Galerie Straihammer und Seidenschwann

Bruno Walpoth und Eberhard Ross: REFUGIUM

Ausstellungsansicht, Refugium Galerie Straihammer und Seidenschwann Foto: © Martin Seidenschwann

Eine besonders feine Ausstellung zeigt aktuell die Galerie Straihammer und Seidenschwann. Der Dialog zwischen den Skulpturen des Südtiroler Künstlers Bruno Walpoth und dem deutschen Maler Eberhard Ross könnte nicht gelungener sein.


Der Vorschlag gemeinsam auszustellen kam von Bruno Walpoth. Die Künstler verbindet nicht nur dasselbe Geburtsjahr, sondern auch eine langjährige Freundschaft und Wertschätzung der jeweiligen künstlerischen Arbeit. Gemeinsam ist ihnen auch, so die Galerie in ihrem Pressetext: „die meditative Art zu arbeiten, das Versinken in ihre Welt des Künstlerateliers, beide scheinen mit ihren Werken während der Entstehung Zwiesprache zu halten.“ So zeigt die Galerie nun ihre erste gemeinsame Ausstellung in Österreich. Refugium – ein sicherer Ort in einer lauten Welt. Tatsächlich lädt die Ausstellung zum Verweilen ein, gleich einer Oase im Trubel der Großstadt.

Walpoth arbeitet mit Holz, genauer gesagt mit Linden- oder Nußholz und er arbeitet figurativ. Zuweilen sind seine Modelle so lebensecht, dass man meinte sie würden nur für einen Augenblick stillstehen oder sich jedem Moment wieder aus ihrer Bewegung lösen. Oder sie wirken zart und verletzlich, wie seine – zumeist liegenden nackten Menschen oder die Tänzerin in der Ausstellung. Vielfach, so Walpoth in einem Interview mit Deanna Elaine Piowaty (compustus.com), würden seine Figuren ein Gefühl von Einsamkeit oder Sehnsucht evozieren.

Aber er möchte keine Botschaft übermitteln, so der Künstler. Er möchte keine Geschichte erzählen, die Assoziationen, Deutungen entstehen allein bei Betrachter. „Für mich ist es wichtig, dass der Betrachter nicht an der Oberfläche meiner Skulpturen Halt macht, sondern über den nach außen sichtbaren Realismus hinausgeht und das Innere Leben der Skulpturen erfasst.“ Dem kann man sich ohnedies nicht entziehen. Vor allem die beiden gegenüberstehenden Skulpturen im letzten Raum der Galerie sind von großer Prägnanz. Sie sind weder Büste noch ganz Figur und stehen halbfigurig auf einem Sockel. Beinahe, denn die männliche Figur, scheint in diesem mit den Händen festzustecken. Die Kolorierung und die weiße Gesichtsfarbe unterstreichen ihre Wirkung. Das Spiel mit dem Sockel findet sich zuweilen auch in einem radikalen Bruch, zwischen ausgeformter Figur und naturbelassenen, rohen, unbearbeiteten Holz.

Walpoths Skulpturen scheinen dem ein wenig entrückt, es haftet ihnen die Aura eine Überzeitlichkeit an

Silvie Aigner

Viele der Modelle kennt Walpoth, ist ihnen auf der Straße, in Cafés begegnet, hat sie gezeichnet, ihre Bewegung und Gestik studiert und sie dann anschließend gebeten ihm im Atelier Modell zu stehen. Wobei er ihm Interview mit Piowaty auch zugibt nicht immer den Mut zu haben, die Menschen anzusprechen. Die Realität, so der Künstler, hätte ihn immer fasziniert. Das Material Holz ist ihm dabei als das adäquateste Material erschienen. Gut, Walpoth kommt aus einer Gegend, in der das Arbeiten mit Holz große Tradition hat. Doch arbeitet er damit nicht traditionell, sondern im Kontext der zeitgenössischen Kunst. Dabei haben seine Figuren mehr gemeinsam mit dem Hyperrealismus als mit dem expressiven Arbeiten eines Stephan Balkenhol. Auch in der pointierten Prägnanz denkt mehr eher an Ron Mueck.

Doch stimmt das dann bei genauer Betrachtung nicht mehr. Warum? Es hat mit dem Material zu tun und der subtilen Bearbeitung der Oberfläche, die man Mueck natürlich auch nicht absprechen kann. Doch ist Walpoths helle, zuweilen nahezu transparent erscheinende Oberfläche grundverschieden. Mueck (derzeit gleich um die Ecke im Dom Museum Wien zu sehen) stellt seine Figuren in die Zeit, sie sind Ausdruck des Hier und Jetzt – Walpoths Skulpturen scheinen dem ein wenig entrückt, es haftet ihnen die Aura eine Überzeitlichkeit an – selbst dann, wenn sie Jeans tragen und ihre Gestik unmissverständlich aus der Gegenwart entnommen ist.

Man ist daher auch nicht verwundert, dass der Künstler als Vorbild die Figuren der italienischen Renaissance nennt – die Darstellung idealisierter androgyne Jugendlichkeit und die helle Haut der Figuren in den Bildern von Pontormo oder Boticelli kommt einem dann garnicht so weit weg vor.

Ausstellungsansicht, Refugium Galerie Straihammer und Seidenschwann Foto: © Martin Seidenschwann

Ausstellungsansicht, Refugium  Galerie Straihammer und Seidenschwann Foto: © Martin Seidenschwann

Gelungen ist jedenfalls die Gegenüberstellung der Skulpturen mit den malerischen Arbeiten von Eberhard Ross. Ross ist in Krefeld, Deutschland geboren. Seine reduzierten Werke können nun erstmals auch in Wien betrachtet werden. Seine Bilder sind aus vielen Schichten zusammengesetzt und zum Teil mit Farbe hinterfangen, sodass sie auf der Wand feine, vibrierende, farbliche Spuren hinterlassen. So beanspruchen auch seine Bilder unmissverständlich den Raum. Die Struktur auf dem Bild wird vom Rhythmus der Linie bestimmt, die Ross – ohne Abzusetzen – auf die Leinwand bringt. Bei der Serie der „black and white writings“ wird eine einzige, niemals unterbrochene Linie in die Farbschichten eingetragen. Die Serie „fermata“ erhielt ihren Namen von dem Zeichen, das in der Musik das Halten eines Klanges oder einer Pause vorschreibt.

Eine Ausstellung die man nicht versäumen sollte und – nehmen Sie sich Zeit.

Galerie Straihammer und Seidenschwann

Grünangergasse 8/3, 1010 Wien
Österreich

Bruno Walpoth & Eberhard Ross. Refugium

bis 30. November 2019

Das könnte Sie auch interessieren