Nachgefragt

10 Minuten mit Stephan Koja

Nachgefragt mit Stephan Koja

Bis 1. April kann das Gartenpalais Liechtenstein wieder täglich bei freiem Eintritt besucht werden. Anlass für ein Gespräch mit dem Direktor der Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein Stephan Koja.


Die Kunstbestände des Fürsten von und zu Liechtenstein gehören zu den bedeutendsten Privatsammlungen der Welt und umfassen neben weltberühmten Bronzen, einem großen Konvolut an Grafiken, ausgesuchtem Porzellan und Mobiliar rund 1600 Gemälde von Cranach über Raffael und Rubens bis Rembrandt. Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein legte im 17. Jahrhundert den Grundstein der Sammlung, die bis heute fortgesetzt wird. Seine Kunstsammlung steht auch im Mittelpunkt der aktuellen Sonderausstellung „Herkules der Künste“ die noch bis 1. April im Gartenpalais Liechtenstein zu sehen ist. Im April des Vorjahres übernahm Stephan Koja die Direktion der Fürstlichen Sammlungen. Er möchte „die Aktualität alter Kunst in den Kontext der Gegenwart stellen. Denn die Relevanz der Alten Meister ist ungebrochen und die Moderne ohne Bezug auf sie undenkbar“, sagt er. PARNASS hat ihn im Gartenpalais Liechtenstein zum Gespräch getroffen.

PARNASS: Mit der aktuellen Sonderausstellung sind die Tore des Gartenpalais wieder für einige Wochen bei freiem Eintritt geöffnet. Was erwartet die Besucher?

Stephan Koja: Eine Schau über eine der zentralen Fürstenpersönlichkeiten in der Geschichte des Hauses Liechtenstein, die in der Geopolitik Europas, im Stadtbild Wiens und in der österreichischen Kunstgeschichte ihre deutlichen Spuren hinterlassen hat.

Denn Johann Adam Andreas legte die Fundamente für das Reichfürstentum Liechtenstein, schuf in Wien den neuen Stadtteil Lichtental mit einer Musterstadt und holte italienische Architekten und Künstler nach Wien, die das Kunstgeschehen in Österreich wesentlich beeinflussen sollten. Zudem war er ein überaus bedeutender Sammler, der seine Kunstschätze im Wiener Stadtpalais in einer eigenen Galerie auf Wunsch für Besichtigungen öffnete.

P: Nach ihrer Zeit an der Spitze der Sammlungen des 19. Jhdts. und der klassischen Moderne im Belvedere, waren Sie zuletzt viele Jahre als Direktor der Dresdner Gemäldegalerie tätig. Was bedeutet der Wechsel zurück nach Wien für Sie? Was reizt Sie besonders an dieser neuen Aufgabe?

SK: Mich reizt die Erlesenheit der Fürstlichen Sammlungen, der Wille zur Exzellenz der Eigentümer, die wunderbare Möglichkeit, diese Bestände zu ergänzen und so das Profil weiterzuentwickeln – und die Flexibilität der Arbeit in einem kleinen, hochmotivierten Team.

P: Gibt es Parallelen in der Aufgabenstellung zwischen der Sempergalerie und den Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein und inwiefern können Sie diverse Erfahrungen aus der Zeit in Deutschland auch in Wien umsetzen?

SK: Die Herausforderungen der attraktiven Präsentation alter Kunst und ihrer Vermittlung sind die gleichen. Insofern kommt mir hier die über Jahre gewonnene Erfahrung sehr zugute.

Stephan Koja © Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Oliver Killig

Stephan Koja © Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Oliver Killig

P: Welche Sammlungsteile halten Sie für die wichtigsten, wo unterscheiden sich die Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein von anderen?

SK: Die Bestände flämischer und niederländischer Malerei, die Sammlung an Bronzeplastiken der Renaissance und des Barocks oder der Fundus an Gemälden und Aquarellen des Biedermeier gehören zweifellos zu den besonderen Stärken der Fürstlichen Sammlungen. Aber auch die Sammlung kostbaren Porzellans aus Ostasien und Europa und insbesondere der Wiener Manufaktur Du Paquier, ist von herausragender Qualität.

© LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna

P: Haben Sie abseits der momentanen open doors im Gartenpalais Ausstellungen für Teile der Sammlung geplant? Wie wichtig ist es, die Öffentlichkeit an den Fürstlichen Sammlungen teilhaben zu lassen?

SK: Die Fürstlichen Sammlungen sind Privatbesitz – und gleichzeitig kulturelles Erbe der Menschheit. Insofern ist es höchst erstrebenswert, möglichst vielen Menschen Zugang zu gewähren. Die Fürstlichen Sammlungen haben international ein enormes Renommee und sind daher auch im ständigen Austausch mit den besten Museen der Welt. Mit einigen von diesen planen wir auch bereits gemeinsame Projekte, über die wir zu gegebenem Zeitpunkt informieren werden. Auch die Website wird konstant um Inhalte erweitert, die den Zugang zur Sammlung und das Verständnis für die Kunstwerke erleichtern.

P: Sind unter Ihrer Direktion Ankäufe geplant? Gibt es spezielle Desiderate, beziehungsweise Sammlungslücken, die man schließen will?

SK: Wir sammeln nach wie vor konsequent weiter, um die Sammlung noch erlesener und bedeutender zu machen. Dabei steht das, was erworben wird, immer im Zusammenhang mit der 600-jährigen Sammlungstradition und den anderen Objekten im Bestand.

P: Welche Rolle wird die wissenschaftliche Aufarbeitung unter ihrer Direktion spielen? Gibt es noch Sammlungsteile, die nicht beforscht sind und die für Sie von Interesse sind?

SK: Die wissenschaftliche Forschung wird künftig eine zentrale Rolle spielen. Wir wollen wichtige Sammlungsteile in Bestandskatalogen aufarbeiten und erhoffen uns dabei einen enormen Erkenntnisgewinn und neue Zuschreibungen.

Gartenpalais Liechtenstein

Fürstengasse 1, 1090 Wien
Österreich

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