Unteres Belvedere

KOLOSSAL. Malerei im Großformat im Belvedere

Groß – größer – kolossal! Eine Ausstellung im Unteren Belvedere zeigt spektakuläre Hauptwerke, die aus Platzgründen nur selten zu sehen sind. Mit Formaten von bis zu zehn Metern präsentiert die Schau überdimensionale Gemälde vom Barock bis zur Gegenwart, eröffnet neue Perspektiven auf alte Bekannte und wartet mit spannenden Entdeckungen auf. PARNASS-Autor Andreas Maurer hat bereits vorab einen Blick darauf geworfen. 


„Es war auch logistisch eine kolossale Aufgabe“, verrät Johanna Hofer, wissenschaftliche Assistentin der Generaldirektorin und neben Stella Rollig Kuratorin dieses Projekts. „Denn im Gegensatz zu anderen Ausstellungen können nicht alle Großformate gleichzeitig angeliefert werden. Manche benötigen für die Hängung sogar mehr als acht Restaurator:innen und zwanzig Mitarbeiter:innen gleichzeitig [Anm.: Hans Makart, „Venedig huldigt Caterina Cornaro“]!“

Die Arbeit mit riesigen Leinwänden erfordert also nicht nur von den Künstlern viel Vorstellungskraft und Mut, sondern auch vom Belvedere. Anlässlich des 300. Geburtstages des Hauses darf aber ruhig geklotzt werden. „Am Anfang unserer Konzeption stand die Frage: Ab wann gilt ein Gemälde überhaupt als kolossal?! Denn kolossal, als Adjektiv, bezieht sich nicht nur auf die Größe eines Werkes, sondern auch auf dessen Intensität und Wirkung. Größe ist eine Definition und eine Frage der Verhältnisse.“ Schließlich konnten sich die Kuratoren auf das Maß des Menschen als Formel einigen, erzählt Johanna Hofer. Überlebensgroß ist gleich kolossal, heißt es also. „Diese Gemälde sind nicht nur aufgrund ihres aufwändigen künstlerischen Produktionsprozesses überdimensional, sondern auch in ihrer Rezeption. Da große Werke auf eine Weitsicht abzielen, werden die Betrachter:innen vom Bild automatisch auf Distanz gehalten. In unserer Ausstellung hat man nun aber auch die Möglichkeit, sie in all ihren Details zu entdecken.“

Ausstellungsansicht "Kolossal. Malerei im Großformat", Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Manche Bilder, darunter die opulenten Historiengemälde von Hans Makart – denen in dieser Schau sogar ein eigener Raum gewidmet ist –, müssen gar abgeschritten werden, damit man alle Details erfassen kann. Aber nicht nur alte Bekannte präsentieren sich in dieser Schau eindrucksvoll und spektakulär: Die Vögel auf dem fast vier Meter langen Bild „Erwachen“ (1908) von Karl Huck blicken dem Publikum herausfordernd in die Augen. „Diese Wirkung ist fast allen Großformaten eigen: Sie konfrontieren ihr Publikum direkt, man kann sich ihnen kaum entziehen. Auch körperlich setzt man sich unentwegt mit den Formaten in Verhältnis“, bemerkt Johanna Hofer. Kuratiert werden diese faszinierenden Bildwelten übrigens allesamt, bis auf eine Ausnahme, aus der hauseigenen Sammlung, Themenkreise haben sich in weiterer Folge atmosphärisch ergeben, meint die Kunsthistorikerin. So trifft etwa Tina Blaus „Frühling im Prater“ von 1882 (214 × 291 cm) auf Herbert Brandls „Ohne Titel“ (1997, 220 x 320 cm).

Ausstellungsaufbau "Kolossal. Malerei im Großformat", Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Da jedes der ausgestellten Werke per se auf Wirkung bedacht ist und nach Einzelansicht verlangt, ist die Kombination dieser Riesen besonders aufregend, ihr Dialog ein nie gesehenes „Rendezvous der Giganten“, so Johanna Hofer. „Wir zeigen Gemälde vom Barock bis zur Gegenwart. Die Schau beginnt mit einem Werk, das um 1700 datiert ist und wahrscheinlich als Ausstattung für eine Kirche oder Kapelle gedacht war. Eines der jüngsten Werke ist eine Arbeit von Elisabeth Plank [Anm.: „[Anm.: „Gloriosa“, 2011, 180 x 260 cm].“ Während große Formate meist große Künstler sowie große universelle Themen vermuten lassen, muss dahinter aber nicht immer ein großer Auftraggeber stecken, meint die Kunsthistorikerin und Kuratorin: „Tina Blau hat ihr Großformat etwa ohne direkten Auftrag gemalt. Auch ‚Die Philharmoniker‘ (302 x 465 cm) von Max Oppenheimer sind auf Initiative des Künstlers entstanden. Oppenheimer hat 26 Jahre an diesem Bild gemalt, das macht es nicht nur zu einem Hauptwerk in seinem Œuvre, sondern zu einem Lebenswerk.“

Hans Makart, Die Niljagd, 1876, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Gunter Damisch, Durchdringungsweltenwege, 1999–2000, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Max Oppenheimer, Die Philharmoniker, 1926-1952, Foto: Johannes Stoll, Belvedere, Wien, Artothek des Bundes, Dauerleihgabe im Belvedere, Wien

Karl Huck, Erwachen (Adler), 1908, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Unteres Belvedere, Orangerie

Rennweg 6, 1030 Wien
Österreich

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