Den Raum verschlingen

Eva Fàbregas im Hamburger Bahnhof

Die spanische Künstlerin Eva Fàbregas zeigt in der großen Halle des Hamburger Bahnhofs in Berlin ihre bisher größte Einzelausstellung mit 70 Skulpturen. Doch wo beginnt eine Skulptur, wenn sie aus Strukturen besteht, die miteinander interagieren? Eva Fàbregas’ Kunst besteht aus Luft und vielen Überlegungen.


Es ist irgendwie ganz nach oben gekommen und hängt dort. Schlängelt sich um die Metallstreben. Es türmt sich auf dem Boden auf, bewegt sich, ist rund, organisch, pastellfarben. Ohne Strukturen ist es Struktur und Skulptur. Dieses „Es“ besetzt den Raum, verschlingt ihn geradezu. Dabei ist es doch nur Luft, die die Skulpturen von Eva Fàbregas formt. Sie füllt riesige, farbige Stoffschläuche mit aufgeblasenen weichen Bällen, die diese weichen, raumgreifenden, wabernden Strukturen bilden. Jetzt türmen sie sich auf dem Boden auf, wachsen an den Säulen empor, hängen in den Metallkonstruktionen des Hamburger Bahnhofs in Berlin und zeigen, wie verstörend-überzeugend die junge, vielfach ausgezeichnete spanische Künstlerin den riesigen Raum beherrscht. Die neuste Arbeit von Eva Fàbregas, eine Auftragsarbeit der Berliner Nationalgalerie der Gegenwart, spielt virtuos mit dem Gegensatz zwischen der klaren, technischen Architektur der Bahnhofs-Ausstellungshalle und dem Organischen, Undefinierbaren ihrer Skulpturen.

Die Künstlerin, 1988 in Barcelona geboren und in Barcelona und London ausgebildet, hat auf Einladung von Sam Bardaouil und Till Fellrath, dem Direktorenteam des Hamburger Bahnhofs, die Halle in einen Organismus voller Organe verwandelt. Dass sie ihren Platz verlassen werden, dass sie weiterwuchern und die Halle vollständig besetzen, ist nicht anzunehmen, doch sie vermitteln den Eindruck, es jederzeit zu können.Der Titel ihrer Ausstellung „Devouring Lovers“, also sinngemäß sich verschlingende Liebende, nimmt dem  Wabernden ein wenig von der fröhlichen Unschuld und verstärkt den Eindruck, einem Wesen mit viel Eigensinn und einiger vernichtender Kraft gegenüberzutreten. Und das ist ganz in Eva Fàbregas’ Sinn. Denn die Künstlerin assoziierte schon beim ersten Bahnhofshallenbesuch „Verdauung und Trächtigkeit“,  Gebärmutter und Geschlechtsverkehr. 

Dieser Text wurde gekürzt. Weiter lesen Sie in unserem PARNASS Special UP&COMING.

Ausstellungsansicht, "Eva Fàbgregas. Devouring Lovers", Hamburger Bahnhof - Nationalgalerie der Gegenwart, 6.7.2023-7.1.2024 Courtesy Eva Fàbregas, Staatliche Museen zu Berlin, Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart / Foto: Jacopo La Forgia

Hamburger Bahnhof - Nationalgalerie der Gegenwart

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Deutschland

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