Studio Visit: Zu Besuch bei Carlos Perez

Zwei Hunde und ein Affe starren mich beim Betreten des Ateliers von Carlos Perez unverhohlen an. Seine großformatigen Ölbilder sind bunt und lebendig. Die Musik, die im Hintergrund läuft, passt dazu. Man kommt nicht umhin, es als lateinamerikanischen Flair zu bezeichnen. „Die Hunde meiner Mutter“ sind wie eigentlich fast alle Arbeiten, die hier zu sehen sind, in diesem Jahr entstanden. Und das sind nicht wenige. Die Energie, die einen hier umgibt, scheint auch Perez’ Arbeitsweise zu bestimmen.


Der 1981 in Guatemala geborene Künstler kam 2002 nach Wien, wo er bei Erwin Bohatsch und Walter Obholzer auf der Akademie der Bildenden Künste in Wien studierte. Die Kunst war für Carlos Perez schon des öfteren der Retter aus verschiedenen Krisen. Diesmal galt es mit der Situation zu Hause umzugehen. Wie befreit man den Geist in so einer Zeit? Man muss es als eine Art Neufindung begreifen, so Perez.

Die Papierarbeiten sind entstanden, weil ich kein Material hatte. Ich habe begonnen mit dem zu arbeiten, was ich gerade zur Hand hatte.

Carlos Perez im Atelier, 2021, Foto: Horacio Rivera. Unique Films OG

Eigentlich war er gerade dabei seine Solo-Show für die Stadtgalerie in Waidhofen an der Ybbs vorzubereiten, doch die wurde aus bekannten Gründen abgesagt. „Sin Recuerdos No Hay Memoria“ wäre der Titel gewesen. Wörtlich übersetzt „Ohne Erinnerungen gibt es kein Gedächtnis“, was ob der aktuellen Lage wie eine drohende Prophezeiung klingt. Bleibt zu hoffen, dass die Ausstellung noch nachgeholt wird.

„Das Rennen“ ist das Bild von einem Jockey auf einem galoppierendem Pferd. An seinem Hals hängt ein Affe, ein wiederkehrendes Motiv in Perez’ Arbeiten. Es geht um Alltagskämpfe, aber den Blick nach vorne gerichtet, hat diese Arbeit etwas Hoffnungsvolles und versprüht auf ihre Art positive Energie. Man könne solche Situationen wie aktuell schließlich für sich nutzen und aus Fehlern lernen, so Perez. „Bilder sind Hoffnungen, die man in die Zukunft projiziert.“ Menschen wären schließlich daran gewöhnt, neue Wege zu finden oder sich zu arrangieren, so Perez. Man könnte es auch Anpassungsfähigkeit nennen, ein nicht unwesentliches evolutionäres Merkmal.

Neben seinen opulenten Großformaten sind aber auch sehr interessante kleinere Arbeiten zu finden, die eine ganz eigene Dynamik haben. Als ob man ein bestimmtes Detail heran gezoomt hätte, sind diese feinen Motive stets in Bewegung und auch emotional näher dran. 

Die Kunst ist ein Teil von mir, etwas Lebendiges. Digitales nicht. Ich bin da vielleicht altmodisch.

Carlos Perez ist ein Vollblutmaler. Er glaubt an sie. „Die Malerei wird immer bleiben“, so Perez. Er selbst vergleicht seine Arbeit mit Höhlenmalerei. „Wir drehen uns eigentlich im Kreis, daher auch der Vergleich.“ Von NFTs hält er wenig. Für ihn sind das „Nerds, die am Kunstmarkt mitmischen wollen“. Man muss die Materialien spüren und riechen, so Perez. 

Das Rennen, 2021, Öl, Ölkreise auf Leinwand, 180x180, Foto: Horacio Rivera. Unique Films OG

Als nächstes möchte er sich mit Goyas „Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“ beschäftigen. „Wir leben zwar in einer modernen Welt, aber der Schmerz ist immer noch derselbe.“ Seine Arbeiten sind aber wie Anfangs erwähnt immer auch eine Art Trostspender wie „Die Umarmung“. Als Vorlage dienen oft Fotos oder Reproduktionen, die auch außerhalb ihres Kontextes universelle Botschaften vermitteln. So haben die vermummten Protagonistinnen der „Flower Delivery Girls“ nichts mit der aktuellen Maskensituation zu tun. Sie sind Teil einer Demonstration in Chile, doch die Mädchen schmeißen eigentlich Steine. Perez verwandelt diese in Blumen, was natürlich auch als augenzwinkender Verweis auf Banksys „Blumenwerfer“ zu verstehen ist.

Neben seiner Malerei hat Carlos Perez auch bereits mehrere Kunst-am-Bau-Projekte realisiert. Derzeit arbeitet er mit seiner Partnerin, einer Architektin, an einem WohnhausProjekt in Guatemala. Der private Raum ist für den mit sieben Geschwistern aufgewachsenen Künstler ohnehin eher etwas Ungewohntes. In seinem Atelier fällt einem dann auch auf, dass alle Türen rausgenommen wurden. „Da stört man doch die Kommunikation, die es geben könnte, auch wenn es nur ein Blick ist“, so Perez.

Bei der PARALLEL VIENNA EDITIONS, die im Mai im ehemaligen Semperdepot stattfinden soll, werden auch Arbeiten von Carlos Perez zu sehen sein.

Umarmung, 2021, Öl, Ölkreide auf Leinwand, 180x180 cm, Foto: Horacio Rivera. Unique Films OG

Carlos Perez

carlos.perez@gmx.net

nächste Solo Ausstellung „Sin Recuerdos no hay Memoria" in der Galerie Raumimpuls

(7. Mai 2021 - 30. Mai 2021)

Zur Website

Das könnte Sie auch interessieren