Peter Dressler im Kunst Haus Wien
Vor 25 Jahren eröffnete das KUNST HAUS WIEN. In der ehemaligen Thonet-Fabrik wurde ein permanentes Museum für das Werk Friedensreich Hundertwassers sowie für Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst eingerichtet. Seit März 2014 wird das KUNST HAUS WIEN von Bettina Leidl geleitet. Sie führt den Fokus auf Fotografie weiter, hat aber eine erfrischende und auch im Hinblick auf die Besucherzahlen erfolgreiche Neuausrichtung konzipiert und mit der „Garage“ und der „Galerie“ auch neue Räume im Museum für die Kunst geöffnet. PARNASS traf Bettina Leidl zum Gespräch im KUNST HAUS WIEN.
PARNASS: Als du das KUNST HAUS WIEN übernommen hast, welche Potenziale hast du in dem Museum gesehen?
BETTINA LEIDL: Das KUNST HAUS WIEN hatte bereits durch den Schwerpunkt Fotografie, der in diversen Wechselausstellungen gezeigt wurde, ein gutes Profil gewonnen. Doch der Künstler Hundertwasser wurde sowohl in der Stadt als auch allgemein in der Rezeption der zeitgenössischen österreichischen Kunst zu wenig berücksichtigt. Und das, obwohl das KUNST HAUS WIEN eigentlich das einzige Künstlermuseum in Wien mit einer permanenten Ausstellung seiner Arbeiten ist. Beschäftigt man sich mit Hundertwasser und seinem Werk, sieht man auch, wie visionär und nach wie vor aktuell seine Ansätze im Bereich der Ökologie waren. Sein Engagement beginnt in den 1950er-Jahren und wird in den 1960er- und 1970er-Jahren zunehmend politischer, bis hin zur Besetzung der Hainburger Au und dem Beginn der grünen Bewegung. In dieser Hinsicht war er sehr prägend für die Stadt und auch für Österreich. Im Sinne der Avantgarde durchdrang Kunst und Leben – mit dem Fokus auf Ökologie und Nachhaltigkeit – sein gesamtes Werk. In diesem ökologischen Ansatz sehe ich auch das große Potenzial des Museums, mit seinem Gründer Hundertwasser in die Zukunft zu gehen und sich in der Stadt neu zu positionieren. Mit dem KUNST HAUS WIEN, das von Beginn an zwei Stockwerke für wechselnde Ausstellungen vorsah, etablierte Hundertwasser bereits Anfang der 1990er-Jahre einen der ersten institutionellen Orte für Gegenwartskunst, noch vor der Kunsthalle und dem MuseumsQuartier. Heute ist die Museumslandschaft für Gegenwartskunst wesentlich breiter und vielfältiger und daher gilt es innerhalb des zeitgenössischen Kunstdiskurses die Frage nach der Positionierung erneut zu stellen.
P: Diese Positionierung wurde mit der von dir konzipierten Neuausrichtung des Programms bereits deutlich formuliert.
BL: Der Blick auf das Werk Hundertwassers ist ein historischer Blick auf den Künstler – und zeigt auch noch die von Hundertwasser damals konzipierte Hängung. In den Sonderausstellungen geht es mir ganz klar darum, im Dialog mit Hundertwasser jene zeitgenössischen Künstler zu zeigen, die sich mit Themen wie Ökologie, Klimawandel und Erderwärmung beschäftigen – Themen, die uns allen bewusst sind. Künstler finden dafür jedoch oft eine divergierende Sprache und einen neuen Blickwinkel, der anders ist als der wissenschaftliche Zugang. So auch der kanadische Fotograf Edward Burtynsky, den wir 2017 in einer Ausstellung zeigen werden. Er wurde mit großformatigen Fotografien von Industrielandschaften sowie mit eindrucksvollen Bildern zum Thema Öl und Wasser bekannt. Die Ausstellung verbindet somit auch beide Themen des Hauses: Fotografie und den ökologischen Fokus.
P: Das Haus hat eine einprägsame Architektur und entspricht nicht dem White Cube der zeitgenössischen Kunst, der ohnedies zunehmend durch andere alternative Räume, die oft von Künstlern bespielt werden, abgelöst wird.
BL: Das KUNST HAUS WIEN ist ein klassischer Jahrhundertwendebau und wurde ursprünglich als Fabriksgebäude für die Firma Thonet gebaut. Die Referenzen zur ehemaligen Nutzung sind immer noch sichtbar, etwa in den schönen alten Holzfußböden. Es ist kein cleaner White Cube – aber das ist auch das Potenzial des Hauses und macht die Ausstellungen im Dialog mit dem Raum singulär. Man weiß, man ist im KUNST HAUS WIEN – es ist unverwechselbar. Natürlich haben wir nach 25 Jahren Museumsbetrieb Adaptionen vorgenommen, etwa in den Bereichen Licht, Leitsystem und Ausstellungsarchitektur, um auch den modernen Standards zu entsprechen, die Museen heute leisten müssen. Ebenso wurden mit der Garage, der Galerie und dem Innenhof neue Ausstellungsflächen erschlossen, wo künstlerische Interventionen und Installationen stattfinden können und wir auch die Möglichkeit haben, kurzfristiger als im Ausstellungsprogramm auf brisante Themen zu reagieren.
P: Im November eröffnet die erste Retrospektive des 2013 verstorbenen Fotografen Peter Dressler, dessen Nachlass der Fotohof Salzburg verwaltet. Dressler hatte eine besondere Verbindung zu Hundertwasser.
BL: Die Ausstellung setzt in gewisser Weise auch unsere Aktivitäten zu 25 Jahre KUNST HAUS WIEN fort. Peter Dressler, Fotograf, Filmemacher und Professor an der Wiener Akademie, hat die österreichische Fotografie seit den 1970er-Jahren mit beeinflusst. In seinem Werk nimmt die Stadt Wien eine zentrale Position ein. Darüber hinaus hat Dressler viele Jahre mit Hundertwasser, dessen Assistent er zunächst an der Akademie war, gearbeitet. Er fotografierte fast alle Ansichten des KUNST HAUSES WIEN und auch die Postkarten. Ein Teil dieser historischen Aufnahmen wird auch in der Ausstellung zu sehen sein. Sein Medium ist die serielle, fast filmähnliche Fotografie, die er einmal als „Findungsfotografie“, dann als „empfindende Fotografie“ beschrieb. Sein Nachlass wird vom Fotohof in Salzburg bearbeitet und ich freue mich sehr über diese Kooperation.
Mehr zu Hundertwasser können Sie in unserer aktuellen Ausgabe 01/2020 lesen