Foto: Peter Fritzwallner


Im Juni veranstaltete die Klasse für Transmediale Kunst von Brigitte Kowanz, Universität für angewandte Kunst Wien einen Talk zum Thema Kunstmarkt. Der Fokus lag dabei auf der jungen Generation der Galeristen und Galeristinnen. Eingeladen zum Panel waren Julian Inic, von der Galerie Meyer Kainer, Andreas Huber, Direktor der Galerie Crone Wien, Laura Windhager, Gianni Manhattan, Henrikke Nielsen, Galerie Croy Nielsen, Valentin Kenndler, Art Advisor und Galeristin Lisa Kandlhofer. Moderiert wurde der Talk von Angela Stief.


Angela Stief eröffnete die Runde mit der Frage, was die Motivation war, für die Teilnehmer des Panels Galerist beziehungsweise Galeristin zu werden. Die Antworten fielen dazu recht einstimmig aus. Der direkte Kontakt zu den Künstlern und Künstlerinnen, die Möglichkeit ihre Arbeit und ihre Karriere zu begleiten, standen im Fokus. Der Standort Wien wurde dabei durchwegs positiv bewertet beziehungsweise als Basis gesehen, um international zu arbeiten. Andreas Huber, Direktor der Wiener Dependance der Berliner Galerie Crone meinte hingegen: „Der Standort ist eigentlich egal. Der Job ist überall gleich schwer.“ An der Galeriearbeit interessiert ihn vor allem die Vermittlerrolle zwischen Käufer, Sammler und den Künstlern. „Es gibt de facto keine andere Position, die so nah dran ist am Künstler, wie der Galerist“, so Huber. Laura Windhager, Gründerin und Leiterin von Gianni Manhattan, die zunächst im theoretischen, institutionellen Bereich arbeitete, lernte das Galeriewesen durch ihre Tätigkeit bei Hubert Winter kennen, wo sie vor allem für die jüngeren Positionen der Galerie zuständig war. Ihr Interesse liegt auch am Zusammenspiel der Kunst mit einem kritischen und auch durchaus kommerziellen Diskurs. Der Fokus ihrer Galeriearbeit, so Windhager, liegt bei „Künstlern und Sammlern meiner Generation“.

Standort Wien

Henrikke Nielsen und Oliver Croy zogen 2016 nach acht Jahren in Berlin Kreuzberg mit ihrer Galerie nach Wien. Was bewegt Galeristen von dem „hippen Berlin“ nach Wien zu ziehen, will Angela Stief von Henrikke Nielsen wissen. „Ich selbst bin Dänin, also auch in Berlin eigentlich per Zufall gelandet. Unsere Sammler und unser Markt ist international und ist regional nicht in Berlin gebunden. Wir haben kaum an Berliner Sammler verkauft, denn es gibt so gut wie keine. Daher war die Entscheidung für Wien nicht so radikal. Wir hatten hier schon immer gute Kontakte. Es gibt hier eine große Lücke, zu den etablierten Galerien, darin sehe ich ein großes Potenzial. Wir agieren von Wien aus, ganz gleich wie aus Berlin und sprechen unser internationales Sammlerpublikum an. Aber Wien bietet darüber hinaus ein qualitativ hochwertiges Umfeld, wo Sammler und Sammlerinnen auch gerne hinfahren. In Bezug auf die Szene – die Künstler, Sammler, Kuratoren und Institutionen versprechen wir uns neue Impulse und Perspektiven, die wir in Berlin so nicht gesehen haben. Und es gibt auch ein gutes lokales Sammlerpublikum. Dass wir nach Wien gingen, hat jedoch weniger mit den Bedingungen in Berlin zu tun, als vielmehr mit dem Potenzial das wir in Wien gesehen haben.“

Foto: Peter Fritzwallner

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Aber Wien bietet darüber hinaus ein qualitativ hochwertiges Umfeld, wo Sammler und Sammlerinnen auch gerne hinfahren.

Henrikke Nielsen, Croy Nielsen

Andreas Huber, übernahm im September 2017 die Galerie Crone in Wien, meint, dass er nie eine Konkurrenz zwischen den beiden – oft verglichenen – Städten gesehen hat. Wien hat jedoch in den letzten Jahren, so Huber, eine sehr positive Entwicklung im Bereich der Gegenwartskunst gemacht, die auch international gesehen wird. „Daran haben auch die jungen Galerien, die in den letzten Jahren hier eröffnet haben, einen großen Anteil, sie haben die Kunstszene dynamischer gemacht.“ Auf die Frage der Moderation, ob Wien groß genug sei für die Anzahl der Galerien, meint Andreas Huber. „Das ist immer so eine technische Frage hinsichtlich des Marktes. Man generiert als junge Galerie ja auch den Markt und muss sich selbst ins Zentrum eines Prozesses stellen, was mit Sicherheit ein großes Stück Arbeit bedeutet. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass meine Galeriekollegen Konkurrenten sind.“ Dem pflichtet auch Laura Windhager bei. „Das viele der jungen Galerien gleichzeitig eröffnet haben und zusätzlich noch Galerien aus Deutschland nach Wien gezogen sind, hat ein Momentum eröffnet und der Kunstszene in Wien viel Aufmerksamkeit geschenkt“, ist sie überzeugt.

Die neue Galeristengeneration

Auch der Art Consulter Valentin Kenndler sieht in der neuen Galeristengeneration eine historische Chance. „In den letzten Jahren sind fünf bis sechs neue hochqualitative Galerien aufgetreten, die auch untereinander anders agieren – in einem größeren Miteinander als die ältere Generation.“ Ist ein neuer kooperativer Geist entstanden? fragt Angela Stief. „Ja“ meint auch Lisa Kandlhofer. „Wir müssen diese Chance nützen, dass wir eine neue Generation an Galeristen sind und gleichzeitig damit auch eine neue Generation an Sammlern ansprechen. Ich sehe zum Beispiel für meine Galerie einen großen Vorteil darin, auch mit Künstlern zu arbeiten, die bislang nicht in Wien vertreten waren.“

Wir müssen diese Chance nützen, dass wir eine neue Generation an Galeristen sind und gleichzeitig damit auch eine neue Generation an Sammlern ansprechen.

Lisa Kandlhofer

Henrikke Nielsen betont nochmals das Potenzial von Wien und erzählt, dass ihr oft vermittelt wurde, sie würde es in Wien schwer haben, da die Galeristen untereinander super kritisch wären. Doch sie sei positiv überrascht worden. Andreas Huber meint zudem, dass Wien zu Unrecht diesen Ruf hätte, denn in anderen Städten wäre die Situation auch nicht freundlicher. „Es ist wesentlich“ meint Laura Windhager noch zu diesem Thema, „die Bewegung des Commons auch auf das Galeriewesen zu übertragen, vergleichbar anderen bereits bestehenden kooperativen Projekten wie Condo in London zum Beispiel, um sich auszutauschen, Netzwerke aufzubauen.“ Henrikke Nielsen stimmt dem zu, relativiert jedoch „Condo generiert ein Community Feeling und ist ein großartiges Projekt. Doch ist es nicht die Lösung und ersetzt keine Messe. Es wird dabei nicht dieselbe Kauflust erzeugt wie bei einer Messe.“

Foto: Peter Fritzwallner

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Kunstmessen

Das Thema Messe ist verbunden mit sehr hohen Kosten und ist insgesamt, so die Galeristen und Galeristinnen ein wichtiges Thema, das es zu diskutieren gilt. Erst kürzlich ließ David Zwirner aufhorchen, als er postulierte, bereit zu sein, für seinen Stand auch mehr zu zahlen, um kleinere oder jüngere Galerien die Messeteilnahme zu ermöglichen, in dem sie weniger Standgebühren zahlen müssen: „Auch gute Galerien, die ein ambitioniertes und gutes Programm machen würden, hätten in den letzten Jahren schließen müssen“, so Nielsen. „Wenn man bei zwei Messen, mit einer Standmiete von 20.000 Euro plus Transport-, Übernachtungs- und anderen Nebenkosten nichts verkauft, ist das fatal.“ Die Sonderprojekte auf den Messen seien grundsätzlich kuratorisch toll und wichtig, so die Galeristin, doch landet man in so einer Sektion, hätte man weniger Verkaufschancen. Ein interessantes und für das Publikum durchaus überraschendes Statement, nimmt man doch an, dass gerade die Sonderprojekte eine erhöhte Aufmerksamkeit erhalten.  „Die Messen haben eine große Verantwortung“ sind sich die Diskussionsteilnehmer einig. Nielsen nennt die Paris International als gelungenes Beispiel. Die Messe findet zur selben Zeit wie die FIAC statt, wird allerdings ausschließlich von den Galeristen selbst organisiert und nicht über eine Messeagentur.

Foto: Peter Fritzwallner

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Big Player vs Mid-Size Galerie

Valentin Kenndler sieht das Problem auch darin, dass die Big Player, wie Zwirner, Gagosian, Hauser&Wirth oder Ropac sehr erfolgreich Prestige verkaufen. „Sammler wollen das Image haben, dass sie eine Arbeit von der Galerie Ropac, Hauser&Wirth etc. erworben haben. Ich glaube aber, dass sich nicht jeder Sammler in diesen großen Galerien auch wohlfühlt. Gerade daher mache ich mir generell keine Sorgen und sehe auch das Potenzial ein anderes Sammlerpublikum anzusprechen. Doch ist es unbestritten, dass es durch die großen Ausstellungen dieser Galerien, die oft ja auch nahezu museale Ausstellungen sind, mit Leihgaben etc., ein gewisses Meinungsmonopol vorhanden ist.“ Andererseits, so Lisa Kandlhofer, wird der Markt immer größer, im letzten Jahr gab es einen Umsatz, so die Galeristin, von 60 Milliarden Euro. „Das finde ich interessant und auch die Frage nach einer Unterstützung jener Galerien, nach einem Team- und Transferwechsel.

Sammler wollen das Image haben, dass sie eine Arbeit von der Galerie Ropac, Hauser&Wirth etc. erworben haben

Valentin Kenndler, Kunstberater

Oft ist es doch so, dass die mittelgroßen Galerien, junge Künstler aufbauen, die dann jedoch zu größeren Galerien wechseln, die diese Aufbauarbeit jedoch nicht leisten.“ Eine Galerie wird nie alles leisten können, meint dazu Julian Inic von der Galerie Meyer Kainer, sprich Mid-Sized, High End und Emerging Artist gleichwertig aufzubauen. Besonders schwer, so Inic, sei es Mid-Sized Artist zu unterstützen, da diese im Gegensatz zu jungen Positionen nicht mehr in Formaten wie Künstlerkollektiven präsent sein können oder Off-Spaces, die auch stets ein Marktinteresse generieren und sie fallen auch aus den meisten Förderungen heraus. Die Galerien benötigen einen Mix aus jungen und gut verkäuflichen Positionen, daran sei auch nichts verwerflich meint Valentin Kenndler dazu. „Wien ist hier sicher ein guter Nährboden“ ist er überzeugt „Was bisher gefehlt hat, ist ein gewisser Spirit, den nun diese Generation an Galeristen und Galeristinnen mitbringt.“ Doch sieht er gerade bei jungen österreichischen Sammlern wenig Mut zu Neuem.

 

Art Advisors

Andreas Huber attestiert den österreichischen Sammlern allerdings eine Treue zu Galerien und Künstlern. „Ein nicht zu unterschätzender Faktor“, so Huber, „denn auch wenn die Galerien hauptsächlich an internationale Sammler verkaufen, so ist es wichtig, in schlechten Zeiten, stets darauf zählen zu können, dass der Sammler in Österreich dennoch kauft, dennoch stimmt er Valentin Kenndler zu, „etwas mehr Mut zum Risiko wäre gut.“ Dieses wäre jedoch auch bei den Art Advisorn gefragt, meint Lisa Kandlhofer kritisch an, „um einen Sammler zu motivieren, abseits der Trends zu kaufen.

Es sind schon viel zu viele Art Advisor unterwegs.

Andreas Huber, Galerie Crone

Dazu müssen jedoch auch die Art Advisor offen sein für Neues und sich auch abseits der bekannten Künstler für die Szene interessieren.“ Andreas Huber sieht grundsätzlich die Zunahme der Art Advisor kritisch „Es sind schon viel zu viele Art Advisor unterwegs. Die Sammler vertrauen nicht mehr auf ihr eigenes Urteil. Vor allem in den USA läuft der Kontakt vorwiegend über Kunstberater." Doch gebe es darunter auch stets einen kleinen Kreis an gut ausgebildeten Fachleuten, mit denen die Zusammenarbeit hervorragend passt. Doch im Gegensatz, so Huber, zu den Art Advisors gehe der Galerist bei weitem ein höheres Risiko ein, wenn er junge Künstler aufbaut. Henrikke Nielsen zollt der Berufsgruppe dann doch auch Respekt und wirft ein, dass es richtig gute Art Advisors gäbe, „die mir durchaus schon mein Budget gerettet haben. Daher ist die Zusammenarbeit wichtig.“

Eine Diskussion gut moderiert von Angela Stief, die interessante und brisante Aspekte der Wiener Kunstszene angesprochen hat. Im Herbst soll eine weitere Diskussionsrunde mit Galeristen und Galeristinnen folgen, die in den 1970er-Jahren die Szene in Wien mitaufgebaut haben, wie Ursula Krinzinger, Rosemarie Schwarzwälder oder Heike Curtze.

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