Sinnesrausch 2019
Die vier Dimensionen Punkt, Linie, Raum und Zeit sind Grundelemente der Bildenden Kunst ‒ von ihnen geht alles aus und zu ihnen scheint alles wieder zurück zu kehren. Der Sinnesrausch 2019 greift diese Dynamik auf.
Elastisch, plastisch, fantastisch: Punkte, Linien und sphärische Blasen bewegen, spannen und stülpen sich über ganze Räume und führen hinauf auf das Höhenrausch-Dach. Der Standpunkt der BesucherInnen gerät dabei im wörtlichen, wie im übertragenen Sinn in Bewegung. Große Installationen, die mit dem ganzen Körper wahrgenommen werden, wechseln sich mit fein gesponnenen Projekten und performativen Elementen ab. Der Parcours, mit seinen Wegen, Brücken und Treppen, den verschiedenen Kunsträumen und dem Blick über Linz, bildet für dieses außergewöhnliche Kunstprojekt mit 26 internationalen künstlerischen Positionen den atmosphärischen Rahmen. Kuratiert wurde es von Katharina Lackner und Genoveva Rückert.
Die Linie als Leitfaden durch die Ausstellung
Eine Idee ist mit ein paar Linien in Form gebracht. Zeichnen – eine direkte Verbindung zwischen Kopf und Hand. Die Zeichnungen von Aldo Giannotti kommentieren und leiten humorvoll durch die Ausstellung. Mit wenigen Strichen beschreibt er etablierte Zu- und Umstände oder entwirft dafür neue Modelle und Utopien.
Ein Punkt geht spazieren.
Der Punkt öffnet sich zum Theater – mit dem Gesamtkünstler Achim Freyer – und Film – mit dem Experimentalfilmer Dietmar Brehm. In Bewegung gebracht, formt er sich zur Linie und nimmt uns mit auf die Reise. Am Weg nimmt die Linie Geschwindigkeit, und damit die Dimension der Zeit auf (bei Claudia Märzendorfer); sie wird bei Helena Martins Costa zum Drahtseilakt, zu Musik und Klang bei Constantin Luser, und zu Tanz und Raum für Interaktion bei William Forsythe.
Vom Punkt zum Pixel
Die Kunst der Bewegung ist immer auch eine Geschichte ihrer Technologie. Der binäre Code und der Pixel sind Grundelemente der heutigen Zeit, wie die Simulation von Wellen von Memo Akten, oder die Computeranimation von Universal Everything eindrücklich zeigt. Kunst stellt nicht mehr dar, bildet nicht mehr ab, sondern visualisiert Daten.
Die jüngste Kunstgeschichte im Gepäck
Bewegung und ihre Darstellung sind von Anbeginn an ein zentrales Anliegen der Kunst, geändert haben sich nur die Mittel und Techniken. Bewegte Objekte der „Kinetischen Kunst“ und die Sinne verwirrende Op Art aus den 1960er-Jahren waren Wegbereiter für die Gegenwartskunst. Gemeinsam ist ihnen die Reflexion über Raum, Körper, Zeit, Bewegung und die Beteiligung der BetrachterInnen. Den kunstgeschichtlichen Hintergrund bilden konstruktiv-konkrete Impulse der 1920er-Jahre in Westeuropa, darunter das Bauhaus, aber auch die frühe Computerkunst.
In der Ausstellung finden wir lokale aber auch international anerkannte VertreterInnen wie zum Beispiel einen der Wegbereiter für neue interdisziplinäre Gestaltung Helmuth Gsöllpointner mit seinen „Teleskop-Plastiken“ und einen der bedeutendsten Vertreter der Konkreten Kunst in Österreich, Josef Linschinger der sein vielschichtiges Werk, das Punkt, Linie, Fläche, Körper, Raum, Zeit, Farbe, Schrift, Wort, Sprache und Code zu Themen seiner Kunst macht.
Sphäre der Sinne
Die gefragte Taiwanesische Künstlerin Wang Te-Yu transformiert und umschließt den OK Saal mit einer begehbaren, pneumatischen Blase. Der Punkt bläst sich zur Blase auf und wird zur alles einnehmenden Sphäre. Wie schon in den 1960iger-Jahren bei dem beweglichen Raum von Gianni Colombo ist die Kunst heute immersiv und nimmt den Raum und die BetrachterInnen vollständig ein.
Das Publikum als Akteur, die KünstlerInnen als SpielerInnen und StadtplanerInnen
Der Standpunkt der BesucherInnen gerät im wörtlichen, wie im übertragenen Sinn in Bewegung. Raumgreifende Installationen und fein gesponnene Arbeiten laden sich mit Geschichten und performativen Elementen auf und fordern die geistige und körperliche Aktivität der BesucherInnen heraus. Es geht um die sinneserfassende ästhetische Erfahrung des Körpers im Raum.
Ganz in diesem Sinne lässt die italienische Künstlerin Marina Apollonio, die zu den PionierInnen der Op Art zählt, elementare Formen wie, Kreise, Spiralen und Streifen zu überraschenden Bewegungs- und 3D-Effekten werden. Ein besonderes Highlight im Rundgang ist auch heuer wieder der voestalpine open space: Die internationale Künstlergruppe Numen / For Use „spinnt“ ein betretbares, blaues Netz in den gesamten inneren Freiraum.
Die BesucherInnen bewegen sich durch einen luftigen Tunnel und erobern sich die fantastische Konstruktion kletternd! Eine eigens für das Dach konzipierte Installation von Urgent.Agency schafft mit wehenden, sich optisch überlagernden Stoffbahnen eine eindrückliche immersive Welt aus Farbe, Textur und Raum. Dazu gibt es auch eine Publikation der aus Architekten, Grafikern und Philosophen, zusammengesetzten Designagentur aus Kopenhagen.
Der spielerische Aspekt ist zentral
Auf dem Parkdeck 14 hat Benjamin Bergmann das lustvolle Wasserspiel neu strukturiert und um ein zentrales „schwebendes Wasserbecken“ erweitert. Wie eine räumliche Zeichnung breitet sich ein Netzwerk aus Rohren, Leitungen und Düsen auf dem Parkdeck aus. Inspiriert durch den Brunnen des Künstlers stehen Bauelemente aus Rohren Trichtern und Eimern für das junge Publikum und das freie Spiel bereit.
OÖ Kulturquartier
OK-Platz 1, 4020 Linz
Österreich