sind unübersehbar. Der renommierte Maler hat sich so, wie auch Strobl, den Übermalungen verschrieben, um bereits Existierendes in die jeweils persönliche Ästhetik und eine Art subjektiven Perfektion zu überführen. Während es bei Strobl Fotos aus Zeitungen sind, übermalt Arnulf Rainer eigene Werke und auch bei ihm kommen immer wieder sakrale Objekte vor. 15 bedeutende Arbeiten Rainers konnte Nina Katschnig aus der Galerie Ruberl entlehnen, um den Dialog der beiden Künstler zu inszenieren.

Arnulf Rainer hat sich seit jeher für Kunst außerhalb des Mainstreams begeistert, er hat den Künstlern aus Gugging seit Mitte der 1960er-Jahre regelmäßig Besuche abgestattet und war auch einer der ersten, der seine eigene Art Brut Sammlung angelegt-, und diese dann in der Wiener Secession und der „Galerie nächst St. Stephan“ einer breiten Öffentlichkeit präsentiert hat. Leopold Strobl hat Arnulf Rainer einmal persönlich kennengelernt. Umso glücklicher ist er über die gemeinsame Ausstellung. Als er sie zum ersten Mal sah, meinte er jedenfalls, sie sei „prächtig gelungen“ erzählt Nina Katschnig.

Arnulf Rainer, 2 PERSONEN / BETT, 1964, Öl und Ölkreide auf Karton, 49 x 64 cm, Bild: Galerie Ruberl / © Arnulf Rainer, Courtesy Galerie Ruberl

Galerie Gugging

Am Campus 2, 3400 Maria Gugging
Österreich

„überdrüber...“ Leopold Strobl & Arnulf Rainer

bis 14. März 2021

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