Studio Diary - Kaja Clara Joo

Kaja Joo, Studio © by the artist

Trotz Corona Unmut, Kunst wird produziert. Ob in den städtischen Ateliers oder auf dem Land, wohin einige der Künstlerinnen und Künstler sich zurückgezogen haben. Wir haben sie um Einblicke aus den Ateliers und Notizen zu dieser Zeit gebeten. Heute schickt uns Kaja Clara Joo Zeilen und Blicke aus Niederösterreich.


"Zurzeit habe ich mich aufs Land verschanzt. Geschuldet ist dies meinem Arbeitsmaterial, denn was ich aus Erfahrung weiß: frisch gegossener Latex verätzt Atemwege und Augen (schlecht, wenn ich in den nächsten Jahren noch arbeiten möchte), getrocknet riecht es wie sehr lange ungewaschene Wäsche (ebenso schlecht, wenn Arbeits- und Essraum normalerweise derselbe sind). Ein Prozess, der viel Raum und Umluft bedarf. Vielleicht brauche auch ich in diesen Tagen ein bisschen mehr Distanz zum Geschehen und Luft zum Atmen als sonst.

Die um uns liegende Architektur, die Räume, in welchen wir uns bewegen, beschäftigen mich momentan besonders. Einerseits täuschen sie uns Koordination und Schutz vor, andererseits agieren sie als Projektionsfläche für Geschehnisse. Die uns umschlingenden Wände wirken in diesen Zeiten besonders befremdlich, gar manchmal bedrohlich. Das Betreten eines neuen oder öffentlichen Raumes bleibt mit einer seltsamen Spannung gekoppelt. Ziehen Menschen an mir vorbei wirkt dies plötzlich enger und näher als sonst. Distanz ist subjektiv und unmessbar, was bedeutet schon ein Meter?

Kaja Joo, Studio © by the artist

Kaja Joo, Studio © by the artist

Das fasziniert mich. Ich bin aus Wien nach Neulengbach geflüchtet und nahm dabei ein Stück dieser Architektur mit. Ich habe unlängst begonnen, Kontaktabzüge von Räumlichkeiten herzustellen. Wände und Böden gieße ich mit Latex ab. Staub, Risse und Unebenheiten werden zu autonomen und stillen Akteuren, welche sich in mein Material einschreiben. Beim „Häuten“ transformieren sie sich in gespiegelte Entitäten, die darauf warten, einen neuen Körper zu bekommen. Es braucht stets eine Weile, bis sich meine Werke in einer neuen Umgebung zurechtfinden. Es ist, als stände man im andauernden sturen Dialog mit den Dingen. Blickt man zu Ihnen, bleibt dies nicht unerwidert.

Sei es die Aussicht auf die nächsten Maßnahmen der Regierung oder dauernd verschobene Eröffnungstermine, alles ist und bleibt vage. Geduld ist keine meiner Stärken. Ein Sprichwort, dass ich daher in diesen Tagen oft höre: „Alles kommt von selbst zu dem, der warten kann.“ Wir scheinen auf dem besten Weg, denn im Moment warten sowieso alle."

Kaja Joo, Studio © by the artist

Kaja Joo, Studio © by the artist


IMPRESSIONEN

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