Weitblick-Gesprächsreihe | Hochhaus HErrengasse

Artificial Intelligence | Peter Weibel & Gregor Eichinger

Kaum eine Woche vergeht, ohne Neuigkeiten aus den Roboterlabors, man erfährt stets eine neue Nische des Lebens, in welcher die Maschine vorgestoßen ist vom Sprachassistent bis zur Hotelrezeptionistin, vom Lagerarbeiter bis zum selbstfahrenden Auto. Humanoide Robert können nicht nur die Gesichter, Mimik, Gestik erkennen, sondern diese auch bereits imitieren. Die meisten Anwendungen der Artificial Intelligence sind jedoch unsichtbar, sie bestehen aus Software, Algorithmen, letztlich aus Zahlen – und genau dort zeigt sich, wie weit künstliche Intelligenz bereits selbstverständlicher Teil unseres Alltags ist. Über die Gefahren und Potenziale, die unvorhersehbaren zukünftigen Möglichkeiten und auch Risiken sprach Silvie Aigner mit Peter Weibel und Gregor Eichinger im Rahmen der WEITBLICK-Gespräche im Panoramaraum des Hochhaus Herrengasse.


Peter Weibel verfolgt seine künstlerischen Problemstellungen in unterschiedlichsten Materialien, Formen und Techniken. Seit Mitte der 1980er Jahre erforscht er die Möglichkeiten der computergestützten Bearbeitung von Video. Anfang der 1990er Jahre realisiert er erste interaktive computerbasierte Installationen, mit denen er wiederum das Verhältnis von Medien und Wirklichkeitskonstruktion thematisiert. In seinen zahlreichen Vorträgen und Artikeln publiziert Weibel über zeitgenössische Kunst, Mediengeschichte, Medientheorie, Film, Videokunst und Philosophie. Als Theoretiker und Kurator setzt er sich für eine Kunst und eine Kunstgeschichtsschreibung ein, die Technikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte berücksichtigt. In seiner Funktion als Lehrer an Universitäten und langjähriger Leiter von Institutionen wie der Ars Electronica, Linz, dem Institut für Neue Medien in Frankfurt a. M., und dem Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe beeinflusst er besonders die europäische Szene der Medienkunst durch Konferenzen, Ausstellungen und Publikationen.

Weibel der seit 1999 Vorstand des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe ist und seit 2017 Direktor des Peter Weibel Forschungsinstituts für digitale Kulturen an der Universität für angewandte Kunst Wien, erhielt 2018 als erster Medienkünstler den renommierten Lovis Corinth Preis. Grundstein für die Errichtung des neuen Peter-Weibel-Forschungsinstituts für digitale Medienkulturen an der Universität für angewandte Kunst Wien, war die Schenkung seines Archivs an die Angewandte. Es besteht aus rund 1170 Exponaten und einer umfangreichen Bibliothek. Mit dem Institut, so Peter Weibel wird ein Ort der wissenschaftlich-künstlerischen Auseinandersetzung mit der Veränderung von digitalen Kulturen im Lichte der technologischen Revolution geschaffen. Gregor Eichinger, Architekt und Designer CEO von eichinger office – Büro für Benutzeroberflächen. Er lehrte unter anderen an der Technische Universität Wien, am SCI-ARC, Los Angeles, an der Universität für angewandte Kunst und der ETHA-Zürich sowie aktuell an der Akademie der bildenden Künste München.

 

Ausgangbasis der Diskussion waren die Entwicklung von Zukunftsperspektiven und Szenarien für neue Formen und Funktionen von digitalen Kulturen im so genannten digitalen Zeitalter, das geprägt sein wird von Artificial Intelligence, Quantentechnologie, Biotechnologie und in diesen Bereichen zur Verschmelzung von Wissenschaft und Kunst führen wird. „Mit der Digitalität tritt eine neue Kulturtechnik auf, welche uns eine unvorhersehbare Zukunft eröffnet, denn mit dem digitalen Code können Worte, Bilder und Töne und sogar Dinge in Daten verwandelt werden.“, so Peter Weibel und skizzierte im Folgenden die Entwicklungen zwischen Bild, Zahl und Text in der Geschichte.

Das Neue daran ist jedoch, dass Worten und Bilder nicht direkt in Dinge rückverwandelt werden konnten, jedoch der Prozess zwischen Dingen, Texten, Tönen, Bildern und Daten zum ersten Mal in der Kulturgeschichte der Menschheit reversibel ist. Daten können in Töne, Texte und Bilder rückverwandelt werden und mit dem 3D-Druck können Daten sogar in Dinge überführt werden. Bisher waren alle Notationssysteme der Kultur, von der Schrift bis zur Musik, mehrheitlich zweidimensional. Mit Computersimulationen und 3D-Verfahren eröffnen wir den Horizont für 3D-Notationssysteme.

Peter Weibel

Im Verlauf des Gespräches wurden die Bereich Design ebenso angesprochen, wie die Verwendung von Artificial Intelligence in der Architektur. Design ist stets verknüpft mit industriellen und gesellschaftlichen Veränderungen durch neue Technologien und es gilt, sich den damit zusammenhängenden Problemen und Herausforderungen zu stellen. Ebenso stellt sich die Frage ob Arbeit völlig neu definiert werden muss, wie dies im Vorjahr bereits die Ausstellung „How will we work“ im Rahmen der Vienna Biennale gestellt hat. Was ist der Kern der menschlichen Arbeit und wo sind die Grenzen der Maschine, was können wir mehr als die Technologie?“ Bereiche wie Kreativität, Kultur und Arbeit im gesellschaftlich-sozialen Feld müssen aufgewertet und neu definiert werden. Andererseits wird Künstliche Intelligenz für eine am Menschen orientierte Stadtplanung der Zukunft eingesetzt und spielt in Raumplanungsprojekten eine stets größere Rolle.

Doch die Faszination der Künstler für Maschinen ist keineswegs eine Entwicklung des 21. Jahrhunderts. Bereits Leonardo da Vinci war fasziniert von Schiffen, Kriegswerkzeugen und Geräten, mit denen Menschen fliegen können sollten. Allerdings scheint es so, als müssten wir uns knapp sechs Jahrhunderte nach da Vinci von der Gleichung „Kunst erschafft Maschine“ verabschieden. In Zeiten von künstlicher Intelligenz (KI) scheint nahezu alles möglich – selbst das bisher Undenkbare: Maschine erschafft Kunst. Künstliche Intelligenz kann rechnen und lernen – aber nicht schöpferisch sein. Stimmt das? Eine Idee, davon wie Maschinen lernen können, gab Alpha Go, die auch die Idee zu den von Gregor Eichinger entworfenen Stadtmöbel den schwarzen und weißen Go-Steinen in der Fahnengasse / Ecke Herrengasse lieferten. Erstmals in der Geschichte der Menschheit hat eine künstliche Intelligenz intuitiv gespielt und zwar so, dass der Go-Meister einen Spielzug als genial bezeichnete“, so Eichinger.

Auf diesen epochalen Moment – und damit auf die Lernfähigkeit künstlicher Intelligenz – nimmt die Skulptur Bezug. Außerdem sind Durchmesser und Höhe der Steine so gewählt, dass man bequem auf ihnen sitzen kann, ihre Distanz zueinander lässt temporäre Skulpturen-Besetzer bequem ins Gespräch kommen. „Natürlich ist diese Skulptur auch ein Stadtmöbel und stark mit dieser Stadt verbunden“, erzählt Architekt Gregor Eichinger und ein „Kondensationspunkt für Kommunikation. Zum Abschluss wurden gemeinsam mit dem Publikum die Fragen aufgeworfen. Wie viel Vertrauen können wir in die Künstliche Intelligenz setzen und gestatten wir Maschinen Fehler? Ebenso wurde darüber diskutiert, wo in dem Spannungsfeld zwischen Reproduktion von Kunst durch das Erlernen von Formensprachen und Bildkonzepten der genuine Schöpfungswert der noch analog geschaffenen Kunst liegen kann.

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