Schlossmuseum Linz

Anna Jermolaewa | Number Two

Das Linzer Schlossmuseum zeigt die bisher größte Werkschau von Anna Jermolaewa und stellt die Künstlerin, die seit 2019 Professorin für Experimentelle Gestaltung an der Linzer Kunstuniversität ist, erstmals umfassend in Linz vor. Die 1970 in Leningrad/ St. Petersburg geborene Künstlerin lebt seit 1989 in Österreich. Als Mitbegründerin der ersten Oppositionspartei und Mitherausgeberin einer regimekritischen Zeitung musste sie aus der Sowjetunion fliehen und erhielt in Österreich politisches Asyl.


In ihrer künstlerischen Arbeit erweist sich Anna Jermolaewa als genaue Beobachterin des menschlichen Zusammenlebens, seiner gesellschaftlichen Bedingungen und politischen Voraussetzungen. Oft sind es scheinbar unbedeutende, alltägliche Manifestationen der conditio humana, die sie in kritischer, gleichzeitig aber humorvoller Art und Weise hinterfragt. Dabei entstehen neben Videos, Fotografien und Zeichnungen auch raumgreifende Inszenierungen und Installationen. Humorvoll-anekdotisch ist die Kunst von Anna Jermolaewa jedoch nur auf den ersten Blick, dahinter steckt eine pointierte Kritik an politischen Machtstrukturen, Ideologien und gesellschaftlichen Missständen.

Die Ausstellung im Linzer Schloss versammelt eine Auswahl der bedeutendsten Arbeiten aus ihrem bisher 25-jährigen Schaffen und gibt damit einen fundierten Einblick in ihr facettenreiches Werk. Gezeigt werden darüber hinaus aber auch mehrere neue Arbeiten, die für die Ausstellung entstanden sind; darunter die dreiteilige Videoinstallation Singing Revolution sein, für die die Künstlerin diesen Sommer nach Estland, Lettland und Litauen reiste. Der Begriff „Singende Revolution“ bezeichnet die Massenprotestbewegungen in den baltischen Ländern, durch die in den Jahren 1988-1991 die Unabhängigkeit von der Sowjetunion gefordert wurde. Die Menschen versammelten sich in großen Gruppen und brachten durch gemeinsames Singen ihren Wunsch nach Unabhängigkeit zum Ausdruck. Für Singing Revolution hat die Künstlerin in jeder der baltischen Hauptstädte einen Chor zusammengestellt, um einige dieser Befreiungslieder aufzunehmen – eine Fortsetzung ihrer Untersuchungen zu Ausdrucksformen des zivilen Widerstands und friedlicher Proteste.

Ausstellungsansicht, Foto: Michael Maritsch

Auch die in London aufgenommene Diaserie Hostile Architecture ist für die Linzer Ausstellung entstanden. Immer öfter werden in Städten potenzielle Aufenthaltsflächen im öffentlichen Raum mit Stacheln und Ziernägeln versehen, um vor allem Obdachlose vom Verweilen oder Schlafen abzuhalten. Hostile Architecture zeigt die körperlichen Auswirkungen des Sitzens auf solchen „defensiven Gestaltungselementen“. Die Spuren, die sie auf dem Körper der Künstlerin hinterlassen, machen die aggressive Haltung dahinter spürbar und deutlich, dass sie sich nicht nur gegen die Schwächsten der Gesellschaft richten, sondern die Stadt auch für die Allgemeinheit feindlich gestalten.

Zur Ausstellung erscheint die Publikation „Anna Jermolaewa NUMBER TWO“, Deutsch/Englisch, 320 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und Texten u.a. von Silvia Eiblmayr, Anna Tolstova, Claus Philipp und Robert Pfaller im Distanz Verlag, Berlin.

Ausstellungsansicht, Foto: Michael Maritsch

Schlossmuseum Linz

Schlossberg 1, 4010 Linz
Österreich

Anna Jermolaewa

Number Two

bis 5.3.2023

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