Maria Lassnig, Der Wald, 1985, Öl auf Leinwand, 205 x 140 cm | © Dorotheum

Derzeit erfahren Künstlerinnen quer durch alle Epochen die längst überfällige Anerkennung im institutionellen Bereich. Doch wie sieht es auf dem Kunstmarkt aus?


„The Female Triumphant“, der Siegeszug der Frauen, unter diesem Titel stellte Sotheby’s 21 Arbeiten von 14 Alten Meisterinnen in den Mittelpunkt der Masters Week in New York, die Anfang Februar über die Bühne ging. Es sollte ein wahrer Triumph mit einem neuen Rekord für die prämoderne Arbeit einer Künstlerin werden. Das Porträt von Mohammed Dervich Khan von Elisabeth Vigée-Le Brun erzielte einen Zuschlag von 7,2 Millionen Dollar.


Museale Aufarbeitung

„In den vergangenen fünf Jahren haben sowohl Kuratoren als auch Sammler das Ungleichgewicht zwischen weiblichen und männlichen Künstlern angesprochen und aktiv begonnen, in Künstlerinnen zu investieren. Sie sind bisher im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen auf dem Markt unterbewertet", sagte Calvine Harvey, Sotheby’s-Altmeister-Expertin, anlässlich der Masters Week. Derzeit erfahren Künstlerinnen quer durch alle Epochen die längst überfällige Anerkennung.

Im Unteren Belvedere ist gerade die Ausstellung „Stadt der Frauen“ zu sehen, die sich Künstlerinnen in Wien um 1900 widmet. Das Brooklyn Museum hat Künstlerinnen von Käthe Kollwitz bis Nancy Spero hervorgeräumt und damit die Ausstellung „Half the Picture: A Feminist Look at the Collection“ zusammengestellt. Und für echtes Aufsehen sorgte Maria Balshaw, Direktorin der Tate Britain, als sie ankündigte, ab April in der Sammlung von Kunst ab 1960 mindestens ein Jahr lang nur noch Werke von Frauen zu zeigen.


Rekordjahr 2018

Auf dem Kunstmarkt war 2018 ein Jahr der weiblichen Rekorde. Jenny Saville ist seit Oktober die teuerste lebende Künstlerin. Ihre Arbeit „Propped“ erzielte bei Sotheby’s in London umgerechnet 12,4 Millionen Dollar. Davor holte sich die englische Künstlerin Cecily Brown im Mai für „Suddenly Last Summer“ diesen Titel mit einem Rekord von 6,8 Millionen Dollar. Gagosian hatte das Bild 2010 noch für eine Million Dollar erstanden. Das zeigt, wie sehr die Preise gestiegen sind.

Im selben Monat pulverisierte „Blueberry“ von Joan Mitchell die Schätzungen und setzte mit 16,6 Millionen Dollar eine neue Höchstmarke für die Künstlerin. Die Galerie Zwirner hatte kurz zuvor bekanntgegeben, dass sie die Repräsentanz der Joan Mitchell Foundation übernommen hat. Der generell höchste Preis für ein Werk einer Künstlerin ist aber seit 2014 ungebrochen. Diesen Titel hält die abstrakte Expressionistin Georgia O’Keeffe mit 44,4 Millionen Dollar für „Jimson Weed/White Flower No 1“, erzielt 2014 von Sotheby’s.

Maria Lassnig, Der Wald, 1985, Öl auf Leinwand, 205 x 140 cm | © Dorotheum

Maria Lassnig, Der Wald, 1985, Öl auf Leinwand, 205 x 140 cm | © Dorotheum

Besser schneiden Frauen laut Kunstpreisdatenbank Artprice in der Generation unter 40 Jahren ab. Die Liste der Top-10-Zuschläge 2018 wird von einer Frau angeführt.

Eva Komarek

Trotz der jüngsten Rekorde rangieren Künstlerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen preislich immer noch unter ferner liefen. Ein Vergleich zwischen dem neuen Rekord von Jenny Saville und David Hockney sagt alles: Das „Portrait of an Artist (Pool With Two Figures)“ erzielte nur ein Monat nach Saville einen Zuschlag von 80 Millionen Dollar und machte es zum teuersten Werk eines lebenden Künstlers.

Besser schneiden Frauen laut Kunstpreisdatenbank Artprice in der Generation unter 40 Jahren ab. Die Liste der Top-10-Zuschläge 2018 wird von einer Frau angeführt. Njideka Akunyili Crosbys Arbeit „Bush Babies“ erzielte bei Sotheby’s einen Hammerpreis von 3,4 Millionen Dollar. Fünf der zehn höchsten Zuschläge erzielten Werke von Künstlerinnen. Allerdings stammen die fünf Werke von nur zwei Frauen. Neben Akunyili ist das Avery Singer. Ihre Arbeit „Fellow Travelers, Flaming Creatures“ wurde für 735.000 Dollar versteigert und belegt damit Platz 5. Übrigens hatte die Arbeit 2013 die Greene Naftali Gallery noch für 20.000 Dollar erworben.


ÖstereicherInnen im internationalen Vergleich

„Auf dem Auktionsmarkt regiert das Geld und außer Maria Lassnig spielt auf dem internationalen Parkett keine andere Österreicherin mit“, sagt Andrea Jungmann, Direktorin von Sotheby’s Österreich und Ungarn. Ähnlich sieht das Elke Königseder, Expertin für Zeitgenössische Kunst im Dorotheum. Sie nennt jedoch neben Lassnig noch VALIE EXPORT, Martha Jungwirth und Eva Schlegel.

„Außer Lassnig gibt es keine andere österreichische Künstlerin, die wir für Auktionen suchen“, sagt auch Angela Baillou, Direktorin von Christie’s Österreich. Kowanz und VALIE EXPORT würden sie im Rahmen einer Sammlung eventuell mitverkaufen. Ein Blick in die Preisdatenbank bestätigt das. Der höchste Preis für VALIE EXPORT wurde 2015 von Westlicht mit 45.000 Euro erzielt. 2013 erzielte eine Arbeit bei Christie’s 40.918 Euro. Der Rest blieb im Land und preislich weit darunter.

Erst wenn sich ein breiter Markt im eigenen Land etabliert hat, werden die Künstler auch für internationale Auktionen interessant. Das ist das Problem der kleinen Länder, die nicht so eine große Kaufkraft haben.

Angela Baillou, Direktorin Christie's Österreich

Allerdings könnte die Künstlerin in Zukunft einen Aufschwung erleben. Im Oktober 2017 hat die Galerie Thaddaeus Ropac ihre Vertretung übernommen. Die in Paris gezeigte Ausstellung „Body Configurations“ erfuhr viel Aufmerksamkeit. Die Galeriepreise lagen mit einer Preisspanne von 10.000 bis 135.000 Euro deutlich über dem Sekundärmarkt. Baillou sieht das Problem im schwachen heimischen Markt. „Erst wenn sich ein breiter Markt im eigenen Land etabliert hat, werden die Künstler auch für internationale Auktionen interessant. Das ist das Problem der kleinen Länder, die nicht so eine große Kaufkraft haben“, sagt Baillou.

Anna-Sophie Berger, Italien (Italy), 2018, Sperrholz, Polarfleece, Fadn, Schrauben und Plastikräder, 40 x 46 x 49 cm | Foto: Maximilian Anelli-Monti | Courtesy by the artist und Galerie Emanuel Layr Wien/Rom

Anna-Sophie Berger, Italien (Italy), 2018, Sperrholz, Polarfleece, Fadn, Schrauben und Plastikräder, 40 x 46 x 49 cm | Foto: Maximilian Anelli-Monti | Courtesy by the artist und Galerie Emanuel Layr Wien/Rom


Positionierung junger Künstlerinnen

„Internationale Vernetzung und mediale Aufmerksamkeit spielen für die Positionierung eine große Rolle“, sagt Sophie Tappeiner, eine der jungen Wiener Galeristinnen, die sich sehr für Künstlerinnen einsetzt. Sie hat Angelika Loderer im Programm, die international reüssiert. Die Secession widmete ihr eine Einzelausstellung und sie hat auf der Mailänder Messe Miart Fair für die Soloshow den Preis für den besten Stand erhalten. Positive Kritiken gab es von internationalen Kunstmagazinen wie dem Frieze und dem Artforum. Preislich hat Tappeiner ihre Arbeiten zuletzt etwas angehoben, sie liegen jetzt zwischen 2.000 und 20.000 Euro.

Ein gutes Beispiel, wie internationale Vernetzung wirkt, ist auch Anna-Sophie Berger, die in Österreich Emanuel Layr im Programm hat. „Anna-Sophie hat starken Rückhalt bei internationalen Kuratoren. Sehr hilfreich war das Projekt mit Balenciaga. Ihre Skulpturen stehen in den wichtigen Balenciaga-Stores. Es ist eine Abwandlung einer Arbeit, die sie im Rahmen des Ars-Viva-Preises gezeigt hat“, so der Galerist. Sie kann auf eine enorme internationale Ausstellungsaktivität verweisen. In New York vertritt sie die JTT Galerie. „Das schlägt sich auch in den Preisen nieder, die in den vergangenen beiden Jahren um rund 30 Prozent gestiegen sind“, so Layr.

Aber wir sind in Österreich nicht neugierig genug auf neue Künstlerinnen.

Renate Kainer, Galeristin

Ein vergleichbares Beispiel ist Ulrike Müller, die nach New York ging und dort hervorragend vernetzt ist. Sie ist Mitglied der feministischen Genderqueer-Gruppe LTTR. 2017 war sie auf der Whitney Biennial vertreten und heuer wird sie auf der Biennale von Venedig sein. In Wien vertritt sie die Galerie Meyer Kainer. „In New York kennen sie alle Künstler, in Österreich wird sie nicht wahrgenommen trotz der Ausstellung im MUMOK. Aber wir sind in Österreich nicht neugierig genug auf neue Künstlerinnen“, kritisiert Galeristin Renate Kainer. Preislich seien ihre Arbeiten noch erschwinglich, Emailarbeiten kosten beispielsweise um die 20.000 Euro.


Den vollständigen Artikel lesen sie in unserem PARNASS 1/2019.

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