LUXEMBOURG ART WEEK 2022
Auch wenn die Stadt zu dieser Zeit buchstäblich im dichten Nebel versinkt, lohnt die Reise allemal. Neben der Messe selbst bot die Luxembourg Art Week auch dieses Jahr ein dichtes Programm an Ausstellungen vom Mudam bis zum Casino Luxembourg Forum d´art contemporain. Und auch ein Abstecher ins Land lohnt, so in die Kunsthalle Esch, und in die Möllerei Belval – ein interessantes neues Stadtzentrum, mit dem Charme moderner Architektur und der noch sichtbaren Hochöfen und Industrieanlagen sowie nach Clervaux, wo die von Edward Steichens zusammengestellte legendäre Fotoausstellung „The Family of Man“ zu sehen ist – übrigens ein UNESCO Weltkulturerbe.
Luxembourg Art Fair
Die von Alex Reding, Direktor der Galerie Nosbaum Reding, 2015 gegründete Kunstmesse fand in diesem Jahr erneut am Glacis Square in der Luxemburger Innenstadt statt. Mit nur 80 Galerien gehört sie zu den kleinen Boutique-Messen, die jedoch bei Sammler:innen immer mehr an Beliebtheit gewinnen. Für die Entscheidung 2021 von der Halle Victor Hugo in ein modules Zeltsystem am Glacis Square zu ziehen, sprach einerseits die zentrale Lage, aber auch die Möglichkeit Ausstellungsflächen auf internationalem Niveau anzubieten, so Messe-Direktorin Leslie de Canchy. Der neue Standort hat sich als wahrer Publikumsmagnet erwiesen, und ermöglichte, so de Canchy, eine größere Anzahl international etablierter Aussteller einzuladen und die geografische Reichweite der Messe zu erweitern. Insgesamt so sind sich die Kulturschaffenden hier einig, ist man bereit Luxemburg über den Finanzstandort hinaus auch im Bereich Gegenwartskunst zu etablieren – eine Entwicklung die mit der Eröffnung des Casino Luxembourg 1996 und der Manifesta 1998 ansetzte und sich neben den Institutionen und der Art Fair auch in einer Reihe sensationeller Privat- wie Firmensammlungen zeigt.
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Zum ersten Mal dabei waren etwa Galerie Sturm&Schober aus Wien und die Galerie Heike Strelow aus Frankfurt. Sturm& Schober zeigte drei Künstler:innen aus ihrem Portfolio: Werke des Schweizers Dave Bopp, des Stuttgarter Künstlers Wolfram Ullrich und eine wunderbare Serie der österreichischen Doyenne der Fotografie Inge Dick aus dem Jahr 2012. Eine poetische Arbeit, in der das Licht über ein am Parkettboden liegendes Buch streift – Inge Dick gelingt es in dieser Serie einmal mehr, die Phänomen von Zeit und Licht visuell fassbar zu machen. Angeschrieben war die Serie, bestehen aus 35 Fotoarbeiten (Auflage 8) mit mit 35.000 Euro. Darüber hinaus brachten die Galeristen eine kleine, sehr feine rezente malerische Arbeit der Künstlerin mit, gemalt Alt- und Dukatengold auf Dottergelb, von 2020, die mit 4.200 Euro gelistet war. Heike Strelow hatte auf ihrem Stand neben etablierten Positionen wie Mathias Kessler auch eine junge Generation mit, darunter die in Stuttgart und Frankfurt lebende Naja Adelmann und Felix Becker. Durchaus auch auf die Liste zu setzen ist der von Strelow vertretene, in Caracas lebende, Starsky Brines, dessen Malerei ganz dem derzeit angesagten „Bad Painting“ der deutschen Malereiszene entspricht. Große Leinwandarbeiten des Künstlers kosten bereits um die 10.000 Euro, doch sind Collagen des Künstlers bereits ab 2.200 Euro erhältlich.
Fotografie und Skulptur
Auch wenn „traditionellen“ Medien, wie Malerei und Skulptur überwogen und das Thema Landschaft in vielen Gemälden erstaunlich en voque war, waren Fotografie und Objektkunst durchaus präsent. Neben der schon erwähnten Inge Dick, ist Suzanne Moxhay aus London bei Galerie Jean-Louis Ramand aus Frankreich zu nennen und die eindrucksvollen Arbeiten von Bernard Prinz bei Bernhard Knaus Fine Art. Auffallend war die Präsenz von textilen Objekten oder Skulpturalen, das Material und Struktur in den Fokus stellte. Neben den kaum zu übersehenden kuriosen Tierwesen des Franzosen Benoît Hout bei DYS, Brüssel, war auch Interessantes zu sehen. Darunter vor allem Judith P. Fischer, bei zs art Galerie, mit ihren präganten Cascaden aus feinen, grauen, schwarzen und weißen elastomeren Rundschnüren. Ihre Skulptur „Ohne Titel“, 2022 aus geschwungenen Rundstahl fand bereits am Eröffnungsabend Eingang in eine luxemburgische Sammlung.
Highlights Main Section
Andrea Zehetbauer von zs art Galerie Wien brachte diesmal neben Judith P. Fischer expressive, starkfarbige Malereien von Wilhelm Drach und Guido Zehetbauer-Salzer mit sowie sehr feine Collagearbeiten der luxemburgischen, heute in Wien lebenden Künstlerin Marie-France Goerens. Eine Auswahl in der die Linie als formales Element sprichwörtlich den „roten Faden“ der Präsentation bildet. zs art Galerie teilt sich bereits traditionell den Stand mit Anja Knoess aus Köln. Sie zeigte unter anderem Malerei des Salzburger Bertram Hasenauer und des Kölner Künstlers Peer Boehm, eine der Entdeckungen der Messe. Seine Arbeiten entstehen auf der Grundlage digitalisierter historischer Fotografien, die er als Kugelschreiberzeichnungen auf alten Seekarten oder mit Tusche, Aquarell, Acryl, Rost und auch Kaffee auf Leinwand überträgt. Durch die Reduktion des Ausgangsmotivs und die Einbeziehung der grafischen Elemente der Seekarten, entsteht eine neue Komposition, in der sich nicht nur formal Interessantes vermittelt, sondern auch die Frage nach unsere Realität. Gleich gegenüber stachen Marion Dilitz' Holzskulpturen und die geometrischen Werke des jungen Kopenhagener Carsten Beck bei Victor Lope Arte Contemporaeneo, Barcelona hervor.
Insgesamt bot die Messe naturgemäß die Möglichkeit Künstler:innen aus Belgien, Luxemburg und Frankreich zu sehen, doch war die Range durchaus international – und bot ein breites Angebot an Malerei von der in den 1980ern geborenen Künstlergeneration, wie etwa den Amerikaner Maxwell Dunlop, bei janinebeangallery, Berlin, der für seine Gemälde historischer Räume diese staged und baut oder der Rumäne Radu Belcin, bei Galerie Valerie Delaunay, Paris. Sie brachte neben sensationellen Mittelformaten des Künstlers, um 6.800 Euro auch kleinere Arbeiten nach Luxemburg, die bereits um 2000 Euro erhältlich waren.
Etwa auch die prägnanten Collagen und Aquarelle des irischen Künstlers David Eagar Maher bei Galerie Jarmuschek + Partner, Berlin. In seinen Malerei und in seinen Collagen verschränken sich Realität und Fiktion, kulturhistorische Artefakte zu surreale Kompositionen. Die auf der Messe präsentierten Werke, Bleistift und Aquarell, waren bereits um 2750 Euro pro Stück zu haben, oder – schon etwas höher im Preis Pastellarbeiten des Shooting Stars des vorigen Salzburger Sommers, Navot Miller bei Reuter Bausch – eine junge Galerie mit interessantem Programm, die vor knapp einem Jahr von Julie Reuter und Lou Bausch in der Luxemburger Innenstadt eröffnet wurde.
In der vom Kulturministerium unterstützten Sektion Take Off sind stets eine Reihe junger Positionen vertreten sowie Institutionen, Organisationen und Künstlerkollektiven. Doch auch der Secondary Market ist Teil der Luxembourg Art Fair. Die Anzahl der Kunsthändler, ist für den CEO der Messe, Alex Reding bereits an der Grenze und sollte seiner Meinung nach nicht noch mehr forciert werden. Doch noch war es ein ausgewogener Dialog mit zum Teil guter Auswahl bei Hessler Galerie und Galerie Lelong, bis hin zu einer interessanten Serie an Radierungen Man Rays aus der Serie „Cactus“, bei Eva Meyer Paris. Zeitgenössisches brachte der Kunsthändler Maruani Mercier mit darunter eine Auswahl an Malern aus Ghana, wie Cornelius Annor, der kürzlich in Krems als Artist in Residence arbeitete und demnächst ebendort in der Kunsthalle zu sehen sein wird.
Die Galerien waren am Abend der Preview durchaus zufrieden. Viele schätzen an der Messe vor allem die Offenheit der Besucher:innen. Anders als etwa in Berlin, so betonte man, würden die Sammler:innen nicht nur, bei den lokalen, ihnen bekannten Galerien kaufen. Vice versa schätzt das Publikum, dass man hier abseits der Top-Galerie großer Messen, Entdeckungen machen kann.