Polyphon – Werke aus der Sammlung Viehof in der Langen Foundation

Danh Vo und Marijke van Warmerdam, Ausstellungsansicht, POLYPHON. Künstlerische Positionen der Sammlung Viehof, 2018, Langen Foundation, Neuss

Noch bis 19. August ist die Ausstellung Polyphon in der Langen-Foundation in Neuss zu sehen. Die von Christiane Maria Schneider kuratierte Schau besticht durch eine konzentrierte Auswahl an Künstlern und Werken, die nicht nur untereinander ein stimmiges Bild ergeben, sondern auch kongenial die beeindruckende Architektur des Hauses raumgreifend für sich einnehmen. Und das ist nicht einfach, ist das von Tadao Ando auf ehemaligen NATO-Basis, heute besser bekannt als die Raketenstation auf der Insel Hombroich erbaute Museum schon für sich ein Kunstwerk, das sich in die weitläufige Landschaft einschreibt.


Die Ausstellung POLYPHON bringt Werke von sechs Künstlerinnen und Künstlern zusammen, die in der Sammlung Viehof vertreten sind: Thomas Houseago, Kimsooja, Danh Vo, Marijke van Warmerdam, Corinne Wasmuht und David Zink Yi. Mit dieser Ausstellung präsentiert sich die Sammlung erstmals im Rheinland. Die künstlerischen Positionen unterscheiden sich deutlich in ihren Arbeitsweisen, in ihren Themen und Medien, die Malerei, Skulptur, Installation sowie Film und Video umfassen. Die Ausstellung setzt jedoch diese sowohl formal wie kontextuell sehr individuellen Werkzugänge zueinander in Beziehung.

Perspektive in einer globalen Welt

Das Gemeinsame ist demnach eigentlich auch die Unterschiedlichkeit oder anders gesagt, das Miteinander von individueller Kulturen und Vorstellungen als Perspektive in einer globalen Welt sowie die Auseinandersetzung mit der Komplexität von Identität. Sie wird, so die Kuratorin nicht als Einheit und Konstante verstanden, sondern in Bewegung gedacht. Der Fokus der Ausstellung liegt auf Werken der jüngeren Generation aus der Sammlung Viehof. Diese werden ergänzt durch aktuelle Werke, die zum Teil eigens für die Ausstellung entstanden sind.

Kimsooja, A Laundry Women, 2000, Installationsansicht Langen Foundation, Foto: Archiv Sammlung Viehof

Kimsooja, A Laundry Women, 2000, Installationsansicht Langen Foundation, Foto: Archiv Sammlung Viehof

Die koreanische Künstlerin Kimsooja ist mit einem Videostill vertreten und mit der im Jahr 2000 realisierten Installation „A Laundry Woman“ in der sie die soziale Komponente von Zusammenleben und Miteinander betont. Sie verwendete dafür traditionelle koreanische Stoffe, Dinge des täglichen Gebrauchs, da sie als Bettdecken ebenso verwendet werden wie zusammengeschnürt zu Bündeln dazu dienen, die eigene Habe mit sich zu führen. So lassen diese sogenannten Bottaris auch an weltweite Mobilität und Migration denken.

Das Gemeinsame ist demnach eigentlich auch die Unterschiedlichkeit oder anders gesagt, das Miteinander von individueller Kulturen und Vorstellungen als Perspektive in einer globalen Welt sowie die Auseinandersetzung mit der Komplexität von Identität.

 

Beeindruckend auch die Arbeit des aus Vietnam stammenden Danh Vo. Sein Werk ist zumeist stark von seiner Biografie geprägt und der eigenen Erfahrung von Migration. Die Familie des Künstlers zählte zu den sogenannten „Boat People“, die Ende der 1970er-Jahre über das Südchinesische Meer aus Vietnam flohen. Sie fand nach ihrer Rettung durch einen dänischen Frachter in Dänemark Aufnahme, wo Danh Vo aufwuchs. In der Ausstellung sind Elemente von „We the People“ zu sehen, dem wohl bekanntesten Projekt des Künstlers, das in den Jahren von 2011 – 2014 entstand. Dabei rekonstruierte er über einen Zeitraum von mehreren Jahren die Kupferhülle der New Yorker Freiheitsstatue mithilfe der damals üblichen Technik in einem Maßstab von 1:1, indem er einzelne Partien der Figur produzierte. So kamen letztendlich rund 300 Fragmente zusammen, die nun in Sammlungen überall auf der Welt verteilt sind. Aufgebrochen in Teile wird der Statue nicht nur ihre Monumentalität genommen, sondern reflektiert werden gleichermaßen der Mythos und die kulturellen Ideale, die mit dem Freiheitsbegriff verbunden sind.

David Zink Yi, Ausstellungsansicht, POLYPHON. Künstlerische Positionen der Sammlung Viehof, 2018, Langen Foundation, Neuss

David Zink Yi im Hintergrund Kimsooja, Ausstellungsansicht, POLYPHON. Künstlerische Positionen der Sammlung Viehof, 2018, Langen Foundation, Neuss | Foto: Archiv Sammlung Viehof


Time is ticking

Dominiert wird der Raum durch die blaue Textilarbeit der in Amsterdam lebenden Künstlerin Marijke van Warmerdams. Vor allem bekannt durch ihre Filmarbeiten, zeigt Kuratorin Christiane Maria Schneider die Installation „Time is Ticking“ von 2014, die Darstellung und Erfahrung von Zeit auf besondere Weise thematisiert. Umlaufend an den Wänden des Ausstellungsraums hngen zwölf Wolldecken, die Ergebnisse eines Tests zeigen, der durchgefhrt wird, um kognitive Fhigkeiten zu prfen und als Mittel der Demenz-Diagnose dient. Dabei werden die Patienten gebeten eine Uhr zu zeichnen, die „Zehn nach elf“ zeigt und es gilt als Indiz fr eine Erkrankung, wenn dies nicht gelingt. Die zwölf Wolldecken geben entsprechend jeweils unterschiedliche, aber allesamt fehlerhafte Versionen des Ziffernblattes wieder und dokumentieren so Abweichungen von der Norm. Sie verweisen zugleich auf das individuelle Erleben von Zeit, das sich je nach Alter und Bewussteinszustand unterscheidet und im Schlaf oder Traum wiederum andere Dimensionen annimmt.

Ein wenig heraus aus dieser stimmigen Zusammenschau von inhaltlich sehr einprägsamen Arbeiten fällt die Malerei der 1964 in Dortmund geboren, Corinne Wasmuht. Sie wuchs in Peru und Argentinien auf und kam Mitte der 1980er-Jahre nach Deutschland, um an der Düsseldorfer Akademie ihr Kunststudium aufzunehmen. Mit ihrer Malerei schafft sie imaginäre Bildwelten, die ihren Ursprung in Versatzstücken der Realität haben. Ein Archiv aus eigenen Fotos und gefundenem Material bilden die Grundlage dieser Arbeit. Mit ihrem Fokus auf eine kleine Auswahl von insgesamt sechs jüngeren, international anerkannten Künstlern und Künstlerinnen, arbeitet die Ausstellung einen Aspekt der Sammlung heraus, der bisher weniger bekannt ist, und zeigt damit zugleich deren Dynamik und den engagierten Gegenwartsbezug.

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