Fondation Linda et Guy Pieters, Saint-Tropez, Frankreich

Julian Schnabel in Saint-Tropez

Zwischen Touristenshops und High-End-Boutiquen herrscht in Saint-Tropez auch an Kunst kein Mangel. Mag auch vieles eher der Dekoration von Villen und Luxusyachten dienen, so gibt es doch auch einige Adressen, die verlässlich Spitzenqualität präsentieren. Eine davon liegt ganz zentral, wenn auch hinter einem eher unscheinbaren Entrée, an der berühmten Place des Lices: die Fondation Linda et Guy Pieters.


Das belgische Sammler- und Kunsthändlerpaar hat diesen Sommer – nach Christo, Yves Klein, Niki de Saint-Phalle, Jan Fabre, Ben Vautier und vielen anderen – Julian Schnabel, den Superstar des US-amerikanischen New Image Painting (Neoexpressionismus) in das gediegen als Galerie adaptierte Stadtpalais eingeladen.

Painting is like breathing to me. It’s what I do all the time. Every day I make art, whether it is painting, writing or making a movie.

Julian Schnabel

„What Are We Paintig After All?”, bringt der Künstler den Ausstellungstitel auf den Punkt: „Was will ich malen: Ist es ein Blumenbild, oder ist es einfach ein Gemälde? Ich meine, ein Bild ist nicht die Repräsentation von etwas, sondern es repräsentiert etwas Eigenes.“ Schnabels Malerei lässt durchaus gegenständliche Motive erkennen: Ein Porträt, eine Landschaft, das Gras und die Blumen. Dennoch geht es ihm immer nur um Malerei. Und nicht nur ihm: „Frank Stella sagt, es gibt für einen Maler nur zwei Fragen: Was male ich, und wie male ich es“, zitiert er den berühmten Kollegen.

Ausstellungsansicht, Julian Schnabel, Fondation Linda et Guy Pieters, Foto: PARNASS

Julian Schnabel ist aber nicht ausschließlich Maler, sondern auch Bildhauer, Autor, Filmemacher und Fotograf. 2018 präsentierte er in der Wiener Galerie Ostlicht Polaroids, und mit Filmen wie einer Dokumentation über Jean Michel Basquiat, den Spielfilmen Before Night Falls oder Schmetterling und Taucherglocke ist er regelmäßig zu Gast auf internationalen Filmfestivals. Gibt es ein System hinter der Auswahl seiner unterschiedlichen Medien, Techniken und Ausdrucksweisen? „Nein“, sagt der umgängliche Künstler im PARNASS-Interview, „was immer ich tun muss, tue ich. Welche Technik ich gerade brauche, um mich auszudrücken, setze ich ein. Manchmal muss es ein Film sein, dann eine Skulptur - es kommt eben darauf an, welches Werkzeug man gerade benötigt, um eine Idee zu verwirklichen. Das entscheidet sich aus der Situation heraus.“

In Saint-Tropez ist nun eine Auswahl von Plate Paintings zu sehen: großformatige, objekthafte Bilder, deren Oberfläche aus zerbrochenem Geschirr einen dreidimensionalen Malgrund darstellt. Die Formen der Teller und Scherben bilden Strukturen, die von der Ölfarbe aufgenommen und weitergeführt werden, erzeugen aber durch die facettierte, je nach Blickwinkel wechselnde Lichtbrechung flirrende Lebendigkeit. Die Werke sind zwischen 2012 und 2023 entstanden. „Ich habe nie Bilder speziell für eine Ausstellung gemalt“, erklärt Julian Schnabel, „ich male ein Bild und entscheide später, was ich damit mache. Guy Pieters sammelt diese Plate Paintings seit 2012. Einige habe ich erst kürzlich gemalt. Die Li Galli Serie ist 2015 entstanden, es ist der Blick von Giovanni Russos Insel vor der Küste von Positano hinaus auf die Felsen. Was bei dieser Ausstellung interessant ist, dass dieselbe Technik zu sehr unterschiedlichen Bildern führten kann.“ Ebenso interessant ist allerdings, dass sehr ähnliche Bilder völlig unterschiedliche Titel tragen können – etwa jene aus den Serien Victory (2020), Judith And Holofernes (2023) sowie Splendor In The Grass (2023). Aber ein Bild ist eben nicht die Repräsentation von etwas, sondern repräsentiert ausschließlich sich selbst!

Julian Schnabel und Maria Rennhofer, Fondation Linda et Guy Pieters, Foto: PARNASS

Julian Schnabel: What Are We Painting After All.

Fondation Linda et Guy Pieters, Saint-Tropez, Frankreich

bis 2. September 2023

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