Ein bisschen brav: Die Art Cologne 2021

ERIKA HOCK, MAYA SHIRAKAWA bei der Galerie Cosar auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS

Nach dreimaliger, der Pandemie geschuldeten, Verschiebung eröffnete die Art Cologne am 17. November – mit verbreiteten Gängen und einem großzügigen Raumkonzept "corona-konform". Wenngleich die Preview anfänglich gut besucht war, dünnte der Besucherstrom gegen späten Nachmittag und Abend aus. Als Thema waren neben der Kunst die steigenden Corona-Zahlen stets präsent und prägten insgesamt die Atmosphäre der Messe. 


Bei all der Diskussion um neue Messeformate kommt die Art Cologne sehr klassisch daher. Im Gegensatz zur Turiner Artissima Anfang November nützt die Kölner Messe die Möglichkeiten der digitalen Vermittlung kaum bis gar nicht. Ebenso präsentieren viele Galerien traditionelle Messestände – oft übervoll bringen sie nahezu ihr ganzes Portfolio mit. Darunter vorrangig Malerei in allen Formaten und mit teils sehr günstigen Einstiegspreisen. Man hat den Eindruck auf Biegen und Brechen sollen hier die Defizite des Corona-Jahres 2020 aufgefangen werden –  durchaus verständlich.

Man hat den Eindruck auf Biegen und Brechen sollen
hier die Defizite des Corona-Jahres aufgefangen werden.

Silvie Aigner

In der Sektion "New Positions" gelingt es jedoch einigen Galerien das eine oder anderen interessante Standkonzept zu realisieren. Künstler:innen die in dieser Sektion aufgefallen sind: Die in Berlin lebende Malerin Conny Maier, die wir in PARNASS 04 im Zuge der "Neuen Malerei" präsentiert haben. Ihre neuen Arbeiten bei Galerie König werden mit durchaus schon soliden Preisen von EURO 15.000,00 angeboten. Auch positiv herausgestochen: Rade Petrasevic bei Galerie Christine König, Wien – dessen Wandgestaltung als sprichwörtliche „Blau-Pause“ aus dem Messewirrwar hervortritt – sowie die in Düsseldorf lebende Künstlerin Silke Albrecht. Wobei uns die Auswahl der Arbeiten auf der Messe gemessen an ihrem gesamten Werk nicht überzeugten. Die Petra Rinck Galerie aus Düsseldorf bringt Johannes Bendzulla, Absolvent der Düsseldorfer Kunstakademie.

Sonderformat Neumarkt

Aufgefallen ist auch die gelungene Präsentation der Künstlerin Assunta Abdel Azim Mohamed bei Galerie Ernst Hilger. Markenzeichen der 1993 in Klagenfurt geborenen Künstlerin sind ihre Kugelschreiber-Zeichnung in denen sie sozio-kultureller Phänomene thematisiert. Nicht nur derdeutschen Kunstzeitschrift Monopol, AD und dem Fernsehsender WDR fiel die Künstlerin auf, sondern auch bereits einigen Sammler:innen, wie die Verkäufe der Galerie zeigen. Neue Sammler für die Künstlerin konnten in Köln gewonnen werden. Nicht mehr offizieller Teil der New Positions und doch überzeugende junge Kunst gab es außerdem von Millen Till (Galerie Crone), den wir auch in unserer aktuellen Up&Coming Ausgabe vorstellen sowie von Thomas Wachholz (Wentrup). Etwas brav blieb es unerwartet im "Neumarkt", jener Messesektion in der sich Galerien präsentieren, die weniger als zehn Jahre bestehen. Hier bestach Deborah Schamoni, die auf die Messe Arbeiten der deutschen Künstlerin Judith Hopf (*1969 Karlsruhe) zeigt.

Galerie Crone mit Millen Till und Otto Zitko auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS

Galerie Crone mit Millen Till und Otto Zitko auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS

Shootingstars aus Österreich

Eine insgesamt große Präsenz hat Markus Oehlen, der gleich bei ein paar Galerien mit Werken aus verschiedenen Perioden vertreten ist, wie unter anderem bei Bärbel Grässlin, die eine Auswahl seiner aktuellen Arbeiten zeigt. Filomena Soares aus Lissabon brachte zwei schöne ältere Arbeiten von 1997 und 2002 um EURO 40.000,00 nach Köln. Spricht man von großen Präsenzen, so ist die Postwarkunst und die Kunst des frühen 20. Jahrhunderts diesmal – und zwar auf beiden Stockwerken – sehr präsent. Mit dabei sind Sigmar Polke, Eduardo Chillida, Antonin Tapies, Per Kirekby (Michael Werner) bis hin zu erstaunlich vielen Arbeiten von Serge Poliakoff. Einen sehr gelungenen Generationenmix mit sehenswerten Arbeiten präsentiert Philipp Konzett. Vor allem die Werke von Rudolf Polanszky, trotz seines Alters einer der österreichischen Shootingstars, der mit seiner Vertretung bei Gagosian auch international reüssiert, sind besonders gut ausgewählt und zeigen die Expertise des Galeristen für das Werk des Künstlers. Erwähnenswert auch Christian Eisenberger. Eine Acryl-Mischtechnik mit der Inschrift "man soll sich nichts zu schwer machen", bietet Konzett um EURO 22.000,00 an. Auch die Skulptur von Herbert Brandl "Ohne Titel" um EURO 48.000,00 sollte die Sammler begeistern, Otto Muehls "Shark", von 1988 um EURO 85.000,00 hatte laut Galerie zu Redaktionsschluss gute Chancen in Köln zu bleiben.

Assunta Abdel Azim Mohamed bei der Galerie Ernst Hilger auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS

Assunta Abdel Azim Mohamed bei der Galerie Ernst Hilger auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS

Neues für Sammler

In den Bereich der Wiederentdeckungen fällt Sine Hansen (1942–2009) bei Exile. Die Wiener Galerie zeigte bereits auf der Artissima in Turin mit Tess Jaray eine Künstlerin die wieder stärker in den Fokus gerückt werden soll und schließt damit in Köln nun an. Erfolgreich, wie Galerist Christian Siekmeier erzählt, da er bereits einige Sammler kennenlernen durfte, die Arbeiten der heute weitgehend vergessenen deutschen zur Pop-Art zählenden Künstlerin besitzen – eine Basis für die von ihm geplante Aufarbeitung ihres Werkes. Um ein internationales Publikum für Lois Weinberger bemüht sich in Köln die Galerie Deweer/Keteleer aus Antwerpen und zeigt Zeichnungen um EURO 4.000,00 sowie eine Leinwandarbeit um EURO 30.000,00. Diese Intentionen, Österreich international zu positionieren, liegen auch der Präsentation der Galerie Suppan zugrunde, wo sich Sebastian Suppan um ein breiteres Sammlerpublikum für Hildgard Joos und Rudolf Ray bemüht.



Persönliche Höhepunkte

Entdeckungen auf Kunstmessen sind ohnedies immer subjektiv, aber was uns aus unserer Sicht besonderes gefallen hat, waren bei Galerie Kadel Willborn aus Düsseldorf Arbeiten von Esther Kläs und Ayan Farah sowie natürlich immer wieder Vivien Greven, die ja bereits einmal eines unser PARNASS Cover zierte. Die Werke der 1987 in Sharjah (VAE) geborenen, in Schweden aufgewachsenen und lebenden Künstlerin Ayan Farah mögen auf den ersten Blick vielleicht etwas unspektakulär erscheinen, entpuppen sich jedoch als komplexe Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Malerei, Materialimmanenz, Textil und Land Art. Außerdem setzte die Galerie abermals auf sehenswerte Arbeiten der bereits 1958 geborenen Linda Matalon, die bereits auf der Art Cologne 2019 gut verkauft werden konnte. Apropos 2019 – damals zur letzten Ausgabe der Traditionsmesse, vor Corona und Reisebeschränkungen war die Liste der internationalen Galeriebeteiligungen noch länger. Auch einige Nachbarn blieben diesmal aus. So war es auffällig leise um einige Galerien aus Düsseldorf, Sies + Höcke oder Van Horn fehlten diesmal. Doch andere Platzhirsche kamen und verkauften auch. Thaddaeus Ropac konnte drei Arbeiten von VALIE EXPORT in der Sammlung Ludwig in Köln hinterlassen. Um EURO 425.000,00 wurde eine Arbeit von Tony Cragg an eine Privatsammlung in NRW verkauft.

Von NFTs bis Antiquitäten in Köln will man alle Abholen

Aus dem Bereich Digitaler Kunst und der Welt der NFT ist erstaunlich wenig zu sehen. Am Stand der Galerie Nagel / Draxler hat Kenny Schachter eine NFT-Arbeit als digitale Skulptur inszeniert. Bei König ist ein NFT-Werk von Refik Anadol, der Bilder vom Mars zu einem Loop transformiert hat zu sehen – nun ja, eher wenig überzeugend. Insgesamt dominieren auch hier Hybridformate zwischen digitaler Kunst und Objekt, wie dies auch die Arbeiten von Niko Abramidis & NE bei max goelitz zeigen. Der junge Galerist aus München ist zum ersten Mal auf der Art Cologne und präsentiert sich mit wohl einem der besten Standkonzepte der Messe. Er zeigt mit Niko Abramidis &NE, Natacha Donzé, Lou Jaworski drei junge Künstler in Dialog mit Werken von Brigitte Kowanz. Die kam allgemein in Köln gut an – ihre Edition "asap" bei Galerie Edition Artelier Contemporary aus Graz war bei Redaktionsschluss bereits verkauft (EURO 12.600,00).

Der Novembertermin bleibt

Der Messetermin im November stieß bei den Galeristen auf Zustimmung und soll auch im nächsten Jahr bestehen bleiben. Parallel zur Art Cologne findet in diesem Jahr auch die COFA statt, die mit einem Portfolio aus Kunst und Antiquitäten aufwartet, der Bereich Design – im Titel geführt – wurde kaum gestreift. Insgesamt war die Qualität der Stände durchwachsen. Herausgestochen ist dabei die Sonderschau zu Vienna 1900 die auf Einladung der Messe die beiden Galerien Wienerroither&Kohlbacher und Galerie bei der Albertina mit Möbel, Kunsthandwerk, Zeichnungen und Gemälden bespielten. Dafür wurde eine eigene Koje designt. Tolle Arbeiten, aber insgesamt wirken diese hochqualitativen "Leihgaben" aus Wien in dem Stilgemix auf der COFA verloren.

Galerie max goelitz auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS

Galerie max goelitz mit Arbeiten von Niko Abramidis &NE und Lou Jaworski auf der Art Cologne 2021, Foto: PARNASS


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