Sammlerportrait

Die Sammlung Sanziany

Sammlung Sanziany, Palais Rasumofsky © Roland Rudolph

Passiert man den Eingang des vom belgischen Architekten Louis Montoyer errichteten Palais Rasumofsky in Wien-Landstraße, betritt man eine andere Welt. Hinter den Mauern des klassizistischen Gebäudes, das 1806 für den russischen Fürsten Andrei Kirillowitsch Rasumofsky, Musikmäzen, Kunstsammler und Gesandter am Wiener Kongress, erbaut wurde, verbirgt sich eines der schönsten Gartenpalais und vor allem eine der größten privaten zeitgenössischen Kunstsammlungen der Stadt.


Bis 2003 war die Geologische Bundesanstalt hier untergebracht. Als die Bundesimmobiliengesellschaft das renovierungsbedürftige Gebäude zum Verkauf ausschrieb, erwarb es der Industrielle Adrian Riklin, zunächst noch mit der Idee, ein Suiten-Hotel daraus zu machen. Gemeinsam mit seinem Lebenspartner Antonis Stachel renovierte und erweiterte er das Palais in großem Umfang. Der Umbau – durchgeführt von Baar-Baarenfels Architekten, erforderte Fingerspitzengefühl. Nicht-­authentische Einbauten wurden entfernt, dafür wurden ein Dachgeschoss, ein neues, beeindruckendes Treppenhaus und als konstruktive Meisterleistung eine organisch geformte Treppe aus Beton sowie eine Tiefgarage errichtet – alles in Abstimmung mit dem Denkmalamt. Entstanden sind ein einzigartiger Wohnsitz sowie großzügige Räume für die "Sammlung Sanziany", die über 2.400 Exponate internationaler wie österreichischer Kunst umfasst. Eine der neuesten Erwerbungen ist ein Bild von Jonathan Meese (2016), das den Eingang zur "Afrikanischen Halle" (Toni ­Stachel) dominiert. Von hier aus gelangt man in den wunderschönen Garten, mit Skulpturen etwa von Alfred Hrdlicka, Gunter Damisch, Leo Zogmayer, Erwin Wurm, Manfred Wakolbinger oder Nives Widauer.

"Viele der Objekte wurden speziell für den Garten konzipiert, wie Leo Zogmayers mehrteilige Installation, eine skulpturale Umsetzung der Rasumofsky-Quartette, die Ludwig van Beethoven für Fürsten komponierte“, erzählt uns Toni Stachel, während wir auf "Settle" von ­Nives Widauer sitzen, einer "Datenbank" aus bronzenen Videokassetten. Mit dem Sammeln habe er bereits als Gymnasiast begonnen, so Stachel, berühmte Comiczeichner, von denen heute eine Best-of-Auswahl im Erdgeschoss des Palais hängt. "Die ersten Arbeiten, die Adrian und ich gemeinsam gekauft haben, waren ein Bild von Josef Dobrowsky und eine Arbeit von Erika Seywald. In der Folge hat sich dann das Interesse für die österreichische und internationale­ ­Gegenwartskunst entwickelt und auch der Wunsch, eine eigene Galerie zu haben."

Antonis Stachel im Gespräch mit Silvie Aigner © Roland Rudolph

Antonis Stachel im Gespräch mit Silvie Aigner © Roland Rudolph

Wer eine museale Hängung sucht, ist im Palais falsch

Dieser führte zum bereits langjährigen Engagement in der Galerie Hilger. Die Bandbreite der Sammlung ist beeindruckend und umfasst auch gesamte Rauminstallationen wie die Videoarbeit "Starie Novostie (Old News)" der russischen Künstlerin Anastasia Khoroshilova, die 2011 im Rahmen der Venedig-Biennale in der Biblioteca Zenobiana ausgestellt war und nun in dem bemalten Raum des Palais einprägsam präsentiert wird. Wer eine museale Hängung sucht, ist im Palais falsch. Abseits jeglicher kunsthistorischer Einordnungen ergeben sich interessante Zusammenstellungen – oft über Generationen und Medien hinweg. So kombiniert Toni Stachel überzeugend Zeichnungen von Anton Kolig mit Fotoarbeiten des Amerikaners Bruce Weber. Ebenso hängen junge österreichische Positionen wie Markus Oberndorfer, Marko Lipuš oder Karin Fisslthaler neben etablierten internationalen Künstlern wie Nan Goldin, Sandro Chia, Julian Opie oder Massimo Vitali, den Toni Stachel mit dem Orpheus von Alfred Hrdlicka in Dialog setzt.

Antonis Stachel © Roland Rudolph

Antonis Stachel © Roland Rudolph

"Ich habe, glaube ich, eine gute Hand beim Hängen. Wenn ich Arbeiten sehe, die ich gerne kaufen möchte, weiß ich sofort auch den Platz dafür. Grundsätzlich ist mir ein unkonventioneller, humorvoller Zugang zur Kunst wichtig. Neben der Recherche über einen Künstler oder ein Werk und dem Besuch von Ausstellungen und Messen möchte ich der Kunst auf emotionaler Ebene begegnen. Da geschieht viel aus dem Bauch heraus. Und zu vielen Künstlern haben wir mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis." Gelungen sind Designerstücke – vorwiegend Sessel – in den Räumen mit der Kunst kombiniert. "Ich möchte kein Museum schaffen, sondern eine Art Wohnillusion, in der Design und Kunst wie selbstverständlich zusammen gezeigt werden, diesbezüglich gefällt mir der Zugang des Basler Schaulagers." 

...eine Arbeit von Andreas Gursky wäre noch fein für die Sammlung

Antonis Stachel

Im Zuge des Erweiterungsbaus entstand die "Neue Galerie", ein Raum für Wechselausstellungen, in dem aktuell Fotoarbeiten Brian McKees zu sehen sind. Weitere Fotokünstler der Sammlung sind etwa der Ire John Gerrard sowie der spanische Fotograf Ángel Marcos, den Stachel auf der Biennale entdeckte. "Oft haben wir sehr früh Arbeiten von Künstlern gekauft, die später in der Kunstszene reüssierten. Das ist dann natürlich eine Bestätigung und freut einen, dass man das Potenzial des Künstlers früh erkannt hat. Aber wir sehen Kunst nicht als Investment und wollen nicht die üblichen 'global artists' haben. Daher kaufen wir neben internationalen Künstlern Werke junger österreichischer Positionen an und sehen das auch als Förderung und Unterstützung, obwohl – eine Arbeit von Andreas Gursky wäre noch fein für die Sammlung."

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